Arnsberg. . Drei Räume widmet die neue Dauerausstellung des Sauerland-Museums dem Themen-Komplex Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg.
Es ist nicht einfach für die Nationalsozialisten, im katholischen Sauerland Fuß zu fassen. Doch mit Erlass des Ermächtigungsgesetzes am 24. März 1933 hält auch in der Region die braune Finsternis endgültig Einzug. Mit Terror von unten und Gewalt von oben. Am Ende steht der Zweite Weltkrieg. Diesem Geschehen in der heimischen Region widmet die neue Dauerausstellung des Sauerland-Museums gleich drei Räume.
Der Nationalsozialismus: „...Das Sauerland war ein steiniger Boden für den Aufstieg der Nationalsozialisten, weil das Zentrum hier so stark verwurzelt ist....“ So urteilen die Nazis selbst über den Weg zur Macht in der Region. Einer, der diesen Weg in vorderster Linie beschreitet und seither im Sauerland als die hässliche Fratze der NS-Zeit gilt, ist Heinrich Teipel. Der Arnsberger Schlachthof-Direktor gründet schon 1924 die NSDAP-Ortsgruppe Arnsberg, später die Ortsgruppen in Brilon und Meschede.
Gewalt von oben, Terror von unten
Bei der Kreistagswahl im Kreis Arnsberg 1933 erhält Teipels NSDAP schlappe 20,9 Prozent, dennoch wird er per Erlass von Hermann Göring zum neuen Landrat und damit zum Nachfolger des beliebten Dr. Heinrich Haslinde bestimmt. Nun kann der Nazi der ersten Stunde so richtig mit seiner „Arbeit“ beginnen. „Teipel,“ so Museumsleiter Dr. Jürgen Schulte-Hobein, „ist ohne Zweifel die Schlüsselfigur für das Fußfassen der NSDAP im gesamten Sauerland.“
Die zentrale Frage lautet heute: Wie konnte dies angesichts der stabilen Strukturen vor Ort überhaupt geschehen? Eine Frage, die im ersten Raum beantwortet wird - nämlich durch Gewalt von oben und Terror von unten. Denn die neuen Machthaber reagieren schnell: Nur 14 Tage nach Regierungsübernahme wird Arnsbergs Regierungspräsident Max König (SPD) per Telegramm von Göring und Vizekanzler Franz von Papen in die Wüste geschickt und - zunächst - durch den willfährigen Papen-Schwiegersohn von Stockhausen ersetzt.
Besonders dreist gehen die Nazis in den heimischen Kreistagen und in Stadtverordnetenversammlungen vor, in denen die Demokraten die Mehrheit besitzen. „Die Zahl der Abgeordneten wird sukzessive reduziert, bis nur noch Nazis in den Parlamenten sind,“ so Schulte-Hobein. Und mit dem Ende 1933 von der Reichsregierung erlassenen neuen Gemeindeverwaltungsgesetz wird dann das Führerprinzip eingeführt - bis hinunter in die Vereine. Die Machtübernahme ist komplett.
Die Opposition - zunächst die KPD, nach dem Ermächtigungsgesetz auch SPD und Zentrum - wird ausgeschaltet, deren Vertreter werden in „Schutzhaft“ überführt. Und auf der Straße agiert der Terror von unten - die Schläger-Horden der SA.
Raum 2 gibt den „Alltag im Nationalsozialismus“ wieder, „in dem sich die meisten wohl oder übel einrichten mussten, aber viele sogar der NSDAP beitraten“. An den Exponaten lassen sich Ideologie und perfide Politik der Nazis ablesen: Die vermeintlich „guten“ Taten wie Winterhilfswerk oder Kraft durch Freude dienen - wie die Hitlerjugend - allein der Überwachung und Kriegsfinanzierung. „Denn die vielen Sammlungen wie für das Winterhilfswerk entlasten den Reichshaushalt um Milliarden, die so für die Rüstung frei werden.“ Thematisiert wird auch die Erziehung.
Im dritten Raum kulminiert dann der NS-Wahn - im Zweiten Weltkrieg. Themen: Holocaust, Zwangsarbeit, Widerstand, Flucht und Vertreibung, Täter und Opfer. Auch hier wird Geschichte personalisiert und damit emotionalisiert. Durch zum Beispiel Hans Frankenthal aus Schmallenberg (Holocaust), Elfriede Hoberg aus Müschede (Flucht), oder Ferdinand Freiherr von Lüninck aus Ostwig. Der frühere Oberpräsident der Provinz Westfalen (1933 - 1938) wird am 13. November 1944 wegen seiner Verbindungen zum 20. Juli von Roland Freisler, Präsident des Volksgerichtshofes in Berlin, zum Tode verurteilt und in Plötzensee erhängt.
Aber auch Aufnahme und Integration der Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten finden Raum. Pro Woche kommen in jenen Jahren in den drei Kreisen jeweils rund 2000 entwurzelte Menschen an.