Arnsberg . Viele Schulabsolventen kennen die vielfältigen Ausbildungs- und Karrieremöglichkeiten nicht, die Arnsberg und die Region bieten.

Bereits im Bildungsbericht 2015/16 der Stadt Arnsberg zeichnete sich ein deutlicher Trend ab: Junge Erwachsene im Alter von 18 bis 24 Jahren verlassen zunehmend die Region. Im Sauerland ist es jeder dritte. Das ist nicht gut für die Entwicklung vor Ort.

Ein Grund: Durch die steigende Zahl der Schulabgänger mit Hochschulreife komme es zur sogenannten Bildungsflucht: Oft fänden junge Menschen in ihrer Region nicht die Möglichkeiten, ihre angestrebte Wunschkarriere zu verfolgen.

Initiativen wollen junge Leute für die Region begeistern

Dabei sei gerade das Sauerland eine der starken Industrieregionen Deutschlands. Zahlreiche Initiativen setzen sich aber inzwischen vor Ort ein, junge Leute für die Chancen der Region zu begeistern.

So macht sich zum Beispiel das Projekt „Heimvorteil“ dafür stark, sogenannten „Exilsauerländern“, also Menschen, die die Region bereits verlassen haben, den Weg zurück zu erleichtern. Auch zu den jetzigen Abiturienten baut die Initiative Kontakt auf - als künftige „Exilsauerländer“.

Die Möglichkeiten müssen besser kommuniziert werden

Vielen sei zwar die Attraktivität des Sauerlandes in Hinsicht auf die Lebensqualität bekannt, vor allem, wenn es um die eigene Familienplanung gehe. Doch beim Thema Karriere sei das Wissen um das enorme wirtschaftliche Potenzial bei vielen jungen Menschen nicht vorhanden.

„Es gilt, die Möglichkeiten besser zu kommunizieren und die persönlichen Kontakte auf Ausbildungsmessen zu intensivieren.“ fordert Andreas Jansen (HomebaseSauerland).

Das Sauerland ist Heimat vieler „Hidden Champions“

Zumal das Sauerland die drittgrößte Industrieregion in Deutschland und die Heimat vieler „Hidden Champions“ sei. „Zwischen Wiesen und Wäldern liegen die Weltmarktführer,“ weiß Sandra Schmitt. An Chancen mangele es also nicht.

Doch dass junge Leute permanent an ihre Heimat gefesselt werden, sei nicht notwendig: „Wir wollen niemanden zurückhalten. Wer das Gefühl hat, er muss raus, sollte das auch tun. Viele merken aber erst, wenn sie nicht mehr zuhause sind, dass es dort doch ganz schön ist.“

„Das ist dann für alle Seiten ein echter Gewinn“

Auch die duale Ausbildung bietet viele Karrierewege

1 Bietet ihrer Meinung nach ein Studium tatsächlich mehr Aussichten auf beruflichen Erfolg?

Viele junge Menschen glauben, dass nur ein Studium beruflichen Erfolg und Karrierechancen eröffnet. Tatsächlich bietet auch eine duale Ausbildung viele Karrierewege, auch weil es danach Möglichkeiten gibt, weitere Qualifikationen zu erwerben. Unternehmen schätzen jungen Nachwuchs sehr.

2 Gibt es schon Erfolge, die öffentliche Wahrnehmung zum Thema Ausbildung zu ändern?

Inzwischen gibt es viele Veranstaltungen und Projekte, die den Fokus auf die duale Berufsausbildung und deren Potenzial legen. Wir als Azubi-Finder der IHK Arnsberg sind zum Beispiel regelmäßig in Schulen und auf Ausbildungsmessen zu Gast. Wir sprechen aber auch gezielt die Eltern an. Auch Studienabbrecher finden natürlich bei uns Unterstützung.

3 Warum finden Bewerber oft keinen Ausbildungsplatz obwohl Stellen freibleiben?

Manche Stellenausschreibungen erreichen heute einfach nicht mehr die Zielgruppe. Oft fehlt den Schulabsolventen auch die nötige Information über die Ausbildungsberufe. Manchmal stimmen Anforderungen und Qualifikationen schlicht nicht überein. Wir unterstützen als „Azubi-Finder“ Unternehmen bei einer passgenauen Besetzung der Ausbildungsplätze.

Nils Krampe ist Azubi-Finder der IHK.

Das sieht auch Andreas Jansen so:

„Die meisten Studien- oder Joboptionen befinden sich nun mal außerhalb des Sauerlandes. Warum sollte man jungen Menschen diese Optionen ausreden?

Es ist immer besser, den eigenen Horizont zu erweitern und den Blick über den Tellerrand zu wagen. Gesammeltes Wissen und besonders Erfahrungen später wieder zurück ins Sauerland zu tragen, ist dann für alle Seiten ein echter Gewinn.“

Falsches Vorurteil

Das eigentliche Problem liege darin, dass die meisten in einem Studium mehr Chancen sehen würden als in einer „gewöhnlichen“ Ausbildung. Andreas Jansen sieht das allerdings als falsches Vorurteil: „Oft gibt und lehrt eine bodenständige Ausbildung bei einem Mittelständler im Sauerland mehr als ein hochtrabendes Hochschulstudium.“

Der Auslöser für dieses Problem sei die steigende Zahl der Abiturienten. Somit gebe es weniger „traditionelle“ Bewerber von den Real- oder Hauptschulen für die Ausbildungsstellen.

Respekt gegenüber potenziellen Mitarbeitern

Um junge Menschen dennoch zu motivieren, arbeitet „HomebaseSauerland“ mit großen Firmen wie zum Beispiel BJB, Warsteiner und SKS zusammen. Jansen sieht vor allem deren engen Kontakt zu den Schulabsolventen und den Strategien beim Anwerben als gut und wichtig an.

„Sie offerieren niedrige Hemmschwellen im direkten Kontakt und treten potenziellen Mitarbeitern mit Respekt auf Augenhöhe entgegen. Dies ist längst nicht selbstverständlich.“

Schüler sehen wenig Perspektiven vor Ort

Wie angebracht ein Wandel tatsächlich wäre, zeige eine Umfrage aus 2013 unter Schülerinnen und Schülern im Stadtgebiet Arnsberg. Daraus gehe hervor, dass 50 Prozent der Befragten die beruflichen Perspektiven in Arnsberg als negativ empfinden würden.

Zwar schneide die Stadt in anderen Bereichen wie den Ausbildungsmöglichkeiten (41 % sehen diese positiv) oder Weiterbildungschancen ( 49 % positiv) besser ab, dafür falle auf, wie uninformiert die Schüler seien:

Stadt Arnsberg legt Projekt „Generation Zukunft“ auf

HomebaseSauerland ist ehrenamtliche Initiative

Die HomebaseSauerland e.V. ist eine ehrenamtliche Initiative junger Sauerländer für die Zukunft der Region.

Im Zeitalter digitaler Kommunikation setzt die Initiative auf die Vorteile des kommunikativen Wandels, um einem breiten Publikum einen besonderen Blickwinkel auf Region deren Potenzialen zu offerieren.

Dabei sollen Impulse für verschiedene, miteinander verbundene Themenfelder erarbeitet werden. Projekte in den Bereichen „Beruf und Karriere“, „Kultur“ und „Infrastruktur“ werden zumeist begleitend mit unterschiedlichen Projektpartnern durchgeführt.

Der Vorstand: Andreas Jansen, andreas.jansen@homebase-sauerland.de und Daniel Streit, daniel.streit@homebase-sauerland.de

Sowohl bei der Nachfrage über ihre Wahrnehmung der Ausbildungsangebote sowie den Weiterbildungsmöglichkeiten gaben 21 bzw. 22 Prozent an, nicht über die Möglichkeiten vor Ort Bescheid zu wissen.

Die Stadt initiierte darauf hin das Projekt „Generation Zukunft Arnsberg“ und plante im Bildungsbericht 2015/16 weitere Projekte, um der Abwanderung entgegen zu wirken.

Heimat muss in die Köpfe

Das Fazit aller Beteiligten: Die Heimat muss in die Köpfe. Denn wenn junge Menschen keine Bindung zur Heimat haben, dann sei dies nicht nur aus beruflicher Perspektive problematisch. Ohne Nachfolger im Sauerland gehe schließlich auch ein Stück weit die Autonomie verloren. Auch die Individualität sei gefährdet.

Doch durch lokales Engagement könne viel erreicht werden. Andreas Jansen drückt es so aus: „Die Lage ist zwar ernst, aber nicht hoffnungslos.“