Marsberg. Der Pakistaner Yasir Ahmad ist wegen seines Glaubens aus seiner Heimat geflüchtet. In Marsberg erfährt er ein Leben in Religionsfreiheit.
„Ich habe eine bemerkenswerte Zeit mit Religionsfreiheit und moralischen Werten in Deutschland verbracht. Deshalb möchte ich der deutschen Nation, der Regierung und der Stadt und den Bürgern von Marsberg im Namen der Ahmadiyya-Muslim-Jamaat danken“, schreibt Yasir Ahmad in seiner Mail an Bürgermeister Thomas Schröder.
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Diskriminierung und Hass in der Heimat
Und weiter: „Deutschland gab mir religiöse Unabhängigkeit, eine Chance, ein gutes Leben zu führen. Das konnte er in seiner Heimat Pakistan nicht, „weil die muslimische Ahmadiyya-Gemeinschaft in Pakistan ständiger Diskriminierung, Hass und Anschuldigungen gegen ihre Religion ausgesetzt ist, die jeden Ahmadi zwingen, sein Land zu verlassen“, schreibt er weiter. So auch ihn.
Als Bürgermeister Thomas Schröder die Dankesmail zum Ende der jüngsten Sitzung des Stadtrates Marsberg verliest, ist es mucksmäuschenstill unter den Ratsleuten im großen Saal der Schützenhalle.
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Große Dankbarkeit
Yasir Ahmad hat 2015 Asyl in Deutschland beantragt. Seit dem 1. Juli 2015 bis zum 30. Januar dieses Jahres hat er in Marsberg gelebt. Seine Ehefrau hat in Holland Asyl beantragt. Vor wenigen Wochen ist er zu ihr in die Niederlande gezogen. „Ich schätze Ihre Regierung sehr und bin Ihnen sehr dankbar für ihre Gastfreundschaft“, beendet er seinen Brief an die Marsberger.
Die Ahmadiyy Muslim Jamaat
Die Ahmadiyy Muslim Jamaat, wie sie Religionsgemeinschaft offiziell heißt, wurde 1889 in Indien gegründet. Mit ihren bis zu 12 Millionen Mitgliedern in über 204 Ländern ist sie die weltweit größte Gemeinschaft organisierter Muslime.
Allerdings stellen sie in keinem islamischen Staat die Mehrheit. Im Gegenteil, überall finden sie sich als Angehörige einer Minderheit.
Sie ist die einzige islamische Bewegung, die mittlerweile seit mehr als 100 Jahren von einem rein spirituellen Khalifat geleitet wird. Unter dem Vorsitz ihres Kalifen, der auf demokratische Art gewählt wird, tritt sie ein für die ursprünglichen Werte des Islam:
In Deutschland hat die Ahmadiyya-Gemeinde eigenen Angaben zufolge rund 40.000 Mitglieder Sie unterhält deutschlandweit über 50 Moscheen mit Minarett und Kuppel und etwa 225 lokale Gemeinden sowie einen TV-Sender und einen Verlag. Ihr Hauptsitz befindet sich in London.
Die Situation in Pakistan
Yasir Ahmad ist 34 Jahre alt und in Bahawalpur (Pakistan) geboren. Dort hat er schlimmes Leid erfahren wegen seiner Religionszugehörigkeit, erzählt er im ziemlich guten Deutsch am WP-Telefon. Zwei seiner Cousins und ein Onkel wurden aufgrund ihres Ahmadi-Daseins ermordet. „Als Ahmadi hatte auch ich viele Schwierigkeiten während meiner Ausbildung und Arbeit.“ Auch seine Brüder hätten ihr Geschäft wegen ihres Glaubens verloren. Er sah für sich und seine Ehefrau letztendlich keine Zukunft mehr in seinem Heimatland Pakistan. „Ahmadis haben in Pakistan keine menschlichen und religiösen Rechte“, erzählt er. Er hat seine Arbeit verloren und er musste „lebensbedrohliches Verhalten seiner Mitmenschen“ erdulden.
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Breite Unterstützung
Viele seiner Freunde hatten bereits ihre Heimat verlassen und leben in Deutschland. „Sie erzählten mir, dass Deutschland das beste Land für Ahmadi-Muslime ist, um den Glauben frei leben zu können.“ Also beschloss er, auch noch Deutschland zu gehen und um Asyl zu bitten. Seine Brüder finanzierten ihm Visa- und Flugkosten. Noch ganz überwältig ist er auch heute noch von der breiten Unterstützung, die er direkt bei seiner Ankunft in Marsberg „erfahren durfte“. „Alle waren so sehr hilfsbereit, dass tat mir gut und damit habe ich nicht gerechnet“, sagt er. Er möchte sich nochmals bedanken bei der Marsberger Flüchtlingshilfe, ganz besonders bei dem Ehepaaren Ute und Jörg Schünemann, Marietheres und Günter Schröder bei Hanns Runte, dem damaligen Ordnungsamtsleiter und dem evangelischen Pfarrer Markus Pape.
Arbeitserlaubnis nach drei Jahren
Yasir Ahmad wohnte in der Flüchtlingsunterkunft am Rennufer und er lernte Deutsch bei der VHS in Marsberg. Nach drei Jahren bekam er eine Arbeitserlaubnis. Danach hat er im Sägewerk Röleke angefangen zu arbeiten. Vier Jahre war er dort beschäftigt und hat auch heute noch guten Kontakt mit Björn Röleke. Nie werde er den Moment vergessen, so Yasir Ahmad weiter, als er in Meschede zum ersten Mal in die Ahmadiyya-Moschee ging und niemand ihn daran hintern wollte. „Meine Augen füllten sich mit Tränen.“ Dafür schätze er die deutsche Regierung und das Volk sehr: „Ich bin dem Land überaus dankbar.“
Am 23. September 2021 bekam er einen positiven Aufenthaltsstatus, vergessen war „die schlimme Zeit in 2017, als er wegen der Dublin-Abkommen nach Italien abgeschoben wurde. Geholfen haben ihm während der schweren Zeit „meine deutschen Freunde“. Noch heute steht er auch mit Hanns Runte im engen Kontakt.
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Neues Leben in den Niederlanden
Vor einem Jahr fand seine Ehefrau in den Niederlanden Asyl. Jetzt leben sie gemeinsam in der holländischen Stadt Alkmaar. Sie ist Hautärztin. Beide wollen sich dort eine gemeinsame Zukunft aufbauen. „Mir geht es sehr gut“, sagt er. „Danke.“