Olsberg.
. Patienten und deren Angehörige für Studie gesucht! Die Klinik am Stein ist eines von bundesweit zwei anerkannten Alzheimer-Therapiezentren. Aus ganz Deutschland kommen an Demenz erkrankte Menschen und ihre Lebenspartner nach Olsberg. Beide werden dort für einen lebenswürdigen Alltag trotz bzw. mit der Krankheit geschult.
Zurzeit geht das nur stationär. Doch in einer Versuchsphase will die Klinik eine ambulante Therapie und ihre Wirksamkeit testen. Dafür werden fünf Betroffene und jeweils ein betreuender Partner gesucht.
Herbert M. (Name von der Redaktion geändert) hat Alzheimer. Dass der 74-Jährige seinen Autoschlüssel mal verlegt oder kein modernes Handy bedienen kann, wären noch keine Zeichen für eine Erkrankung gewesen. „So etwas ist eine ganz normale Verlangsamung kognitiver Fähigkeiten, die nicht alltagsrelevant ist“, bringt es Dr. Elisabeth Mignolet, Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, medizinisch auf den Punkt. Die Oberärztin leitet das Alzheimer Therapiezentrum in Olsberg. Dass Herbert M. aber im letzten Urlaub das Zimmer in seinem Stamm-Hotel nicht mehr wiederfand und im Keller herumirrte, dass er sich nach 30 Jahren erstmals bei der Autofahrt dorthin verfranste, machte seine Frau stutzig. Kein defekter Staubsauger, kein Transistorradio war früher vor ihm und seiner Werkzeugtasche sicher. Neuerdings hat Herbert M. keine Lust mehr, irgendetwas zu reparieren. Der sonst stets gut gelaunte Rentner neigt außerdem inzwischen zu Depressionen…
„All das ist typisch. Lang trainierte Handlungsabläufe funktionieren plötzlich nicht mehr. Kraft und Geschicklichkeit lassen nach. Besonders komplexe motorische Leistungen werden nicht mehr bewältigt, so dass es zu Stürzen kommen kann“, sagt Chefarzt Dr. Rüdiger Buschfort. Schon seit Jahren setzt die Klinik in der Demenzbehandlung auf Bewegung. Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass ein spezielles körperliches Training die motorische, geistige und emotionale Ebene der Patienten günstig beeinflusst. Stationär werden Elemente dieses Trainings schon seit Jahren angeboten. An diese Idee knüpft nun auch erstmals das ambulante Konzept an.
„Move and Memory“
Das spezielle Trainingsprogramm, in das Ärzte, Krankengymnasten und Ergotherapeuten eingebunden sind, steht unter dem Motto „Move and Memory“ (Bewegung und Erinnerung) und gliedert sich in drei Bereiche:
Los geht’s mit dem Krafttraining. Mit Hilfe dehnbarer Bänder und leichter Gewichte werden Muskeln aufgebaut. Balance halten und Gleichgewichtssinn schulen bilden die zweite Säule. Die Patienten sitzen auf einem Ball oder durchlaufen einen Parcours aus Pylonen. In Block drei geht es um die „zweigeteilte Aufmerksamkeit“. Dr. Elisabeth Mignolet: „Gehen und sich dabei unterhalten – solche parallelen Handlungen können zum unlösbaren Problem werden.“ Durch gezielte Übungen kann der Patient diese Fähigkeit aber teilweise zurückerlangen.“
In der ambulanten Therapie geht es aber nicht nur um den Patienten und darum, ihn möglichst lange in seinem privaten persönlichen Umfeld zu belassen: Bei der Hälfte der Trainingstage wirkt der Angehörige als Co-Therapeut mit. An den anderen Tagen gibt es für ihn medizinische und sozialrechtliche Beratung. Dr. Buschfort: „Ziel muss es auch sein, die Person, die dem Kranken am nächsten steht, zu entlasten. Denn der Angehörige bekommt – krankheitsbedingt – kein Dankeschön von seinem Partner, der sich für ihn aufopfert. Wird er überfordert, kann es sehr schnell passieren, dass der Erkrankte ins Heim muss.“ Kostenüberschaubarkeit und ein Benefit für Kranke und Angehörige, lautet das Credo dieser Idee.
Voraussetzungen für das Mitwirken an der Studie sind diagnostizierte Demenz (frühes und mittleres Stadium) und erhaltene Mobilität (u.a. Treppensteigen und freier Gang), Mitwirkung eines betreuenden Angehörigen und die innere Bereitschaft zur Teilnahme. Das Angebot ist kostenlos, findet einmal pro Woche (zweimal 45 Minuten) donnerstags in der „Klinik am Stein“ statt und soll vom 10. März bis 26. Mai laufen.
Unverbindlich können sich Interessenten vorab an Sozialpädagogin Sonja Howe, 02962 808-339 oder per Mail an atz@klinik-am-stein.de wenden. Ein unverbindlicher Infotag soll am Dienstag, 15. Februar, um 14.30 Uhr in der Klinik stattfinden. Unterstützt wird das Projekt übrigens durch die AOK NordWest, Regionaldirektion Hochsauerland, Lippstadt-Soest.
Bewährungsprobe
Das Leben von Herbert M. wird sich verändern – für ihn und für seine Familie. Auto fahren wird er nicht mehr. Ob er noch mal in sein Lieblingshotel kommt, ist fraglich. Eine ambulante Therapie kann aber dabei helfen, dass er noch möglichst lange in seinem Haus und in seinem Umfeld wohnen bleiben kann. Die Übungen, die er in der Klinik lernt, wird er zu Hause immer und immer wiederholen müssen.
Aber er und seine Frau werden mit allen Problemen nicht allein gelassen. Bewährt sich die ambulante Therapie, kann daraus eine dauerhafte Vor-Ort-Betreuung werden – für Herbert M. und viele andere Betroffene.