Arnsberg/Hagen/Schwelm.. Illegale Händler verschachern Elektromüll im großen Stil nach Ghana. Mehr Lkw-Kontrollen der Bezirksregierung Arnsberg. 20 Prozent der Papiere falsch.

Vergiftet, verseucht, am Ende verscharrt. Die Bilder der Jugendlichen von Agbogbloshie verstören. Sie kämpfen auf der größten Elektroschrottdeponie der Welt in Ghanas Hauptstadt Accra ums Überleben. Sie schlachten Fernseher, Computer, Kühlschränke nach verwertbaren Rohstoffen aus. Kupfer, Aluminium, Gold, Zinn, Blei und seltene Erden.

Der illegale Handel mit Elektromüll auf Kosten der Ärmsten der Armen floriert. Er fängt vor der Haustür an. Müll, mit falschen oder unvollständigen Papieren deklariert, rollt tonnenweise in Containern auf Lastwagen durchs Land. Das Problem ist erkannt. „Wir haben den Kontrolldruck erhöht“, sagt Eberhard Schulte.

Der Diplom-Bauingenieur gehört zum Abfallüberwachungsteam der Bezirksregierung Arnsberg. Die Kontrolle am vergangenen Donnerstag an der A 45 in Dortmund an den Parkplätzen Westerfilde und Kirchlinde bei Dortmund mit Polizei, Bundesamt für Güterverkehr und der niederländischen Inspectie Leefomgeving en Transport hat einmal mehr gezeigt, wie notwendig dies ist. Ein Fünftel der Fahrer war mit fehlenden Genehmigungen und ungültigen Belegen unterwegs. Schulte: „Die Kontrollen sind ein Baustein, um den Strom des Mülls stärker zu kontrollieren.“ Der 53-Jährige weiß, wo die Ware ohne Einschreiten der Behörde in der Regel landen würde: „Erst geht es zur Verladung zum Hafen in Antwerpen und dann weiter zu Verwertung nach Ghana.“

Dubiose Schrotthändler

Dass zertifizierte Recycling-Betriebe verbotene Geschäfte im großen Stil beim Verschiffen des Elektromülls machen, dafür hat er keine Beweise. Bekannt ist: Illegale Händler greifen die giftige Fracht abseits der Wertstoffhöfe ab oder tauchen bei Sammlungen von Großgeräten vor dem Entsorger auf. Karina Birka von der Abfallentsorgung im Ennepe-Ruhr-Kreis erinnert sich an einen Vorfall in Breckerfeld. „Mindestens 40 Geräte waren, nachdem die Anwohner sie an den Straßenrand gestellt hatten, verschwunden.“

Erst jüngst hat die Kreisverwaltung vor dubiosen Schrotthändlern gewarnt. Weiße Kleintransporter, häufig mit auswärtigen oder ausländischen Kennzeichen, rollten langsam durch Nebenstraßen. Die Insassen der Fahrzeuge hielten Ausschau nach mehr oder weniger wertvollem Abfall. Karina Birka: „Die Sammler sind ausnahmslos illegal unterwegs.“ Das Gewerbe sei nicht angemeldet, auch würden abfallrechtliche Vorschriften missachtet. Der Gesetzgeber verbiete privaten und gewerblichen Sammlern gebrauchte Elektro- und Elektronikgeräte einzusammeln und zu verkaufen.

Parallelstrukturen bei Entsorgung

„Aus meiner Sicht haben sich bei uns im Land regelrechte Parallelstrukturen entwickelt“, sagt die 55-Jährige, „die Wege des Elektromülls nach Afrika sind offenbar vielfältig.“ Wer ausgemusterte Geräte an zweifelfhafte Sammler abgebe, der lege den Grundstein für ein weit verzweigtes Netz aus Mittelsmännern. Sie ist sich sicher: „Für alles ist ein Markt da.“ Der Ennepe-Ruhr-Kreis steuert dagegen, macht in einem Flyer auf die Folgen in Ghana aufmerksam. „Machen Sie mit, dass solche Bilder bald der Vergangenheit angehören“, heißt es.

Wer weiß, dass von den 21,7 Kilogramm Elektroschrott, die jeder Bundesbürger pro Jahr produziert, weniger als die Hälfte legal wiederverwertet wird, bekommt eine Ahnung davon, wie prächtig der verbotene Handel mit Elektromüll floriert. „Hochgerechnet landen von jedem Einwohner aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis 2,5 Kilogramm Elektromüll in Ghana.“