Arnsberg/Olsberg. .

Ein unbescholtener Bürger, der Richter Willi Erdmann zufolge bis zum 28. Februar 2013 ein „einwandfreies Leben“ geführt hat. Ein Vater zweier Kinder, der Familienangehörigen zufolge ein friedlicher Mensch ist, der jedem Streit aus dem Weg geht. Dann erwürgt der Vater zweier Kinder aus Olsberg-Wiemeringhausen seine 66 Jahre alte Ehefrau, die er 1969 geheiratet hatte. Die 2. Große Strafkammer des Landgerichts Arnsberg verurteilte gestern den 70 Jahre alten Beamten im Ruhestand wegen Totschlags in einem minderschweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten.

Ehefrau veränderte sich

„Die Ehe lief auf diese Katastrophe zu“, fasst Rechtsanwalt Oliver Brock (Brilon) in einem Satz zusammen, was in der Beweisaufnahme zuvor mit Formulierungen wie „Hölle auf Erden“ oder „Ehe-Martyrium“ umschrieben wurde. Irgendwann, so berichtet der Angeklagte unter Tränen, habe sich die Frau verändert, die „ich sehr gerne gehabt habe“: Sie sammelt Gegenstände wie ein Messie und lässt die Wohnung verkommen. Im letzten Jahr wird es immer schlimmer, nehmen die Beschimpfungen, Demütigungen, Aggressionen und Wahnvorstellungen zu.

Als am Abend des 28. Februar der 70-Jährige in den Keller geht, wirft seine Frau ihm einen gefüllten Putzeimer hinterher. Der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Als die 66-Jährige auch noch die Mutter des Angeklagten beleidigt, greift er ihr an den Hals, damit sie Ruhe gibt. Die Frau verliert das Bewusstsein. Dann würgt er sie zum zweiten Mal - diesmal mehrere Minuten lang, bis sie tot ist.

Er spüre eine große Leere in sich, sagt der Mann auf der Anklagebank, für den eine Trennung nie in Frage kam: „Ich habe am Altar das Eheversprechen ,bis dass der Tod uns scheidet’ gegeben.“

Keine Hilfe

In den Wochen vor der Tat hat er Selbstmordgedanken gehegt. „Keiner hat mir geholfen.“ Er hat diversen Behörden Fotos von der zugemüllten Wohnung gezeigt und auf eine psychische Erkrankung seiner Frau hingewiesen - doch er erhielt nach seiner Darstellung immer den gleichen Satz: Man könne nichts für ihn tun. „Die haben sich hinter ihren Schreibtischen versteckt. Dabei sind sie doch dafür da.“

Gutachter Dr. Patrick Debbelt (Hemer) bescheinigt dem Pensionär während der Tat eine akute Belastungsreaktion und eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung - und damit eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit. Und doch: „Es geht nicht“, sagt Richter Erdmann, „dass ein Mensch sein Leben lässt, weil jemand die Beherrschung verliert.“