Scharfenberg. Vor 175 brennt fast ganz Scharfenberg nieder. Der Ort liegt in Schutt und Asche. Beim Wiederaufbau wird nichts dem Zufall überlassen.
Es ist nur ein Zufall: Das Gerätehaus der Scharfenberger Feuerwehr steht genau auf dem Grundstück, auf dem am 27. Mai 1847 jener verheerende Brand seinen Ursprung hatte, dem fast das ganze Dorf zum Opfer fiel. 73 Wohnhäuser, elf Anbauten, sechs Scheunen, 13 Ställe und die Mahlmühle wurden ein Raub der Flammen, drei Menschen starben. Morgen, Christi Himmelfahrt, gedenkt das Dorf seinem Schicksalstag.
Scharfenberg, das war damals ein Haufendorf. Zentrum war die Kirche, ein paar Häuser befanden sich unterhalb im Siepen, die meisten ballten sich dicht an dicht zwischen Klussiepen, Kälberkamp und der heutigen Peter-Knaden-Straße oberhalb der heutigen Ortsdurchfahrt.
An jenem 27. Mai 1847, so hat es Amtmann Frettlöh festgehalten, habe „die Ehefrau Schmelzer“ bei der Zubereitung des Mittagessens „ein starkes Feuer unterhalten“ und er vermute, dass davon „einzelne Teile vom offenen Herde aufsteigend den Weg durch Öffnungen in der Boden-Bedielung gefunden, sich daselbst befindlichen leichten Stoffen mitgeteilt und so die schrecklichste Feuersbrunst, welche seit vielen Jahren in hiesiger Gegend vorgekommen ist, veranlasst haben“ - so jedenfalls überliefert es Dorfchronist Wilfried Finke in seinen „Geschichten aus Scharfenberg“.
Alter Ort bot „finstren Anblick“
Ein starker Südostwind habe dann „wie ein großes Gebläse“ die Flammen vom Kälberkamp hinab zur Kirche über die Mühlteiche bis ins Siepen getragen. Innerhalb von einer Stunde, so berichtete es das Briloner Wochenblatt, habe der Ort in Schutt und Asche gelegen.
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Für Rudolf Kraft (1923-1993), bis zur kommunalen Neugliederung 1975 Bürgermeister in Scharfenberg und kurzzeitig Landrat des Kreises Brilon und danach bis 1989 stv. Landrat des HSK, hatte die Katastrophe mit zeitlichen Abstand betrachtet auch eine positive Seite: Der Plan zum Wiederaufbau des Ortes sei „ein Segen für die weitere Entwicklung des Dorfes“ gewesen.
Denn der wurde nicht den Einwohnern und nicht dem Zufall überlassen. Maßgeblich war damals die Feuerpolizeiliche Verordnung für die Provinz Westfalen von 1841. Deren § 23 gab vor, dass „nach beträchtlichem Brande“ die gänzliche oder teilweise Herstellung der Ortschaften, die Anlegung neuer Straßen nur nach einem von der Königlichen Hochlöblichen Regierung erfolgen dürfe.
Heute sind in Scharfenberg 1295 Einwohner mit Hauptwohnsitz gemeldet
Damit beauftragt wurde der Wegebaumeister und Communal-Bau-Conducteur Plate aus Brilon - und für den hatte das alte Scharfenberg einen „finstren Anblick“ geboten: „Von welcher Seite auch das Auge des Beobachters einen Blick auf dasselbe werfen mochte, überall begegnete es Häuserkomplexen, welche chaotisch durcheinander geworfen, ohne irgendeine Verbindung miteinander den Regeln der Symmetrie und den leisesten Anforderungen des guten Geschmacks schnurstracks entgegenstanden. Um es in kurzen Worten anzudeuten: Die Lage Scharfenbergs war so übel gewählt, dass diese den Einwohnern selbst bald ins Auge springen müsste.“ zitiert Rudolf Kraft in seinem Buchbeitrag den Briloner Wegebaumeister.
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Das neue Scharfenberg entsteht auf der Gemarkung Hinter den Zäunen - das ist in etwa der Bereich von der Peter-Knaden-Straße über die Franz-Rinsche-Straße bis zur Bergstraße. Drei Straßenzüge erstrecken sich parallel am Hang entlang, heute die Untere, die Mittlere und die Obere Straße. Die größten Grundstücke liegen an der Mittleren Straße. Sie war damals als Ortsdurchfahrt vom Möhnetal nach Altenbüren geplant. Im rechten Winkel angesetzte Querstraßen rastern das neue Wohngebiet - bis heute, so Ortsvorsteher Lukas Wittmann, gehen darüber vor allem bei Auswärtigen die Meinungen auseinander.
Heute zieht sich die Ortslage über rund 1300 Meter von der Von-Weichs-Straße am Ortseingang aus Richtung Altenbüren bis in die Mark in Richtung Möhnetal, etwa 370 Meter sind es von der Unterstraße hoch zum Schultenkamp. Heute sind in Scharfenberg 1295 Einwohner mit Hauptwohnsitz gemeldet.
Rund 40 Aktive hat die Löschgruppe
Die Stelle, an der vor 175 Jahren der verheerende Brand ausbrach, ist heute Teil des Dorfrundgangs und des Geschichtsparks des Briloner Heimatbundes Semper Idem. Dort, in der Mittleren Straße, befindet sich heute das Gerätehaus des Löschzugs Scharfenberg. Zum Glück, sagt stv. Löschzugführer Heiko Schluer, liege der letzte Brand im Dorf lange zurück, das sei in den 80er Jahren gewesen, bei einer ortsansässigen Firma. „Heute sind es andere Einsätze“, sagt Schluer.
Technische Unterstützung, Waldbrände oder wie jüngst Ostern, als jemand das Osterfeuer vorzeitig abfackeln wollte. Rund 40 Aktive hat die Löschgruppe, Nachwuchssorgen habe man nicht, sagt Schluer, obwohl es im Dorf ja keine Jugendfeuerwehr mehr gebe. Heute kämen die 17-, 18-Jährigen quasi als Quereinsteiger zur Feuerwehr. Aber: Man müsse sich schon um den Nachwuchs kümmern, sagte er. Dazu soll am Donnerstag (26. Mai) der Tag der Offenen Tür einen Beitrag leisten. Also hin!
Christi Himmelfahrt Gedenktag und Tag der offenen Tür
Gedenktag und Tag der offenen Tür am 26. Mai finden auf dem ehemaligen Schulhof statt. Um 9.30 Uhr beginnt dort eine Messe unter freiem Himmel, in der Ortsvorsteher Lukas Wittmann, der Beigeordnete der Stadt Brilon, Reinhold Huxoll, der Leiter des Museums Haus Hövener, Carsten Schlömer und Löschgruppenführer Dirk Schulte die Geschehnisse jenes Tages aus örtlicher, historischer und feuerwehrtechnischer Sicht beleuchten. Musikalisch umrahmt wird der Tag von dem Blasorchester „Die Scharfenberger“ und DJ Mr. X. Es gibt eine Fahrzeugschau der Feuerwehr, Kinderspiele, eine Hüpfburg; für das leibliche Wohl ist natürlich auch gesorgt.