Arnsberg. . Die für Bürgermeister Vogel erfolgreich verlaufende Renaturierung macht es möglich: Die Ruhr wird zu einer spannenden innerstädtischen Attraktion.

  • Größtes ökologisches Projekt der Stadtgeschichte
  • Flusszugänge sollen Akzeptanz und Erlebniswert deutlich erhöhen
  • Städtischer Kostenanteil ist minimal

Attraktiv, effektiv und viele positive Begleiterscheinungen - die Ruhrrenaturierung. Und in gut zwei Wochen wird das nächste Puzzle-„Stückchen“ vollendet sein: der Abschnitt im Industriegebiet Hammerweide. Dort wird eine völlig neue Flusslandschaft modelliert. Für Bürgermeister Hans-Josef Vogel ist die Gesamtrenaturierung ein sehr wichtiges und zugleich auch „das größte ökologische Projekt in der Geschichte der Stadt Arnsberg, das an der Ruhr eine ganze andere Welt entstehen lässt“.

Primäres Ziel der Renaturierung ist der Hochwasserschutz, wird doch durch das aufgeweitete, mit Inseln versehene Flussbett unter anderem die Strömungsgeschwindigkeit deutlich reduziert und die Wasseraufnahme-Kapazität der Ruhr erhöht. Zugleich aber, unterstrich Vogel am Donnerstag vor Ort im Arbeitsabschnitt Hammerweide, werde die Flusslandschaft - gerade im innerstädtischen Bereich - lebendiger und deutlich attraktiver. Und das erhöhe die Erlebnis- und Aufenthaltsqualität ungemein. „Man muss sagen, dass bei diesem erfolgreichen gesamtstädtischen Projekt im Kern ein Fluss-Naturpark entsteht, den die Menschen genießen können.“ Was bei der Vermarktung der Stadt Arnsberg durchaus eine gewichtige Rolle spielen könne.

Flusszugänge schaffen

Bürgermeister Hans-Josef Vogel lässt sich von Planer Wolfgang Klein, Bauleiter Joachim Pütter (Stadt) und Projektleiter Dieter Hammerschmied (Stadt, von links) den Stand der Arbeiten erläutern.
Bürgermeister Hans-Josef Vogel lässt sich von Planer Wolfgang Klein, Bauleiter Joachim Pütter (Stadt) und Projektleiter Dieter Hammerschmied (Stadt, von links) den Stand der Arbeiten erläutern. © Ted Jones/WP

Daher komme auch der Zugänglichkeit der Ruhr ein enorme Bedeutung zu, die weitere Akzeptanz für die Renaturierung schaffe. So soll, sagte Dieter Hammerschmidt, der die Projektleitung von dem nun im Ruhestand befindlichen Dr. Gotthard Scheja übernommen hat, 2017 an der Dinscheder Brücke in Oeventrop ein Zugang als außerschulischer Lernort entstehen. Zugänge seien zudem an anderen Stellen wie in Bruchhausen oder Neheim vorgesehen.

Selbst der geplante Campus im Bereich der Arnsberger Sekundarschule soll einen solchen Zugang erhalten. „Das ist jedenfalls unser Ziel. Auch vor dem Hintergrund, die Schulhöfe für alle Menschen erlebbar zu machen,“ so Vogel. Letztlich sei dafür aber eine politische Entscheidung Voraussetzung. Alle Zugänge, erläuterte Hammerschmidt, sollen im Einklang mit den zuständigen Naturschutzbehörden offiziell in den Landschaftsplan aufgenommen werden.

Zurück zur Hammerweide: Dort haben die Mitarbeiter des von Beginn an in die Renaturierung eingebundenen Arnsberger Unternehmens „TW Erdbau - Wiesehöfer“ nach den Plänen des Ingenieurbüros Wolfgang Klein (Allagen) eine spannende Flusslandschaft gestaltet. „Durch die neuen Flussinseln in der jetzt breiteren Ruhr entstehen unterschiedliche Fließgeschwindigkeiten, die neue Lebensräume und damit Vielfältigkeiten schaffen,“ so Planer Wolfgang Klein. Für Fische, Vögel und Pflanzen.

Radweg wird an Ufer verlegt

Ein weiterer positiver Nebeneffekt in diesem Renaturierungsabschnitt: Weil es sich um eine ökologische Ausgleichsmaßnahme handelt, kann der Ruhrtalradweg zwischen der Brücke an der Schefferei bis Abzweig Haus Bienstein in Niedereimer künftig direkt am östlichen Ruhrufer entlang geführt werden, obwohl dieser Bereich Überschwemmungsgebiet ist.. „Damit entfallen zwei teils unangenehme Querungen der B 7,“ sagte Hans-Josef Vogel. Was den beliebten Radweg nochmals aufwerte. „Durch schöne Sicht auf die neue und wilde Flusslandschaft.“

Die strategischen Köpfe hinter der Ruhrrenaturierung (von links): Sascha Wiesehöfer (TW Erdbau Arnsberg), Wolfgang Klein (Ingenieurbüro Klein, Allagen), Projektleiter Dieter Hammerschmidt und Bauleiter Joachim Pütter (beide Stadt Arnsberg).
Die strategischen Köpfe hinter der Ruhrrenaturierung (von links): Sascha Wiesehöfer (TW Erdbau Arnsberg), Wolfgang Klein (Ingenieurbüro Klein, Allagen), Projektleiter Dieter Hammerschmidt und Bauleiter Joachim Pütter (beide Stadt Arnsberg). © Ted Jones/WP

Der bislang nicht so optimale Hochwasserschutz im Industriegebiet Hammerweide wird übrigens gleich dreifach optimiert: durch die Renaturierung und Aufweitung des Flusslaufs, durch eine „Verwallung“ und eine Hochflutrinne, die das Perstorp-Wehr umgeht und so dem Werk auch in Hochwasser-Zeiten eine geordnete Wasserversorgung ermöglichen soll.

Land schließt mit eigenem Projekt an

Die Kosten für die Renaturierung im Bereich Hammerweide belaufen sich auf knapp 300.000 Euro. 90 Prozent sind durch Fördergelder gedeckt. Und weil dieses Projekt als ökologische Ausgleichsmaßnahme klassifiziert ist, kann die Stadt bei Bedarf zum Beispiel neue Baugebiete erschließen und so die städtischen Kosten wieder refinanzieren. Bürgermeister Vogel: „Wir liefern praktisch nur Kreativität und Arbeitsleistung.“

Wenn die von der Stadt projektierte Renaturierung in 2018 abgeschlossen ist (siehe Info-Kasten), sind innerstädtisch von 30 Kilometern Flusslauf 20 neu gestaltet. „Wer hätte sich das jemals bei Beginn erträumt,“ freute sich Dieter Hammerschmidt. Aber es folgt noch „eine ganz besondere Sache“, so der Projektleiter: Das Land NRW wird die Ruhr von Möhnemündung bis Haus Füchten renaturieren. Die erforderlichen Grundstücke habe das Land bereits erworben, die Planungsphase laufe. Diese Arbeiten sollen von 2018 bis 2020 erfolgen.

Eigendynamische Entwicklung

Der Renaturierungsabschnitt Hammerweide ist 1 300 Meter lang: 800 Meter oberhalb des Perstorp-Wehrs und 500 Meter unterhalb als Kieseinbaustrecke.

Unterhalb des Wehres werden sogenannte „Kies-Depots“ angelegt, an denen sich die Ruhr bei Hochwasser bedienen kann.

Damit entsteht eine spannende eigendynamische Entwicklung - der Fluss modelliert sich selbst und erhält so ein immer wieder neues Gesicht.

Involviert in die Arbeiten war auch der Kampfmittelräumdienst, der einige „Probleme“ bereinigen musste.

In 2017 steht dann noch ein großes Renaturierungsprojekt in Dinschede (ein Kilometer) sowie einige kleinere der Neuen Arbeit in Bruchhausen an.