Arnsberg. . Vor dem Landgericht Arnsberg wird seit Donnerstag eine Raubüberfall-Serie verhandelt, die Arnsberg im Herbst in Atem hielten. Im Prozess zeigen sich die zwei vielfach vorbestraften Angeklagten unterschiedlich redseelig.
Im Herbst haben diese beiden Männer mutmaßlich ganz Arnsberg mit einer kleinen Serie an Raubüberfällen in Atem gehalten. Nach ihren vermeintlichen Überfällen meldeten sich betroffene Opfer zu Wort und klagten ihr Leid. Aus der Kommunalpolitik kamen Rufe nach höherer Polizeipräsenz. Seit Donnerstag stehen zwei Männer vor dem Arnsberger Landgericht. Was für Typen sind das, die da eine Diskussion über das Sicherheitsgefühl der Bürger in der Stadt durch die ihnen vorgeworfenen Taten losgetreten haben?
Mit zwei höchst unterschiedlich gesprächigen Arnsberger Angeklagten hat es das Arnsberger Landsgericht beim Prozess zu der Raub- und Überfallserie aus dem Herbst des vergangenen Jahres zu tun. Das Duo ist unter anderem angeklagt, gemeinsam Raubüberfälle auf einen Taxifahrer, mehrfach auf eine Tankstelle zwischen Hüsten und Herdringen sowie auf eine Bäckerei in Neheim begangen zu haben. Während der 34-jährige L. weitestgehend seine Beteiligung an den Taten gesteht und sich auch bei Opfern entschuldigen möchte, sich allerdings aufgrund einer Drogenproblematik nicht an alle Einzelheiten erinnern können und bewusst auch keinen Mittäter belasten will, gibt sich der 32-jährige Mitangeklagte W. auch auf mehrfache Nachfrage des Gerichts verschlossen. Er gestand nur die Beteiligung am Überfall auf einen Taxifahrer. „Mein Vertrauen zu deutschen Gerichten ist gebrochen“, sagte er, „es ist die Arbeit von Staatsanwaltschaft und Polizei, zu beweisen, dass es zu war!“. Er werde „nix“ sagen, wiederholte er mehrfach.
Der Angeklagte L. will den Überfall auf die Bäckerei nicht verübt haben, sondern sei selbst davon überrascht worden. Vor Gericht spricht er stets von „Wir“, nennt aber den Mitangeklagten ausdrücklich nicht als Mittäter.
Biografien: Schulabbruch und Drogen
Biografien von Tätern helfen manchmal zu verstehen. Eine Entschuldigung sind sie nie. Die im Prozess verhandelten Straftaten stehen bei beiden Angeklagten, die ihren Lebensmittelpunkt seit vielen Jahren in Arnsberg haben, am vorläufigen Ende einer längeren kriminellen Karriere. Der 34-jährige L. weist ein sieben Seiten langes Strafregister auf. Das vom 32-jährigen W. bringt es auch schon auf 19 Einträge und Verurteilungen.
W. hat auch noch eine wenig ruhmreiche Vorgeschichte in seiner kasachischen Heimat, wo er nach eigenen Aussagen wegen Gewalttätigkeiten mit 14 Jahren von der Schule flog und mit 17 in den Knast kam, nachdem er vor einer Disko auf einen Mann eingestochen hatte, „der meine Schwester vergewaltigen wollte!“. Nach zwei Jahren Haft in Kasachstan sei er vorzeitig entlassen worden, damit er mit seiner Familie nach Deutschland auswandern könne. Er kam 2001 mit Eltern und seiner ukrainischen Frau (jetzt Ex-Frau). Es reihten sich Straftaten an Straftaten. „Immer rein und raus in den Knast“, beschreibt W. sein Leben in Arnsberg, „keine Arbeit, gar nix“. An den Drogenkonsum sei er erst im Knast gekommen. Eine Drogenproblematik aber habe er nicht. Seine Frau machte das alles nicht lange mit und siedelte 2010 mit offenbar gemeinsamen Kindern in die Ukraine über. „Ich will, wenn ich hier raus bin, auch zu meinen Kindern“, erzählt er.
Seinen Mitangeklagten L. kennt W. - so die Aussagen im Gericht - erst seit dem vergangenen Jahr. „Wir haben uns auf der Platte in Neheim kennengelernt“, sagt L. und meint damit den Markt. Der damals wohnungslose W. habe ein paar Tage bei ihm wohnen dürfen. L. ist 34 Jahre alt, gebürtiger Duisburger.
Vor den nun ihm zu Last gelegten Taten hat auch er ein langes Strafregister. Als Scheidungskind zog er mit seiner Mutter und seiner jüngeren Schwester nach Arnsberg, blieb in der 8. Klasse zwei Mal sitzen und brach die Schule ab. Nach einer einjährigen Bundeswehrzeit begann die Knast-Laufbahn im Jahr 2001. Auch er spricht von einem „Rein und Raus“ und darüber, dass im Knast „viel mit Drogen“ gelaufen sei. „Es ist alles schiefgelaufen“, sagt er vor dem Landgericht, „es tut mir leid, was in diesen Monaten passiert ist“. Bei den Opfern, die er mit Werkzeugen oder anderen Waffen bedroht haben soll, möchte er sich entschuldigen.
L. ist vor dem Gericht kooperativer. Er verweist immer wieder auf seine Drogen-Laufbahn. „Ich bin seit 20 Jahren auf Drogen“, sagt er. Mehrere Therapien und Entgiftungen hat er gemacht - oft abgebrochen und am Ende ohne Erfolg.