Brilon. Es gibt Kritik an der Kita „Wassermühle“. Aus „Profit-Interesse“ würden Eltern angehalten, mehr Stunden zu buchen. Der Träger nimmt Stellung.
Werden Eltern von Kita-Trägern gedrängt, mehr Betreuungsstunden zu buchen, als sie tatsächlich brauchen, damit die Kitas möglichst wirtschaftlich und effizient arbeiten können? Auch dem Hochsauerlandkreis sind solche Fälle bekannt. Jetzt kam das Thema auch in der jüngsten Sitzung des Kreisjugendhilfeausschusses mit Blick auf die neue Stepke-Kita „Wassermühle“ in Brilon auf.
Vorwurf an Kita-Träger
Der Zusammenschluss von Linken und Freien Wählen im Kreistag und die Sauerländer Bürgerliste jedenfalls haben im Nachgang zu der Sitzung einen Bericht auf ihren Homepages veröffentlicht, der von Dietmar Schwalm verfasst wurde, der neben der FW- und Linke-Fraktion auch die SBL in dem Ausschuss vertritt. Demnach kam in der Sitzung Kritik auf, dass für das kommende Kita-Jahr ca. 30 Kinder aus Brilon weiter auf einen Kita-Platz warten würden, obwohl eine ganze Gruppe noch frei sei. Dietmar Schwalm erklärt, wo aus seiner Sicht die Ursache für diese Problematik liegt: „Der wahre Grund ist, dass viele Eltern nur einen 25-Stunden-Betreuungsvertrag für ihre Kinder haben möchten, ,Stepke‘ aber aus ,Profit-Interesse‘ lieber mehr Stunden vereinbaren möchte. Das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern wird somit mit Füßen getreten. Dabei würde man bei mehr 25-Stunden-Betreuung weniger Personal benötigen.“
Das sagen die Stepke-Kitas
Jutta Thomas, Regionalleitung NRW der Stepke-Kitas, widerspricht diesem Vorwurf und erklärt auf Nachfrage: „Die KiTa Wassermühle in Brilon vergibt Betreuungsstunden im Umfang von 25, 35 und 45 Stunden. Es werden bereits 35 und 45 Stundenformen in der KiTa betreut. Zurzeit liegen uns noch keine Anmeldungen für 25 Stunden vor. Auch Anfragen sind bei uns diesbezüglich bislang nicht eingegangen. Die Eltern haben jedoch die Möglichkeit, sich über das KiTa-Portal für alle Stundenformen anzumelden. Wir freuen uns über jedes Kind, dem wir einen Betreuungsplatz anbieten können. Zudem freuen wir uns seit Beginn an über den großen Bewerbungseingang an pädagogischen Mitarbeiter/innen, sodass weiteren Platzvergaben unserseits nichts im Wege steht.“
Das sagt der HSK
Da stellt sich die Frage: Fehlen in Brilon tatsächlich aktuell noch Plätze? Der HSK erklärt dazu, dass mit Stand vom 10. Januar 2024 in Brilon noch 24 Kinder ohne Betreuungsplatz waren. Davon sollten fünf Kinder mit einem Umfang von 25 Wochenstunden betreut werden – für die restlichen Kinder gebe es Betreuungswünsche von 35 oder 45 Stunden. Die Eltern dieser Kinder seien durch den Kreis schriftlich auf die Betreuungsmöglichkeit in der Stepke-Kita „Wassermühle“ hingewiesen worden, so dass aus Sicht des HSK-Jugendamtes alle Kinder versorgt sein müssten. Der Kreis stellt dazu klar: „Die Zahl der im Stadtgebiet Brilon verfügbaren Betreuungsplätze ist unter Berücksichtigung einer vollen Auslastung aller Kitas auskömmlich.“
Grundproblematik schon länger bekannt
Grundsätzlich hat der HSK die Problematik bezüglich einer Beeinflussung von Eltern durch Kita-Träger durchaus schon länger auf dem Schirm. Kreis-Pressesprecher Martin Reuther erklärt, dass auch aktuell Eltern berichten würden, dass sie im Rahmen der Anmeldegespräche dazu gedrängt werden, keine 25-Stunden-Buchungen einzugehen. Ein Träger schließe auf seinem Internetauftritt die 25-Stunden-Buchung sogar aus. Die Pressestelle verweist darauf, dass bereits im November 2021 auf Veranlassung durch das Jugendamt ein Schreiben an alle Einrichtungsträger gegangen ist. Hintergrund waren damals mehrere bekannt gewordene Fälle, in denen Eltern eine Platzsage nur unter der Bedingung in Aussicht gestellt worden sein soll, wenn sie bereit waren, eine 45-Stunden-Betreuung zu buchen.
Wahlfreiheit der Eltern
Dazu hatte der HSK schon damals eine ganz klare Ansage gemacht: „Ein solches Verhalten eines Kita-Trägers ist rechtswidrig“. Es verstoße gegen das im KiBiz (Kinderbildungsgesetz) festgeschriebene Wunsch- und Wahlrecht der Eltern, so der Kreis. Eltern hätten das Recht, die Betreuungszeit für ihre Kinder entsprechend ihrem Bedarf und im Rahmen dieses Gesetzes zu wählen. Verwiesen wird auch darauf, dass die Platzvergabe in Kitas nach festgelegten Kriterien erfolgen muss. Zum aktuellen Vorwurf der SBL-Fraktion teilt der HSK mit, dass 2021 als der Brief verfasst wurde, der jetzt kritisierte Kita-Trägere noch nicht vor Ort in Brilon vertreten war, was deutlich mache, dass eine Beeinflussung der Eltern „nicht nur ein Problem dieses einen Trägers“ sei.
Vorschlag zum weiteren Vorgehen
In der Februar-Sitzung des Kreisjugendhilfeausschusses gab es einen Vorschlag aus den Reihen der CDU. Ausschussmitglied Wolfgang Diekmann hat angeregt, die weitere Vorgehensweise in den Kreistagsfraktionen zu erörtern und in einer der kommenden Sitzungen des Jugendhilfeausschusses das Anmeldeverfahren, die Platzbelegung und die Betreuungszeiten auf die Tagesordnung zu setzen. Der Kreis teilt mit, dass die Verwaltung dann die Auswertungen des Kita-online Portals für die Beratungen zur Verfügung stellen wird. Außerdem soll eine Position des Landesjugendamtes beim LWL zum Buchungsverhalten bzw. zur Aufnahmepraxis eingeholt werden.