Marsberg. Die St. Peter und Paul Schützenbruderschaft in Obermarsberg öffnet sich für Andersgläubige und Atheisten. Die Mitglieder beschließen eine denkwürdige Änderung der Satzung, die Schule machen könnte - aber nicht einfach ist für die Vereine, die sich der katholischen Kirche nahe fühlen.

Die Geschichte fängt mit Paragraph drei der Satzung der St. Peter und Paul Schützenbruderschaft in Obermarsberg an. Das hört sich nach trockenem Lesestoff an.

Dabei ist Denkwürdiges im Hochsauerlandkreis passiert. Mit einer knappen 3/4-Mehrheit haben 126 anwesende Mitglieder der Generalversammlung ihre Bruderschaft für Andersgläubige und Atheisten geöffnet. Das Abstimmungsergebnis: 95 Ja-Stimmen, 28 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen. Wer künftig mit den Schützen in Obermarsberg schießen und feiern will, der muss kein Christ sein.

„Vor zwanzig Jahren wäre das undenkbar gewesen“, sagt Sturmius Wegener, Erster Hauptmann. „Wir haben den Paragraphen drei erweitert. Wichtig bleibt: Der christliche Glaube muss geachtet und beim öffentlichen Auftreten unterstützt werden.“ Und der 57-Jährige erzählt, wer und was den wundersamen Wandel ausgelöst hat.

Die Wahrheit liegt, nicht nur beim SV Eresburg Obermarsberg, auf dem Platz. Fußball fragt nicht nach Religion und Herkunft, Fußball macht den Ball zum Mittelpunkt. Das Runde muss ins Eckige. Punkt. Es geht um Tore und Punkte. Die Mannschaft verliert und gewinnt, hält zusammen, gönnt sich nach dem Spiel ein Bier. Oder zwei. Eine gute Kameradschaft.

Nicht für Muslime

Wie es so ist auf dem Dorf: Viele Spieler sind auch Mitglied in der St. Peter und Paul Schützenbruderschaft. Als einer von ihnen den türkischstämmigen Mitspieler mit deutschem Pass für die Schützenbruderschaft werben will, heißt es, geht nicht: nicht für Muslime. Das lässt die Satzung nicht zu. Der Anfang einer Debatte, die nun ein vorläufiges Ende gefunden hat.

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Wegener ist froh darüber: „Wir haben unsere Pflicht damit erfüllt.“ In der Vergangenheit seien Leute Mitglieder geworden, die nach der Wende aus der DDR gekommen waren und keiner Kirche angehörten: „Das wussten viele nicht. Auch erfährt die Schützenbruderschaft in der Regel nicht, wenn jemand aus der Kirche austritt. Das deckt die Erweiterung ab.“ Nach der notariellen Prüfung soll die neue Satzung Ende April/Anfang Mai in Kraft treten.

Dass die Entscheidung dem demographischen Wandel geschuldet sei, verneint Wegener: „Wir haben 526 Mitglieder. So viele wie nie. Im vergangenen Jahr sind viele Jüngere eingetreten. Wir haben 16 Neumitglieder.“ Wer an der Spitze des Vereins stehen will, der muss auch in Zukunft Christ sein. „Darauf haben sich die Mitglieder des Vorstands geeinigt“, fügt Schriftführer Michael Schäfer hinzu.

Öffnung fällt schwer

Für Michael Braun, Oberst im Kreisschützenbund Brilon, ist das Vorgehen der Obermarsberger „ein normaler Vorgang“. In der Satzung des Kreises sei dies längst verankert. Dass den Schützenbruderschaften, die der katholischen Kirche besonders verbunden sind, die Öffnung schwerer fällt, ist ihm bewusst. Für ihn ein Beleg der gesellschaftlichen Entwicklung: „Wir leben im 21. Jahrhundert. Das ist den 67 Vereinen, Gesellschaften und Bruderschaften mit ihren 30.000 zahlenden Mitgliedern bewusst.“

Das führt wieder zum jungen Fußballer, der mittlerweile in Norddeutschland studiert und nur an Wochenenden nach Obermarsberg kommt. „Mir hat er gesagt, er will nicht in die Schützenbruderschaft“, sagt Wegener. Das Schützenwesen sei nicht seins. Ihm liegt das Schießen und Feiern nicht so.“