Meschede. Jugendliche können weniger Berufe ausprobieren, beginnen zu jobben oder sind schwer erreichbar: Corona erreicht den Ausbildungsmarkt im HSK.

Trotz Corona gibt es bei der Arbeitsagentur auch weiter persönliche Beratung in den Schulen und in der Arbeitsagentur Meschede in so genannten Notfallbüros. Das ist wichtig, denn die Corona-Krise macht sich auch am Ausbildungsmarkt bemerkbar. Wie, das erläutert Andreas Canisius, Teamleiter der Berufsberatung.

Beratung nur in so genannten Notfallbüros, wie muss ich mir das vorstellen?

Andreas Canisius: In der Regel versuchen wir zum gegenseitigen Schutz, Beratungen per Telefon oder Video zu machen. Aber es gibt eine Klientel, die wir darüber nicht erreichen. Dafür gibt es dann Notfallbüros, die mit Plastikscheiben und Desinfektionsmitteln ausgestattet sind. Sie liegen direkt im Eingangsbereich der Agentur und sind so leicht erreichbar. Dort können sich Berater und Ausbildungsplatz-Suchende direkt gegenübersitzen.

Wer braucht diese direkte Beratung?

Das sind vor allem die jungen Leute, die wir über die Schulen nicht mehr erreichen. Sie haben vor ein oder zwei Jahren die Schule verlassen, ohne einen Ausbildungs- oder Studienplatz zu haben. Diese Gruppe fehlt uns insgesamt bei den Beratungen. Wir können noch nicht sagen, woran es liegt. Aber ein Teil dieser jungen Leute würde sicher auch eher mal kurz vorbeikommen, wenn es ohne große Terminabsprache möglich wäre.

Wo sind diese jungen Erwachsenen denn gelandet?

Manche machen ein Freiwilliges Soziales Jahr und werden sicher ab Sommer bei uns auftauchen. Aber es gibt auch einige, die erstmal angefangen haben zu jobben und jetzt unsicher sind, ob sie in eine Ausbildung wechseln sollen. Was sie haben, wissen sie, was kommt, wissen sie nicht. Praktiker scheuen auch das Distanzlernen. Sie alle würden wir gern überzeugen, dass die Ausbildung auf Dauer einen größeren Wert darstellt. Doch wir erreichen sie nicht oder nur schwer.

Auch das Studium wird aufgeschoben?

Ja, es gibt Abiturienten, die keine Lust auf reine Online-Studien haben, die auch das Leben in den Studentenstädten genießen wollen und deshalb den Start - erstmal noch - aufschieben.

Wie viele junge Menschen suchen zurzeit im HSK noch einen Ausbildungsplatz und wie viele freie Stellen stehen dem gegenüber?

Wir hatten zum Beispiel Ende März 1935 offene Stellen und 1312 Bewerber. Die Zahl der Suchenden ist erneut gesunken - um rund 20 Prozent. Da macht sich die demografische Entwicklung bemerkbar, aber mit einem so starken Rückgang haben wir nicht gerechnet. Und das zieht sich durch alle Bildungsgänge. Das heißt auf der anderen Seite, wir haben weiterhin einen Bewerbermarkt. Wer eine Stelle sucht, hat gute Chancen auch eine zu finden.

Andreas Canisius Teamleiter Berufsberatung HSK.
Andreas Canisius Teamleiter Berufsberatung HSK. © Laura Schilz/Apfelbäckchen-FotografiE

Sie sind im engen Kontakt zu den Schulen, was schätzen Sie, wie wird sich das Coronajahr auswirken?

Die Lehrer, die für die Studien- und Berufsorientierung (StuBo) zuständig sind, spiegeln uns, dass es jetzt vor allem darum geht, den fachtheoretischen Unterricht nachzuholen. Drei bis fünf Schüler pro Klasse, so schätzen sie, bleiben dem Online-Unterricht fern, weil die technischen oder sozialen Voraussetzungen fehlen. Das macht uns wirklich Sorgen, denn das zieht natürlich auch die Noten nach unten. Gleichzeitig fehlen Praktikums-Möglichkeiten und Kontakte auf Berufs-Info-Börsen. So ist es deutlich schwerer einen Ausbildungsplatz zu finden.

Hat sich die Ausbildungsplatzsuche in der Coronakrise verändert?

Im Gastrobereich gab es auch schon vor der Pandemie deutlich mehr Ausbildungsplätze als Bewerber. Aber der lange Lockdown hat dem Bereich natürlich besonders geschadet. Besonders stark nachgefragt sind weiter Berufe im kaufmännischen Bereich Maschinenbau und Lager. Häufiger stehen bei den jungen Leuten jetzt auch Digital-Berufe im Fokus, im E-Commerce, IT-Elektronik, Informatik oder Produktionstechnologie.

Ein Kollege schrieb über einen Nachbarkreis, es fehle der Mut zur Ausbildung bei Arbeitgebern und Jugendlichen, würden Sie das auch für den Hochsauerlandkreis so sehen?

Nein. Das sehe ich vor allem bei den Arbeitgebern nicht. Sie bieten weiterhin ein breites Angebot. Und dass bei den jungen Leuten Mut fehlt, das klingt mir zu negativ. Ihnen fehlen einfach Möglichkeiten, in Berufe hineinzuschnuppern und Kontakte zu knüpfen. Und es gibt große Unsicherheiten darüber, wie die Ausbildung beginnen wird.

Man sollte meinen, dass Pflegeberufe und sichere Stellen bei Ämtern und Behörden besonders gefragt sind. Können Sie das bestätigen?

Nein, zumindest nicht spürbar. Wir würden uns freuen. Auch die Reform der Pflegeberufe hat da nicht den erwarteten Schwung gebracht.

>>> Beratung und Kontakt

Die Arbeitsagentur Meschede hat im Hochsauerlandkreis 17 Berufsberater.

Diese sind mit allen weiterführenden Schulen in regelmäßigem Austausch.

An den Schulen gibt es Lehrer für Studien- und Berufsorientierung (StuBo) und begleitend dazu Arbeitskreise zum Thema „Kein Abschluss ohne Anschluss (KAoA)“.

Auch an der Arbeitsagentur ist jeder willkommen, der sich beraten lassen will. Der direkte Kontakt ist möglich über die regionale Hotline: 02921 / 106 200 oder E-Mai: Meschede.Berufsberatung@arbeitsagentur.de.