Brilon. Der Missbrauchsfall Freistühler wirft ein Schlaglicht auf das Handeln der damals Beteiligten: Auch das Ministerium konnte ihn nicht stoppen.

Im Fall Alfons Freistühler, der in den letzten Wochen für Aufsehen sorgte, kommen immer weitere Details ans Tageslicht. Eine wichtige Stimme meldet sich zu Wort: Gereon Fritz, ehemaliger Schüler des Petrinums, erinnert sich an die umstrittene Zeit, als Freistühler im Jahr 1963 an die Schule kam. Fritz gibt Einblicke in die damaligen Kontroversen, die sich um die Besetzung des umstrittenen Pädagogen rankten.

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„Als ich mein Abitur am Petrinum abgelegt habe, war Herr Freistühler noch nicht an der Schule. Er kam erst 1963 zu uns“, berichtet Fritz. „Ich erinnere mich jedoch daran, dass Freistühler von Anfang an umstritten war. Es gab einen Streit zwischen der Kirche und der Politik, der mit seiner Besetzung zusammenhing.“

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Fachliche Eignung stand in Frage

Fritz erinnert sich weiter: „Nicht alle waren mit der Entscheidung, Freistühler einzustellen, einverstanden. Es gab sogar eine große Versammlung in der Schützenhalle, die der Causa Freistühler gewidmet war.“ Besonders wurden die fachlichen Qualitäten von Freistühler in Frage gestellt. „Viele Zweifel wurden an seiner fachlichen Eignung geäußert“, erinnert sich Fritz. Die Kritik an Freistühlers Kompetenz deutet darauf hin, dass es Bedenken hinsichtlich seiner Eignung als Lehrkraft gab.

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Ob diese Bedenken durch nachweisbare Mängel oder Meinungsverschiedenheiten im pädagogischen Ansatz verursacht wurden, bleibt ist bis jetzt jedoch unklar. Trotz der kontroversen Diskussionen und der öffentlichen Versammlung hat Fritz keine Kenntnis von Missbrauchsvorwürfen gegen Freistühler. „Von solchen Vorwürfen habe ich jedoch nichts gehört“, betont er. Laut dem Kleve Blog gab es verschiedene Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Alfons Freistühler, der im Jahr 1970 von Brilon (Sauerland) nach Kleve versetzt wurde. In seinem Buch, das 2019 veröffentlicht wurde und sich mit dem Umgang der Schule und Aufsichtsbehörden mit dem offensichtlich gewalttätigen Lehrer Wilhelm Michels befasst, schreibt Hans Bernd Jerzimbeck über Freistühler: „Allein schon durch seine Vorgeschichte während seiner Zeit als Direktor in Brilon zwischen 1963 und 1970 war der neue Direktor Alfons Freistühler ungeeignet, die Besserung der Situation am staatlichen Gymnasium in Kleve weiterzuführen.“

Vom Dienst freigestellt

Jerzimbeck merkt an, dass diese Einschätzung unabhängig davon ist, warum Freistühler diese sechs Jahre in einer Ausnahmesituation verbracht hat und ob er daran Schuld hat. Weiter heißt es in Jerzimbecks Buch: „Während Oberstudiendirektor Freistühlers Amtsführung als Direktor des Gymnasiums Petrinum gab es ‘eine völlige Zerrüttung der Zusammenarbeit zwischen dem Direktor und einem großen Teil des Kollegiums’.“Im Oktober 1968 wurde Freistühler vom Dienst freigestellt, und im folgenden Schuljahr 1969/70 wurde seine Arbeitszeit auf drei Gymnasien in Paderborn aufgeteilt. In einem Aktenvermerk des Schulkollegiums aus dem Dezember 1969 wird zur weiteren Verwendung von Freistühler festgehalten: „Bei der Übernahme der Leitung einer anderen Schule würde er, so führten wir aus, wegen überall bekannt gewordener Vorfälle in Brilon eine derartig große Hypothek mitschleppen, so daß keine ausreichende Basis für einen guten Neuanfang gegeben sein könnte.“

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Freistühler schrieb an das Schulkollegium beim Regierungspräsidenten in Münster und bat um Verständnis: „Ebenso erwarte ich von Ihnen menschliches Verständnis, wenn ich Sie bitte, mich mit einer Schulleiterstelle zu betrauen. Damit hätten Sie Gelegenheit festzustellen, ob ich fachlich und menschlich zu einer solchen Aufgabe befähigt bin.“ Kultusminister Fritz Holthoff versetzte Freistühler auf Weisung nach Kleve. Es gab sogar nachträglich noch Einwände gegen diese Entscheidung aus dem Ministerium.