Brilon. André Stielicke hat die „Stadt Schenke“ wiedereröffnet. Wie er sich von dem Frank-Rosin-Debakel lösen will und was er den Brilonern verspricht.

Nach allem, was die Briloner Stadt Schenke allein in den letzten zwei Jahren erlebt hat, ist es kaum verwunderlich, dass sie neugierige Blicke anzieht. Denn: Nachdem der beliebte Peter Müller in den Ruhestand gegangen und Fernsehkoch Frank Rosin durch das Lokal gefegt ist, hat das Restaurant wieder einen neuen Betreiber. Mit André Stielicke zieht ein bayerisches Konzept in die urige Kneipe. Doch der Gastronom hat erstmal einige Herausforderungen zu bewältigen.

Von Winterberg nach Brilon: Betreiber gehört auch das Big Mountain

Über dem Ausschank hängt ein Bullenkopf, das Holz ist dunkel lackiert. Helle Holzstühle reihen sich um die Tische, das Licht ist freundlich. Im hinteren Bereich pfeift Daniela Liebig, Wirtin der Stadt Schenke, und macht sauber. An ihrer Schürze hängt ein Namensschild aus Holz, Dani steht darauf. Zusammen mit ihrem Patenkind André Stielicke ist sie das neue Gesicht hinter der Bar der Stadt Schenke. André Stielicke selbst hat einen festen Händedruck und ein Grinsen im Gesicht, als er sich setzt um über sein neues Projekt zu sprechen. Er bringt Erfahrung mit, einige sogar, denn er betreibt ebenfalls das Big Mountain in Winterberg und weitere Gastronomien, beschäftigt mit seinem Gastro-Unternehmen über 40 Mitarbeiter. „Wir mussten im Wittgensteiner Land leider eine Gastronomie schließen und waren auf der Suche nach etwas Neuem. Über unseren Partner, die Veltins-Brauerei, sind wir auf die Stadt Schenke gestoßen“, erklärt Stielicke. Während er spricht, bleibt ein Mann stehen und reckt den Hals, um durch das Fenster zu linsen. „Ich kann eigentlich jeden Tag die Scheiben putzen, die drücken sich die Nase platt“, sagt André Stielicke.

Frank Rosin hat in der Stadtschenke Brilon versucht, dem damaligen Betreiber Volker Scherney zu helfen. Vergeblich.
Frank Rosin hat in der Stadtschenke Brilon versucht, dem damaligen Betreiber Volker Scherney zu helfen. Vergeblich. © Monika Wiegelmann | Monika Wiegelmann

Frank Rosin soll Briloner Stadtschenke retten, doch Volker Scherney fasst nicht Fuß

Kein Wunder. Nachdem der beliebte Gastronom Peter Müller, der die Stadtschenke damals zum Traditionslokal und dem Stammlokal der 4. Kompanie der Schützen in Brilon ausbaute, die Gastronomie übergeben hat, ist einiges passiert. Volker Scherney übernahm das Lokal, geriet in Schwierigkeiten – und rief den Fernsehkoch und Restaurantretter Frank Rosin zu Hilfe. Doch bei den Dreharbeiten kracht es und auch nach der Ausstrahlung gelingt es Scherney nicht, dauerhaft Fuß zu fassen. Er schließt das Lokal. André Stielicke haucht ihm nun neues Leben ein – und einen anderen Duft. „Hier mussten wir erstmal den alten Muff entfernen. Es sah verheerend aus“, sagt Stielicke. „Wir haben viel Dreck vorgefunden und anderthalb Wochen jeden Tag geputzt. Im Keller lagerten schlussendlich zwei Container Müll.“ Und das, obwohl Kabel eins mit einem ganzen Renovierungsteam anrückt? „Das gleicht eher einem Kölschen Wisch. Vorne haben sie alles top gemacht, aber hinten wurde die Farbe nur versprüht, Fensterscheiben mit Farbe bekleckst.“

Ukrainische Flüchtlinge können in der Küche mitkochen – auf Englisch

André Stielicke entscheidet sich dazu, auch die Küche komplett zu sanieren und auszutauschen. Dank seiner langjährigen Partner schafft er es, trotz langer Lieferzeiten, die Küche rechtzeitig – und zwar einen Tag vor der Eröffnung – einbauen zu lassen. Hier kocht in der Anfangszeit André Stielicke selbst, der gelernter Koch ist. „Ich schaue immer gerne am Anfang, ob auch alles rund läuft und ob es irgendwo hakt.“ Gekocht wird in den Küchen von Stielicke auf Englisch. Das ermöglicht ihm, sein Team gut aufzustellen. „Wir arbeiten mit ukrainischen Flüchtlingen, helfen ihnen bei Behördengängen und dabei, hier ein Leben aufzubauen. Wir haben auch Kellner aus Mazedonien.“ Das Problem des Personalmangels hat er dadurch nicht. Das Team in der Stadt Schenke ist vollständig.

Bayerisches Konzept mit Haxe und Steak für Briloner Gäste

Bayerisch soll es werden, ein bisschen. „Wir wollen klassischer Gastgeber sein, ein wenig wie im Brauhausstil. Man kann an der Bar etwas trinken, kann aber auch etwas essen. Unser Gasthaus soll gemütlich und einladend sein.“ Die Karte bietet neben Flädlesuppe oder Lachs-Rösti zur Vorspeise fleischlastige Hauptspeisen. Schnitzel, Burger, aber auch Braumeistergulasch, Haxe oder Opa Jups Frikadelle. Dennoch, Schnitzel wird alternativ vegetarisch angeboten, Burger auch vegan. Zum Nachtisch wird rustikaler Apfelstrudel geboten. „Wir haben uns gefragt, was zu den Gäste vor Ort passt, was zu dem Ort passt, der Geschichte und der Straße“, erklärt André Stielicke. Vergleiche wir mit Peter Müller lehnt er ab. „Das war seine Zeit, jetzt kommt unsere.“ Trotzdem, die 4. Kompanie sei nach der stillen Eröffnung vor zwei Wochen schon vorbeigekommen – und habe das Lokal wieder zum Stammlokal ernannt. „Das freut uns natürlich sehr. Jetzt ist die größte Herausforderung nur, marketingtechnisch durchzustarten und die Vergangenheit mit Rosin hinter uns zu lassen.“