Hallenberg.
„Von Menschen und Mäusen“ heißt eine Ausstellung, die heute Abend um 18 Uhr im Hallenberger „Kump“ eröffnet wird. Reinhard Ewert aus dem hessischen Grünberg zeigt dabei 105 Mausefallen aus aller Welt. Ein kleiner Nager hat sich für die WP im „Kump“ verirrt. Hier sein Bericht:
Psst, seid mucksmäuschenstill und macht in den nächsten Wochen einen Bogen um das Fachwerkhaus in der Stadtmitte. Bestimmt werden dort viele Zweibeiner auflaufen. Aber mich kriegt da oben in den Ausstellungsraum niemand mehr hin. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, was die Hallenberger in ihrer guten Stube zeigen. Sie heißen „Haifischgebiss“, „Revolver“ oder „Elektrokill“. Fallen, lauter Fallen! Und sie haben alle nur ein Ziel: Uns Mäuse zu fangen: tot oder lebendig.
Ich habe gelauscht, als gestern ein Reporter da war. Diese merkwürdige Sammlung gehört einem inzwischen pensionierten Deutsch- und Englischlehrer. Der ist eigentlich ganz nett, heißt Reinhard Ewert, kommt aus dem Raum Vogelsberg, ist 65 Jahre alt und hat 1975 mal einen Zeitungsbericht gelesen. Der handelte von der Eifelgemeinde Neroth. Die war im 19. Jahrhundert so arm, dass die Menschen dort zum Hausieren in die Fremde zogen. Ein Lehrer kam auf die Idee, in Heimarbeit Fallen herzustellen. Die Frauen haben die Dinger aus Draht und Holz gebaut, die Kerle sind als „Musfallskrämer“ bis nach Tschechien gelaufen und haben sie verkauft. Tja, durch unsereins zu Wohlstand gelangt. Tod dank Neroth – na prima!
Josef und die Maus
Reinhard Ewert hat dem Reporter versichert, er habe nichts gegen Mäuse. „Im Gegenteil, ich finde sie sogar süß. Und denken Sie mal an Koseworte wie Mausi und Mäuschen – all das ist doch sehr positiv besetzt!“, hat der Mann gesagt, der sich übrigens zu Hause eine Katze hält. Eine Katze!!
Erst als der Mensch sesshaft wurde, als die Maus zum Nahrungskonkurrenten wurde, sei das Freund-Feind-Verhältnis entstanden, hat der Herr Ewert erklärt, den angeblich das Handwerkliche an den Fallen fasziniert. Nachdem er den Zeitungsbericht gelesen hatte, ist er bei Bauern rund um den Vogelsberg gewesen und hat sich verschiedene Fallen zeigen lassen. Über 200 besitzt er heute, und ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie einfallsreich die Bauern dabei waren, uns an den Kragen zu gehen.
Die Schlagbügelfalle – so blöd müsste ich sein und daraus einen Käsehappen stibitzen – ist übrigens schon 1889 in England zum Patent angemeldet worden. Sie hat sich am meisten durchgesetzt. Aber der 65-jährige Sammler nennt auch Modelle sein Eigen, deren Vorbilder aus dem 15. Jahrhundert stammen. Es gibt sogar ein Gemälde, auf dem der Heilige Josef mit einer Mausefalle zu sehen sein soll. Jesus, Maria und Josef, unglaublich!
Ganz schön gemein
Ich habe mich bei den Aufbauarbeiten mal etwas näher herangetraut. Es gab so viele unechte Plüsch- und Plastikmäuse zu Dekorationszwecken, dass ich gar nicht aufgefallen bin. „Eine Maus hilft die andere fangen“, steht da als Reklameschrift auf einem Originalkarton von früher. Darin befindet sich der sogenannte Bender'sche Massenfänger. Unsereins soll dabei in einen Metallbehälter krabbeln, auf eine Wippe gehen, eine Leiter hochklettern und dann in einen Wassertank plumpsen und jämmerlich ersaufen. Vorteil für den Bauern. Er musste nachts erst gar nicht aufstehen und die Falle neu spannen. Denn durch einen perfiden Mechanismus öffnete sich die Klappe immer wieder neu, sobald einer von uns dem Trick auf den Leim gegangen war. Neun Stück pro Nacht! Massenmörder!
Herrschaftszeiten, was ist das denn? „Holzklotzfalle“ steht auf einem kleinen Schildchen. Mehrere Holzklötze werden gespannt und sollen mit Donnerkrach auf uns herniedersausen. Von wegen - nicht mit mir! Ganz schön gemein sind auch die Würgefallen aus Madagaskar, der Mustopf mit drehbarem Deckel oder die Schlagfalle aus Metall, mit der uns ein mit spitzen Nägeln bestückter Hammer eins auf die Zwölf geben soll. Pfui, schämt Euch!
„Die Bauern hatten ein Problem. Und das mussten sie loswerden. Da half es auch nichts, die Maus lebend zu fangen und den Nachbarn zu beschenken“, erklärt Reinhard Ewert. Wo er Recht hat…
Unser Bürgermeister Michael Kronauge hat den Sammler übrigens in unsere Stadt eingeladen. Tolle Idee! Denn vor einigen Jahren vermachte der Hallenberger Bürger Eberhard Schmidt der Stadt seine kleine Mausefallen-Sammlung. Die steht seitdem unten im Keller des Kumps, wo ich übrigens hinter den Einmachgläsern wohne. Und so ist der Kontakt zu Herrn Ewert zustande gekommen, der in Hessen schon dreimal seine Folterwerkzeuge ausgestellt hat.
Weltrekordfalle
Unten vor dem Haus wurde sogar mit über vier Metern Länge die größte Mausefalle der Welt geparkt. Sie steht im Guinness-Buch der Rekorde und gehört einer Firma, die mit richtigen High-Tech-Geräten auf Jagd nach unsereins geht. Ein Mitarbeiter von denen kommt übrigens aus Hallenberg. Dreimal dürft ihr raten, wie der heißt? Mause!
Auf Flohmärkten und Bauernhöfen ist „Trapper“ Reinhard Ewert, der außerdem noch Mineralwasserkrüge sammelt, bislang fündig geworden. Seit es aber Internetauktionshäuser gibt, seien die Preise enorm in die Höhe geschnellt. Gut für uns Mäuse. Dabei wäre jeder Internetnutzer ohne uns aufgeschmissen. Oder haben Sie schon mal ohne „Mouse“ gesurft?
So, noch mal für alle Mäuse, damit ihr Bescheid wisst: Heute Abend sind alle Menschen ab 18 Uhr zur Ausstellungseröffnung eingeladen. Bis zum 27. August bleiben die Fallen im Kump stehen. Montags bis samstags von 10 bis 12, montags, dienstags, donnerstags, freitags von 15 bis 17 Uhr und sonntags von 14 bis 16 Uhr sind sie zu sehen. Ist halt so. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Leider!