Brilon. Auch in Krisenzeiten muss der Caritasverband Brilon verlässliche Hilfen für die Menschen anbieten und für ein Blackout-Szenario gerüstet sein.

Krieg, Corona, Inflation, gesellschaftliche Spaltung, Energie- und Kirchenkrise: „Was ist unsere Rolle als Caritas in diesen Zeiten“, fragte Caritasratsvorsitzender Ludwig Albracht zum Auftakt der elften Delegiertenversammlung des Caritasverbandes Brilon. Antworten auf diese Frage gab es im Tätigkeitsbericht, den Caritas-Vorstand Heinz-Georg Eirund vorstellte.

Mobiler Beratungsbus für Menschen in Notlagen

„Wir müssen in diesen harschen Zeiten den Menschen verlässliche und handfeste Hilfen anbieten“, sagte Vorstand Heinz-Georg Eirund. Hilfen, die ganz konkret und an den Bedürfnissen ausgerichtet sind. Dazu zählen beispielsweise die Warenkörbe oder die Flüchtlingshilfe durch Beratungsangebote und auch durch die Aufnahme von Geflüchteten.

Dass trotz Krisengemenge die Entwicklung der Caritas Brilon fortgeschrieben wird, zeigte der Blick auf aktuelle Projekte Seit August gehört der Kindergarten Regenbogen in Oesdorf zum Caritasverband Brilon und wird zukünftig auch ein Standort der Interdisziplinären Frühförderung sein. Seit November ist das neue Cari-Mobil in allen Städten des Altkreises Brilon unterwegs. Der mobile Beratungsbus bietet Erstberatungen für alle Not- und Lebenslagen an. In der Briloner Gartenstraße wurden barrierefreie Mietwohnungen für Senioren gebaut und in Medebach ist eine Senioren-Wohngemeinschaft geplant. In den Caritas-Werkstätten St. Martin gibt es die Peer-Beratung, ein Beratungsangebot von Menschen für Menschen mit Behinderungen. Seit dem Frühjahr gibt es eine Stabsstelle zur Digitalen Transformation und seit Juni hat der Caritasverband Brilon neue Kanäle auf Instagram und Facebook.

Corona bestimmt immer noch den Alltag

Mit Blick auf die Steuerung und auch Sicherung des Caritasverbandes Brilon mit 1200 Mitarbeiter/innen in 60 Diensten und Einrichtungen ist Corona immer noch Thema. „Gefühlt leben wir in zwei Welten, da in unseren Einrichtungen Corona den Lebens- und Arbeitsalltag noch immer mitbestimmt“, sagte Heinz-Georg Eirund. Ein fader Beigeschmack bleibt beim Thema der einrichtungsbezogenen Impfpflicht. „Da hätten wir uns einen offeneren und klarer kommunizierten Prozess in Form einer Gesetzesänderung gewünscht. Jetzt erscheint es so, als solle die einrichtungsbezogenen Impfpflicht möglichst lautlos ausschleichen“, kritisierte Vorstand Eirund.

Krisenprävention

Neben der Pandemie-Steuerung wurden im Frühjahr weitere Fachgruppen für die Krisenprävention und das Risikomanagement gebildet. Infolge des Angriffskrieges auf die Ukraine sind Energiesicherheit, Inflation und Lieferketten besonders sorgsam zu betrachten. So wurden Fachgruppen für die Komplexe Betriebsgebäude, Gebäudetechnik, Energie / Einkauf und Mitarbeiter/innen eingerichtet. „Um unsere Mitarbeiter/innen finanziell etwas zu entlasten, geben wir einen Benzinkostenzuschuss. Außerdem hat die Caritas Brilon einen Dienstgeber-Sozialfonds, durch den wir in existenziellen Krisen durch Einzelfallhilfen unterstützen können“, so Eirund.

Um für mögliche Worst-Case-Szenarien gerüstet zu sein, wurden Wärmeplatinen für die Wohnangebote angeschafft. Auch der Einkauf und die Bevorratung von Lebens- und Hygienemitteln wurden angepasst. „Im Notfall können wir unsere sechs Werkstattstandorte auf einen Standort zusammenlegen, um einen Teil der Betreuung und einen Teil der Produktion aufrechtzuerhalten“, sagte Eirund. Ebenso wurde eine Steuerungsgruppe gegründet, um einen Plan B zur Hand zu haben, sollte ein Blackout-Szenario eintreten. „Im Durchschnitt erfahren pro Tag 5000 Menschen Begleitung, Hilfe und Pflege durch die Caritas Brilon. Auch deswegen wollen wir so gut wie möglich gewappnet sein“, betont Eirund.

5,7 Millionen Euro im Monat

Die Herausforderungen sind auch für das Sozialunternehmen Caritas Brilon enorm: Der monatliche Finanzbedarf liegt bei 5,7 Millionen Euro, die zu 96 Prozent aus leistungsrelevanten Erträgen erwirtschaftet werden müssen. Die Finanzierung der sozialen Angebote aus Kirchensteuermitteln beträgt 0,7 Prozent des Gesamthaushaltes des Caritasverbandes Brilon.

Als direkter Anbieter sozialer Hilfen steht die Caritas Brilon am Ende der Finanzierungskette. „Wir verhandeln turnusmäßig mit Kostenträgern wie Pflege- und Krankenkassen oder auch dem Landschaftsverband die Refinanzierungen unserer Leistungen“, erklärt Heinz-Georg Eirund. Aufgrund der enormen Schnelligkeit und Komplexität des Krisengemenges stehen die Leistungsverhandlungen in der Bredouille zwischen Plan- und Echtzeit-Szenarien.

Sicherung von Gesundheits- und Hilfsangeboten

Caritas-Vorstand Eirund fordert von der Politik schnelle Entscheidungen zur Sicherung von Gesundheits- und Hilfeangeboten sowie von den Kostenträgern deren zeitnahe, transparente und wirksame Umsetzungen. Er sieht dafür zwei Wege: Entweder die Kostenträger erhöhen die Vergütung oder der Staat stützt die Sozialsysteme durch Rettungsschirme. Gebe es keine Rettungsschirme, müssen Bewohner und Angehörige beispielsweise von Pflegeeinrichtungen durch die Anhebung von Sozialleistungen in Form von Pflegewohngeld gestützt werden.

„Die Mehrkosten dürfen nicht dazu führen, dass Pflegeleistungen oder die Wohnqualität eingeschränkt werden, dass zu Pflegende nicht ausreichend versorgt werden oder dass Angehörige völlig überlastet sind. Pflegebedürftigkeit darf nicht zur Armut führen. Aber auch den hauptamtlichen Mitarbeiter/innen darf keinesfalls noch mehr aufgebürdet werden“, fordert Heinz-Georg Eirund.