Arnsberg. Wo im Landgericht Arnsberg sonst Mord und Totschlag verhandelt werden, drehte sich alles um die für den Menschen wichtige Honigbiene.
Der Richtertisch des großen Schwurgerichtssaals im Arnsberger Landgericht war verwaist, Präsident Peter Clemen und die beiden Pressesprecher, Richter Dr. Johannes Kamp und Daniel Langesberg, saßen auf dem Platz des Staatsanwaltes.
Mitten im Saal Hobby-Imker Klaus Lindner und Rechtsanwältin Mélanie Scheuermann vor einem Rednerpult. Und im Zuhörerraum keine Prozessbeobachter, sondern Bienenfreunde und Honigliebhaber.
Faszination und Bedeutung der Honigbiene
Da, wo sonst Mord und Totschlag verhandelt werden, gab es jetzt einen hochinteressanten Vortrag rund um Waben, Wachs und Bestäubung. Das Thema: „More than Honey – die Honigbiene, ihre Faszination und Bedeutung für die Ökologie“.
Vortragsidee stößt im Landgericht auf offene Türen
Landgerichtspräsident Peter Clemen begrüßte die zahlreichen Zuhörer. Mit der Idee, einen Gerichtssaal für einen solchen Abend zu nutzen, seien die beiden Dozenten bei ihm offene Türen eingerannt.
Imker Klaus Lindner begann seinen Vortrag mit einem kurzen Abriss in die Geschichte der Bienenhaltung. So sei Honig schon in der Zeit des Pyramidenbaus in Ägypten „mit Gold aufgewogen“ worden.
„Die Biene lebte lange vergessen im Untergrund“
In Gräbern von Pharaonen habe man Honig zusammen mit den üblichen Goldbeigaben gefunden, der Honig sei selbst nach 3000 Jahren noch genießbar gewesen.
Zurück zur Gegenwart: „Seit einigen Jahren ist das Thema Bienen wieder in der Bevölkerung aktuell, die Biene lebte lange vergessen im Untergrund“, freut sich Lindner über das zunehmende Interesse an dieser wichtigen Insektenart.
In einer Beute leben bis zu 60 000 Bienen
Bienen seien Völker, die nur im Verbund, das heißt in einem Staat mit einer Königin, deren Hofstaat und Drohnen,leben könnten. Bienen gäbe es auf unserer Welt, so der Arnsberger Imker weiter, weil sie die Kultur- und Wildpflanzen bestäuben, ohne die die Ernährung der Bevölkerung gefährdet sei. In einer so genannten Beute, also der Behausung mit Waben und Flugloch, leben etwa 50 000 bis 60 000 Bienen.
Die Biene hat es sogar ins BGB geschafft
Was aber ist, wenn ein Schwarm ausbricht und sich auf ein Nachbargrundstück verirrt?
Hier kam Mélanie Scheuermann ins Spiel. „Die Biene hat es sogar geschafft, sich mit eigenen Paragraphen im Bürgerlichen Gesetzbuch zu positionieren“, so die Rechtsanwältin aus Meschede.
Imker darf zum Einfangen fremdes Grundstück betreten
Das sähe bei Vierbeiner „Fiffi“ schon anders aus, da Hunde rechtlich als sachenähnlich gelten würden. Bei den ausgebüxten Bienen darf der Imker nach § 962 BGB ein fremdes Grundstück betreten, um seinen Schwarm einzufangen, er hat allerdings dabei entstandenen Schaden zu ersetzen. Gerichte würden oft in Bienenfragen bemüht.
So musste die Mieterin einer Wohnung in Hamburg ein Bienenvolk von ihrem Balkon entfernen, weil der Nachbar Angst vor Stichen hatte. Apropos Stiche. Hier kommt das Haftungsrecht zum Zuge. „Wenn eine Biene sticht, ist der Halter dafür verantwortlich“.
Gerichte zeigen sich recht „bienenfreundlich“
Lachen im Saal! Denn Bienen sind nicht wie Tauben beringt, somit gestaltet sich die Beweisführung wohl eher schwierig. Die Gerichte würden in den letzten Jahren recht „bienenfreundlich“ urteilen, eben weil Bienen mehr Wertschätzung erfahren hätten.
Gartenbesitzer können zum Erhalt der Bienen beitragen
Für nur einen Kilo Honig dreimal um die Welt
In Deutschland gibt es rund 100 000 angemeldete Imker mit fast 1 Millionen Bienenstöcken.
Produziert werden 25 000 Tonnen Honig pro Jahr, das sind nur 20 Prozent des Gesamtverbrauchs, der große Rest wird eingeführt.
Eine Bienenbeute besteht aus 50 000 bis 60 000 Bienen, 500 bis 600 Drohnen (männliche Bienen) und einer Königin.
Für 1 Kilo Honig fliegt eine Biene die Strecke von 120 000 Kilometern, also dreimal um die Welt.
Wie sieht die Zukunft aus und was kann man für den Erhalt der Bienenvölker tun?
Jeder Gartenbesitzer könne seinen Beitrag hierzu leisten, indem er Wildkräuter wie Katzenminze, Löwenzahn oder Disteln nicht sofort entferne und eine kleine Ecke mit Wildblumen säe, appellierte Klaus Lindner an die Zuhörer.
„Drüsiges Springkraut, Faulbaum, Wasserdost und alle blühenden Küchenkräuter sind ein Paradies für unsere Bienen, Wildbienen, Hummeln und viele andere Insekten“.
Zum Schluss Bienenstich und Honigschnittchen
Am Ende des eineinhalbstündigen Vortrags gab es für jeden Besucher ein Stück leckeren Bienenstich und Weißbrotschnittchen, selbstverständlich mit echtem Deutschen Bienenhonig aus dem Arnsberger Eichholz – von diesem Angebot wurde reichlich Gebrauch gemacht.
Das Landgericht sorgte für Erfrischung mit Trauben-, Apfel- und Orangensaft. Tags darauf war die Ordnung im Gerichtssaal wiederhergestellt. Jetzt geht es hier wieder vorrangig um Diebstahl, Mord und Totschlag.