Arnsberg. . Klaus Kaiser macht sich nicht zum ersten Mal Gedanken über das Neheim-Hüstener Programm der CDU. Die Verfassung des historischen Papiers vor 70 Jahren wird am Dienstag ab 19 Uhr in der Hüstener Schützenhalle gefeiert.
Vor 30 Jahren hielt der jetzige Arnsberger Landtagsabgeordnete und CDU-Ratsfraktionsvorsitzende einen Vortrag zum „40-Jährigen“. Heute muss er feststellen, dass das Programm in einigen Punkten so aktuell ist wie eh und je.
„Das Programm hat uns zur Volkspartei gemacht“, sagt Kaiser. Und einen Leitfaden aufgestellt, wie Volkspartei auch heute erfolgreich sein kann. „Damals ist es gelungen, verschiedene Strömungen zusammenzubringen“, so der Arnsberger Politiker, „und genau das ist doch auch heute die Idee. Es geht um das Gemeinwohl und nicht um Partikularinteressen“.
Was hat die CDU damals gemacht? In Kürze zusammengefasst: Im Karolinen-Hospital tagte 1946 die „Zonen-CDU“ mit Delegierten der Landesverbände innerhalb der britisch besetzten Zone im Nachkriegsdeutschland. Vorsitzender war Konrad Adenauer, der ebenfalls nach Hüsten gekommen war. Hüsten war Tagungsort auf Vorschlag von CDU-Frau Christine Teusch geworden, die im Krieg als Mitglied der katholischen Widerstandsgruppe „Kölner Kreis“ von den Karolinen in Hüsten vor dem NS-Regime „versteckt“ worden war. Im Hospital war die Versorgung der Delegierten gewährleistet - das war nicht überall im zerstörten Deutschland möglich. Und dann galt es, Flügel zu einen, Positionen zu bündeln und Kontraste auszugleichen. Linke, Nationalkonservative, Katholiken und Protestanten. „Jeder kam mit seinem Parteiprogramm“, sagt Kaiser, „und doch gelang der CDU der Interessenausgleich in einer Partei!“. Das Neheim-Hüstener Programm wurde zum Wegbereiter des ein Jahr später verfassten Ahlener Programms, das die Geschichtsbücher meist als Grundlage der Parteientwicklung sehen.
Die Sprache im Programm ist dem Zeitkontext angepasst, nachdem „ein Schicksal ohne Beispiel über das deutsche Volk hereingebrochen“ war. Die CDU sah sich „vor einem Trümmerfeld von unabsehbaren Ausmaßen“. Es bedurfte einer „Union aller christlichen Demokraten“. Das C wurde zum politischen Programm: „Die christliche Weltauffassung allein gewährleistet Recht, Ordnung und Maß, Würde und Freiheit der Person und damit eine wahre und echte Demokratie“, heißt es im Vorwort zum Programm.
Noch zeitgemäß in Zeiten von nachlassender Religiösität der Menschen? „Auf jeden Fall!“, meint Klaus Kaiser. Es gehe ja nicht um den Kirchgang, sondern um christliche Werte. Und das sei jetzt hochaktuell gefragt. In der großen und auch der lokalen Politik. „Es kommt doch nicht von ungefähr, dass in der Flüchtlingshilfe in Arnsberg und Sundern die Kirchengemeinden eine wichtige Rolle spielen“, so Kaiser. Und christliche Werte wie Nächstenliebe, Toleranz und Barmherzigkeit und Vertrauen spiegelten sich auch in allen Helferkreisen wider - egal, ob christlich motiviert oder nicht. Und so es auch kein Zufall, dass sich die CDU vor Ort - auch persönlich - ganz klar dazu bekenne, Verantwortung für die Flüchtlinge, ihren Schutz und Integration zu übernehmen. Kaiser spricht von „christlicher Solidarität“.
Gerne verweist Klaus Kaiser, Schulexperte seiner Partei in Land und Stadt, auch auf einen besonderen Punkt im Neheim-Hüstener Programm: „Besondere Sorge für Schule und Erziehung - Schaffung von Aufstiegsmöglichkeiten für über den Durchschnitt Begabte“, heißt es da. Hierauf ziele auch die heutige Schulpolitik in Arnsberg ab, die Bildung und Perspektiven von früh an Kindern aus allen sozialen Schichten zielführend ermöglichen will. Frühförderung, ein durchlässiges Schulsystem und die Entwicklung zu einer „Bildungsstadt“ sind Arnsbergs Antwort auf die damalige Forderung des Neheim-Hüstener Programm. Und auch wenn es nie im großen Stil zu der im Programm angedeuteten „Vergesellschaftung von Teilen der Wirtschaft“ gekommen ist, so spiegelt sich aber heute auch vor Ort durch vielerlei Unterstützung als Sponsor, in Stiftungen und Netzwerker die Verantwortung der Wirtschaft fürs Gemeinwohl und auch die von der Arnsberger CDU vorangetriebene Stärkung um den Bildungsstandort.
Wichtig aus Kaisers Sicht ist aber vor allem die Vereinbarkeit von Positionen und Interessen. In der täglichen Lokalpolitik sei das ein Muss, weil hier weniger dogmatisch als vielmehr pragmatisch gearbeitet werden müsse. In Zeiten von Krisen und Herausforderungen - wie nun durch den Flüchtlingszustrom - gewinne das aber noch mehr an Bedeutung. „Wir müssen gemeinsame Werte definieren, unter denen sich die Menschen wiederfinden“, sagt Klaus Kaiser. Damals wie heute, denn in Zeiten von gesellschaftlicher Polarisierung gelte es auch, Ängste und Sorgen von Menschen auf und ernst zu nehmen, um sie nicht zum alleinigen Thema von Radikalen zu machen. Für Kaiser ist klar, dass es da auch klarer Abgrenzungen zu den Rechtspopulisten und der bei jüngsten Wahlen erstarkten Alternative für Deutschland (AfD) bedürfe. „Die Volkspartei hat Zukunft“, sagt er.