Hochsauerlandkreis. Nach dem Fall in Attendorn, bei dem ein Mädchen jahrelang eingesperrt war, äußert sich das HSK-Jugendamt. So bearbeitet es anonyme Hinweise:

Der Fall eines achtjährigen Mädchens aus Attendorn hat für großen Wirbel gesorgt. Acht Jahre lang war das Kind eingesperrt gewesen und nur durch anonyme Hinweise an das Jugendamt konnte es zuletzt befreit werden. Für Diskussionen sorgt die Tatsache, dass das Jugendamt schon lange vor der Befreiung des Mädchens Hinweise auf den Verbleib bekommen habe, aber nicht in das Haus der Familie eintreten durfte. Ganz so einfach ist das auch nicht, wie Bernd Wagner (Jugendamtsleiter des HSK) und Mirjam Schlüter (Qualitätsmanagement) sowie Berthold Assheuer (Fachbereichsleitung Bildung, Integration und Jugend im HSK) bestätigen.

Gleich drei Mitarbeiter schauen auf Hinweise, die beim Jugendamt im HSK eingehen

Jugendamtsleiter im HSK, Bernd Wagner, weiß nicht, wie sich der Fall des Mädchens aus Attendorn auf die Arbeit der Jugendämter auswirken wird.
Jugendamtsleiter im HSK, Bernd Wagner, weiß nicht, wie sich der Fall des Mädchens aus Attendorn auf die Arbeit der Jugendämter auswirken wird. © WP | HSK
 Mirjam Schlüter ist zuständig für die Jugend im HSK.
Mirjam Schlüter ist zuständig für die Jugend im HSK. © WP | HSK

Rund 245 Hinweise – anonym oder nicht – sind 2021 beim HSK-Jugendamt eingegangen. 2020 waren es 229, 2019 waren es 203 Fälle. 2018 lag die Zahl bei unter 200, bei 190 Hinweisen. „In diesem Jahr waren es Stand jetzt 233 Hinweise, wir werden also auch in diesem Jahr definitiv über 240 Hinweise kommen“, erklärt Bernd Wagner. Ob die Zahl durch die Pandemie und die einhergehenden Lockdowns nach oben gegangen ist, diesen Zusammenhang kann Wagner nicht ziehen. Meldungen an das Jugendamt gehen in der Regel nicht immer anonym oder nur von Nachbarn ein, die etwas beobachtet haben. Hinweise kommen von Kitas, Schulen, Jugendeinrichtungen, Kinderärzten oder der Polizei. „Jede Meldung ist wichtig, egal ob Bürger oder Einrichtungen diese abgeben. Mit jedem Hinweis wird sensibel umgegangen“, so Wagner. Geht eine Meldung beim Jugendamt des HSK ein, wird diese in jedem Fall erfasst. Innerhalb von 24 Stunden maximal müssen mindestens drei Kräfte des Jugendamts die Meldung bearbeiten. Wie dann weiter vorgegangen wird, ist individuell und kommt auf die eingegangenen Infos an. „Haben wir Kenntnis über das Alter, die Wohnsituation etc. Dann wird über die Vorgehensweise entschieden.“ Mirjam Schlüter ergänzt: „Nicht alle Meldungen haben aber eine Kindeswohlgefährdung als Hintergrund, vielleicht sind es rund 40 Prozent der Meldungen.“

Privater Wohnraum ist schwer zu betreten – gerade für das Jugendamt im HSK

Den privaten Wohnraum zu betreten ist allerdings nicht so einfach für das Jugendamt. „Wohnraum ist privat und nicht zugänglich. Wenn das Jugendamt oder die Polizei konkrete Hinweise haben, müssen diese vor dem Familiengericht vorgebracht werden. Das entscheidet dann darüber, ob wir den Wohnraum betreten dürfen. Wir als Jugendamt dürfen nicht gegen den Willen der Familie einfach das Haus oder die Wohnung betreten“, erklärt Wagner.

Auswirkungen des Falls aus Attendorn auf HSK unklar

Ob sich der Fall aus Attendorn auf die Arbeit der Jugendämter auswirken kann oder wird, will Bernd Wagner noch nicht beurteilen. Doch es gibt einen Fall aus Winterberg, der damals die Arbeit des HSK-Jugendamtes nachhaltig verändert hat: Die zehnfache Mutter au Winterberg, die u.a. wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt gewesen war. Ihr 25 Monate alter Sohn war gestorben, weil er massiv unterernährt war. Die neun Monate alte Schwester war ebenfalls in einem schlechten Pflege- und Ernährungszustand, war aber noch gerettet worden. Damals wurde die dezentrale Arbeit des Jugendamtes umgekrempelt. So ist es nicht mehr in jeder Kommune vertreten, sondern nur noch in Brilon, Meschede und Olsberg/Winterberg. „Der konkrete Plan ist, die Arbeit dann auf Winterberg zu konzentrieren“, sagt Bernd Wagner. „So kann eine Meldung kurzfristig im Team durchgeführt werden. Von vorneherein ist gewährleistet, dass viele Augen draufschauen.“ Weitere Vorteile sind die intensivere Bearbeitung der Fälle und die Zusammenarbeit. Bei jeder Meldung fahren zwei Mitarbeiter gemeinsam raus. „Diese Entwicklung ist in allen Jugendämtern zu beobachten“, so Mirjam Schlüter. Zusätzlich werde derzeit eine externe Personalvermittlung eingeführt um die Personalausstattung zu überprüfen. Eine Überforderung des Personals soll so verhindert werden – um Fälle wie die aus Attendorn schnellstmöglich zu erkennen und zu verhindern.