Hochsauerlandkreis. Immer mehr Kinder erkranken im HSK an dem RS-Virus. Bei schweren Verläufen müssen die Patienten in die Kinderklinik. Doch die ist voll belegt.

Für Kleinkinder kann eine Infektion mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) einen schweren Verlauf nehmen. Jetzt treten immer mehr Fälle im HSK auf. Die Pädiatrien sind voll. Freie Betten sind Mangelwaren. Der Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin in Arnsberg, Bartholomäus Urgatz, möchte auf die aktuell angespannte Situation aufmerksam machen.

Lesen Sie auch: Bauarbeiter aus Olsberg nach Unfall in Klinik geflogen

Erste Fälle im Juni

100 Prozent aller Betten seien aktuell belegt, sagt der Mediziner. „Wir fahren am absoluten Kapazitätslimit“, warnt Urgatz. Die Situation aufgrund der vermehrten RS-Fälle mache wieder einmal deutlich, mit welchen Problemen deutsche Kinderkliniken zu kämpfen hätten, sagt er. Wie alle Viruserkrankungen trete die Infektion in Wellen auf. Im vergangenen Jahr verhinderten Hygiene- und Lockdown-Maßnahmen eine Verbreitung der Viren. Doch in diesem Jahr seien die ersten Fälle bereits im Juni aufgetreten. „Das habe ich bisher noch nicht erlebt“, sagt Urgatz. Das sei schon mehr als außergewöhnlich.

Dr. med. Bartholomäus Urgatz Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendmedizin  Klinikum Hochsauerland.
Dr. med. Bartholomäus Urgatz Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendmedizin  Klinikum Hochsauerland. © Privat | Klinikum Hochsauerland

Viele Kinder ohne Abwehr

Wesentlich mehr Kinder seien ohne Abwehr gegen die Erkrankung, die bisher eigentlich hauptsächlich in der kalten Jahreszeit aufgetreten sei. Dabei seien besonders Frühgeborene oder Kinder mit Vorerkrankungen wie Herzfehlern, Lungenerkrankungen oder einer Immunschwäche gefährdet. Die Folge: Atemnot. „Das macht eine Einweisung in eine Kinderklinik unumgänglich“, erklärt Urgatz. Dort müssen die kleinen Patienten dann mit Medikamenten, Inhalationen und Sauerstoff versorgt werden. Das sei sehr arbeitsintensiv.

Lesen Sie auch:HSK: Leere Regale vor Weihnachten - „Dieses Jahr wird´s eng“

Hohe Übertragbarkeit

Aufgrund der extrem hohen Übertragbarkeit des Virus muss das medizinische Personal immer wieder eine neue Schutzkleidung anziehen. Teilweise müssen die Kinder dabei sehr häufig mit Medikamenten inhalieren und brauchen kontinuierliche Sauerstoffzufuhr. Der Aufwand sei enorm. Und die Welle an Erkrankung hat ihren Höhepunkt möglicherweise noch nicht erreicht. „Wir haben erst vor Kurzem zwei Patienten in eine andere Klinik überweisen müssen, weil wir schlichtweg keinen Platz mehr haben“, sagt Chefarzt Urgatz. Dabei seien sie im Hochsauerlandkreis die einzige Pädiatrie.

Bereits im Jahr 2019 hatte der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, gegenüber Medien gesagt: „Die Situation der Kinderkliniken und Kinderstationen ist hoch problematisch.“ Seitdem hat sich anscheinend aber wenig getan.

Lesen Sie auch:Fidan Karakoc aus Brilon setzt Signal gegen Gewalt an Frauen

Die Warnung des Mediziners

Die Krankenkassen würden auf Durchschnittswerte bei den Kapazitäten verweisen. Dabei würden die Werte von Sommer und Winter gemeinsam berechnet. Gerade im Sommer seien die Kliniken aber weniger belegt als in der kalten Jahreszeit, erklärt Chefarzt Urgatz. Im Winter reichten die Betten dafür oftmals nicht mehr aus. Auch die schwierige Situation der fehlenden Pflegekräfte in deutschen Kinderkliniken und fehlendes ärztliches Personal in ländlichen Regionen ist eine zusätzliche Herausforderung in der aktuellen Versorgung. Das sei natürlich auch mit einer großen Belastung, nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Eltern verbunden, die mittlerweile auch die Tage und Nächte am Bett ihrer Kinder verbringen möchten. 2019 sei die Situation für Kinderkliniken schon sehr schwierig gewesen. Urgatz warnt: „Seitdem hat sich nichts verbessert. Ich rechne damit, dass die anstehende Wintersaison noch härter wird.“