Hallenberg.
Ins Goldene Buch der Stadt Hallenberg hat sich nun auch ein Literaturnobelpreisträger eingetragen. „Mit einem verspäteten Gruß an das Info-Zentrum Kump“ hat Günter Grass hineingeschrieben. Selbst zu Gast an der Nuhne war er nicht. Aber wenn der Prophet nicht zum Berg kommt…
Geht es um die Popularität des Hallenberger Kumps, dann würde Bürgermeister Michael Kronauge nicht nur die Blechtrommel rühren. Im September 2009 wäre es ihm fast gelungen, Günter Grass zu einer Vernissage mit dessen Zeichnungen und Skulpturen ins Infozentrum der Nuhnestadt zu holen. Die Ausstellung lief, aber ohne den inzwischen 85-Jährigen. Der Eintrag ins Goldene Buch war schon vorgemerkt, das Foto eingeklebt. Aber der Literaturnobelpreisträger, Bildhauer, Maler und Grafiker musste krankheitsbedingt absagen. Wenig später scheiterte eine weitere Möglichkeit für den Buch-Eintrag im benachbarten Frankenberg aus demselben Grund. „Wenn Sie mal hier oben in Norddeutschland sind, melden Sie sich einfach, dann bekommen wir das irgendwie nachträglich hin“, hatte ihm das Management versprochen.
Jetzt war es soweit. Da der Schriftsteller und Künstler keine weiten Reisen mehr unternehmen kann, lud er Kronauge und dessen Frau, die privat in Hamburg zu tun hatten, auf sein Anwesen in Behlendorf (Schleswig Holstein) ein. Dort, mitten im Wald, in einem ehemaligen Forsthaus, lebt und arbeitet Grass seit über 30 Jahren mit seiner Frau. „Er führte uns durch sein Arbeitszimmer und durch den wunderschönen alten Bauerngarten, in dem viele seiner Skulpturen aufgestellt sind. Bis vor zwei Jahren hat er seine Bücher erst per Hand und dann auf einer alten Olivetti-Maschine geschrieben. Er hat gesagt, er möge keine Computer. Aber er ist gesundheitlich sehr angeschlagen und hat uns erzählt, dass sich ein Krankenhausaufenthalt an den anderen reihe“, berichtet der Hallenberger Bürgermeister.
„Ich bin im Kopf ganz klar, aber die körperlichen Kräfte haben doch arg nachgelassen“, zitiert er Grass, der sich bei einer Tasse Tee gute zwei Stunden Zeit für den Besuch aus dem Sauerland nahm. Gekleidet in markanter Cordhose und -jacket, zu Füßen ein Hund, der um ihn herumwuselte, drei Pfeifen auf dem Tisch und eine Sauerstoffbrille auf der Nase – so haben sich Grass und Kronauge im Arbeitszimmer des Künstlers unterhalten. „Er hat erzählt, dass er sein ganzes Leben gearbeitet habe und derzeit wegen seiner körperlichen Beeinträchtigung unzufrieden und für seine Umwelt nur schwer zu ertragen sei. Er hofft aber, dass er bald zumindest wieder zeichnen kann.“
Politische Lage
Ein Lob hatte Grass für die Kulturarbeit in kleinen Städten wie Hallenberg parat. Und natürlich ging es in dem Gespräch auch um die aktuelle politische Lage in Deutschland und in der Welt. Auch an dem politischen Geschehen in der Nuhne-stadt und an der Zusammensetzung des Rates zeigte er großes Interesse. Letzteres muss Grass, der Willy Brandt (SPD) im Bundestagswahlkampf 1969 intensiv unterstützte, doch sehr überrascht haben. Der Rat in Hallenberg besteht aus 16 CDU, drei BfH-Mitgliedern und einem SPD-Vertreter.
Das Goldene Buch der Stadt ist jedenfalls jetzt wieder komplett. Grass sei Dank!