Hochsauerlandkreis. Wer im Sauerland an fremden Geldautomaten Geld abhebt, muss oft tief in die Tasche greifen. Ein Anbieter sagt, warum er fast 6 Euro Gebühr nimmt.
So ein Pech! Ich bin spät dran, der Laden um die Ecke akzeptiert keine EC-Karte und im Portemonnaie sind nur noch 15 Euro. Was tun? In Bredelar hätte es an der Bundesstraße einen Geldautomaten der Sparkasse gegeben. Hätte. Zu spät gesehen. Ich brauche das Geld aber jetzt. Am Ortseingang von Marsberg steht ebenfalls ein Geldautomat. Bingo! Ich wähle 150 Euro aus und bekomme die Info, dass dafür 5,95 Euro an Gebühren fällig werden. Noch kann ich den Vorgang abbrechen; aber ich brauche das Geld jetzt. Also: Augen zu und durch!
Im ersten Moment denke ich, dass das ganz schön happig ist. Und weil mir die 5,95 Euro keine Ruhe lassen, schreibe ich den Vertriebsleiter der Firma „Call & Cash GmbH / moneyserv“ an, die auch diesen Automaten in Marsberg betreibt. „Als bankenunabhängiger Geldautomatenbetreiber - übrigens einer von inzwischen nur noch vieren in Deutschland - liegt das Geschäftsmodell darin, an Aufstellorten mit entsprechendem Bargeldbedarf und Gebührenakzeptanz mehr Geld einzunehmen, als ausgegeben wird. Da kann nichts quer subventioniert werden, wie das kontoführende Bankinstitute machen oder machen könnten“, antwortet Peter Schäfer sehr deutlich. U.a. durch schlanke Strukturen, enge Steuerung und guten Service für eine hohe Verfügbarkeit der Automaten könne man Bargeldverfügbarkeit an Standorten gewährleisten, wo sich Bankinstitute aus Kosten- oder anderen Gründen zurückziehen. Bundesweit ist die Gesellschaft an Standorten in dreistelliger Zahl vertreten.
Bei 5,95 Euro wird vermutlich mancher überlegen, ob er den Service tatsächlich in Anspruch nehmen oder vielleicht doch lieber zur Hausbank fahren möchte. Aber genau da liegt die Geschäftsidee der unabhängigen Automatenbetreiber: Erhöhter bzw. hoher Bargeldbedarf, gute Zugänglichkeit zum Geldautomaten, eine Nutzbarkeit von 24 Stunden an sieben Tagen die Woche und eine gut wahrnehmbare Lage sind zunächst die Hauptfaktoren für eine Standortentscheidung.
Aber all das hat auch für den Betreiber seinen Preis: Standortmieten, Betriebskosten, Hardwarekosten, Kosten für Sicherheitsmaßnahmen sowie für Geldversorger und Servicetechniker, zählt die Firma auf. Alle diese Summen unterliegen außerdem inflations- und tarifbedingt entsprechend starken Kostensteigerungen. Schäfer: „Die Zinskosten, die bis Mitte 2022 durch die Niedrigzinsphase kaum eine Rolle spielten, sind durch die Leitzinserhöhungen der letzten 20 Monate durch die Decke gegangen. Ebenso die Stromkosten. Hinzu kommt das steigende Risiko durch Kriminelle.“ Anders als viele Bankinstitute nutze man grundsätzlich zertifizierte Tinten-Einfärbsysteme und zusätzlich standortabhängig weitere Sicherheitsmaßnahmen.
Alle diese Faktoren haben dazu geführt, dass die Standardgebühr Ende 2022 von fix 4,95 Euro je Abhebung bis zu einem Betrag von 500 Euro auf inzwischen fix 5,95 Euro erhöht wurden. Schäfer: „Mit den 4,95 Euro lagen wir auf einem durchschnittlichen Banken-Niveau für Fremdkundenabhebungen. Auch Genossenschaftsbanken, Sparkassen oder Privatbanken nehmen bis zu sechs Euro und mehr an dem einen oder anderen Standort. Das ist sehr unterschiedlich. Bargeldverfügbarkeit kostet schlussendlich aufgrund der genannten Faktoren Geld.“
Kunden, die bei ihrer Hausbank am Automaten Bares ziehen, zahlen in der Regel für die einzelne Abhebung keinerlei Gebühren. Sie sind in den Kontomodellen enthalten. Inzwischen betreiben die Banken aber aus Kosten- und praktischen Gründen vermehrt gemeinsame Automaten. Beispielsweise unterhalten Sparkasse Hochsauerland und Volksbank Brilon (VerbundVolksbank OWL) in Alme, Bigge, Hoppecke und Madfeld gemeinsame elektronische „Geldesel“. Frank Segref, Sprecher der Volksbank Sauerland: „Insgesamt haben wir bereits 21 Geldautomatenstandorte in Kooperation mit Sparkassen. An diesen Geldautomaten zahlen sowohl die Sparkassen- als auch die Volksbank-Kunden keine Gebühren. Die Gebühr für Fremdkunden wird von jeder Bank individuell festgelegt. Bei uns beträgt diese 5 Euro. Dieser Preis ist nicht an die Höhe des Abhebungsbetrages gekoppelt.“ Bei der Volksbank Brilon sind es laut Sprecher Thorsten Heggen 4,95 Euro. Nutzt der Kunde für die Abhebung eine Kreditkarte, ist die Gebühr vom Preisverzeichnis der jeweiligen Hausbank abhängig.
Bei der Sparkasse Hochsauerland zahlt ein Fremdkunde einer anderen Bankengruppe bei Nutzung inländischer Debitkarten grundsätzlich pro Barverfügung am Geldautomaten ein Entgelt in Höhe von 4,50 Euro. Dem Fremdkunden wird der Gebührenbetrag am Geldautomaten vor der Verfügung angezeigt. Die Transaktion kann immer noch kostenfrei abgebrochen werden. Auch Jennifer Kühne, Bereichsleiterin Vertriebsmanagement bei der Sparkasse Hochsauerland erklärt, der Aufwand für das Betreiben eines Geldautomaten sei hoch. „Er setzt sich zusammen aus Miete, Wartung und Befüllung, Einhaltung gesetzlicher Vorgaben, Kosten für Strom und Rechenzentrumsleistung, Datenleitungen, Alarmanlage und Videoüberwachung, Versicherung und ganz aktuell auch aus dem Thema Umrüstungen oder Verlegung von Standorten. Dies ist aus Sicherheitsgründen notwendig.“
Kreditkartennutzung auf den ersten Blick günstiger
Der private Automatenbetreiber „call & cash“ legt Wert auf die Feststellung, dass man an seinen Automaten nur Geld abheben kann; andere Dienstleistungen wie Kontenanzeige oder Überweisungen sind nicht möglich. Auf den ersten Blick günstiger kann es sein, wenn man an diesen Automaten nicht die EC-, sondern die Kreditkarte nutzt. Schäfer: „Abhebungen mit inländischer Kreditkarte sind für den Kunden an unseren Automaten kostenlos, allerdings kann je nach kartenausgebender Bank eine Gebühr durch die Bank anfallen.“ So werben Direktbanken damit, dass ihre eigenen Kunden kostenlos ab 50 Euro überall in Deutschland Bargeld abheben können und weder Abhebegebühr noch Bankgebühr zahlen müssen. Schäfer: „Wer Kunde einer Filialbank – also einer Sparkasse oder Volksbank ist – muss je nach Preisverordnung mit zwei Prozent, mindestens aber sechs oder acht Euro für jede Abhebung rechnen. Diese Preisregelungen sind bankenindividuell. Davon haben wir als Leistungserbringer leider nichts.
Persönliches Fazit
Tja, was soll ich sagen? Die 5,95 Euro haben mich im ersten Moment geärgert. Aber bei näherer Betrachtung ist es meine Schuld, dass ich mein Portemonnaie nicht eher bei meiner Hausbank befüllt habe. Und dass der Anbieter für seinen Service eine Entlohnung bekommen muss, leuchtet mir ein. Geld zu besitzen, kostet eben auch Geld…