Marsberg/Korbach. Zwei Männer geben zu, lebensechte Puppen u.a. bei Marsberg im HSK auf Bahngleise gelegt zu haben. Die Zugführer sind noch heute traumatisiert.

Kollisionen mit auf Bahngleisen platzierten menschenähnlichen Puppen ließen am 20. in Bredelar bei Marsberg im Hochsauerland und am 21. Januar bei Volkmarsen im Nachbarkreis Waldeck-Frankenberg Bahnmitarbeiter traumatisiert zurück. Ein Jahr nach den Ereignissen sind ein 23-jähriger Marsberger und ein 21-Jähriger aus Nordwaldeck am Dienstag vom Jugendschöffengericht Korbach dafür verurteilt worden: der Ältere zur eine Haftstrafe von 23 Monaten, der Jüngere zu einer Jugendstrafe 15 Monaten. Beide Strafen wurden zur Bewährung ausgesetzt.

Zugbegleiter: „Es hat einen verändert“

Die Zugführer hatten weder bei Bredelar noch bei Volkmarsen die Chance, den Zusammenstoß zu verhindern, auch wenn sie eine Schnellbremsung auslösten. Dass sie eine Puppe und keinen Menschen überfahren hatten, merkten die Fahrer der Triebwagen zunächst nicht. „Für ihn war es keine Puppe – und für mich auch nicht“, schilderte ein Zugbegleiter, der sich beim Zusammenstoß gerade im Führerstand aufhielt. Er war wie die Zugführer wochenlang arbeitsunfähig und leidet noch immer unter den Folgen der Tat. Der Gedanke, einen Menschen überfahren zu haben, habe ihn aus der Bahn geworfen, umschrieb es der Zugführer, der auf der Strecke nach Volkmarsen unterwegs war: „Man denkt darüber nach. Es hat einen verändert. Ich denke, das wird auch so bleiben.“

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Die beiden jungen Männer gestanden in vollem Umfang, zeigten sich „erschüttert“ von den Schilderungen des Bahnpersonals und baten um Entschuldigung. Wie genau die Idee zur ersten Tat überhaupt entstanden sei, könne er nicht rekonstruieren, berichtete der Marsberger. Die beiden waren auf der Rückfahrt von Paderborn, er war es wohl, der mit dem „Vorschlag“ kam. Corona-Langeweile, einfach mal was erleben wollen, eine Affinität für Blaulicht-Einsätze – er könne nicht mehr sagen, was den Ausschlag gab. Jedenfalls hätten sie „überhaupt nicht über den Zugführer nachgedacht“.

Geständnis und Entschuldigungen strafmildernd

Die selbstgebaute Puppe.
Die selbstgebaute Puppe. © Bundespolizeiinspektion Kassel

Dem Vertreter der Staatsanwaltschaft fiel es schwer, das zu glauben: „Wenn Sie uns glauben machen wollen, dass sie nur von Sachschaden ausgegangen sind, ist das völliger Schwachsinn.“ Als er am nächsten Morgen mitkam, welche Aufmerksamkeit der Fall auf sich zog, habe er es mit der Angst zu tun bekommen, so der Marsberger. Die zweite Tat hätte von der ersten ablenken sollen – und er wisse, wie blöd das klinge. Das Jugendschöffengericht um Richterin Dr. Peter ging mehr von „Blaulichtbegeisterung“ als Tatmotiv aus – oder in den Worten des Staatsanwalts von „Schaulust“ oder „Gaffen“. Beim Angeklagten aus Nordwaldeck kam das Jugendstrafrecht zum Zuge, vorbestraft ist er nicht.

Der Marsberger hatte mehrere kleine Vorstrafen. Geständnis und Entschuldigungen werteten Gericht und Anklage in hohem Maße als strafmildernd. Sie wollen Therapien absolvieren, haben sichere Arbeit und haben ihre Freundschaft beendet. Schwer wog, dass sie in Kauf nahmen, dass Menschen verletzt werden. Sie sollen den Geschädigten je 3000 Euro Schadensersatz zahlen

Medienwirbel nach der Tat

Die unfassbare Tat hatte vor zwei Jahren für einen großen Medienwirbel gesorgt. Die Bundespolizeiinspektion Kassel führte die Ermittlungen und konnte die mutmaßlichen Täter Mitte Februar fassen. Mehrere Bundespolizisten hatten im Auftrag der Staatsanwaltschaft Kassel u. a. die Wohnungen der beiden Männer durchsucht. Dabei stellten die Beamten Beweismaterial sicher. wlz