Medebach. Paula Kirstein ist 10 Jahre alt. Vor einiger Zeit fasst sie den Entschluss, ihre Haare für krebskranke Kinder zu spenden. Wie sie zu der Idee kam

Es ist ein spannender Tag für Paula Kirstein aus Medebach im Hochsauerlandkreis. Paula sitzt mit Maske und Umhang auf dem Frisierstuhl. Friseurmeister Oliver Schmidt schneidet ihr seit Jahren die Haare, schon seit sie kleines Mädchen war geht Paula zu ihm. Doch dieses Mal werden ihre heruntergefallenen Strähnen nicht einfach weggekehrt. Denn der ungefähr 30 Zentimeter lange abgeschnittene Zopf wird an eine spezielle Perücken-Manufaktur, die die Weiterverarbeitung übernimmt, verschickt.

Nach Erhalt spendet die Perückenfirma Rieswick Partner den finanziellen Materialwert von Paulas Haaren an die Spendenorganisation „It’'s for kids“. Außerdem erhalten Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, die krankheitsbedingt keine eigenen Haare haben, ihre Perücke zuzahlungsfrei. Zumindest psychisch kann solch eine Perücke helfen, das Selbstwertgefühl der erkrankten Kinder und Erwachsenen wieder aufzubauen. „Auf solch einer Perücke können Paulas Haare bei richtiger Pflege rund zehn Haare halten“, erklärt Oliver Schmidt, während er Paula einen schicken Schnitt auf den Kopf zaubert.

Bericht über Aktion im Netz gelesen

Paula freut sich nicht nur über den neuen Look, sondern auch darüber, dass sie mit den langen Haaren etwas Gutes tun kann. Denn seit die 10-jährige im Internet einen Bericht über ein Mädchen, dass ihre Haare für ein krebskrankes Kind gespendet hatte, gesehen hatte, stand ihr Entschluss fest. Auch sie wollte ihre langen, blonden Haare spenden.

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Mutter Nadine Kirstein war anfangs nicht so begeistert, als sie den Wunsch ihrer Tochter hörte. Im Vorfeld befürchtete sie, Paula könnte diesen Schritt bereuen. Doch Paula war ihre Idee sehr wichtig: „Ich möchte auf jeden Fall meine Haare spenden, damit ein anderes Mädchen so lange eine Perücke haben kann, bis ihre Haare nachgewachsen sind und meine wachsen ja sowieso wieder nach“, erklärte sie standfest und überzeugte so auch ihre Mutter.

Corona verdrängt Bewusstsein für andere schwere Krankheiten

Nun wollte auch Nadine Kirstein Paulas Krebshilfe-Plan unterstützen. Sie findet auch, dass jetzt genau der richtige Zeitpunkt für solch eine Aktion ist. „Zurzeit redet die ganze Welt über Corona und vergisst dabei die anderen schweren Krankheiten. Laut der Deutschen Krebshilfe gibt es allein in Deutschland jährlich 510.000 Krebsneuerkrankungen.“ Deshalb wollten Mutter und Tochter dann auch schnell mehr über die Möglichkeiten zum Haarespenden herausfinden. Doch an wen wendet man sich da? „Fast eine Woche lang haben wir zusammen im Internet gesucht, bis wir dann auf haare-spenden.de stießen und alles vorbereiteten“, erzählt Paula.

Der Zopf ist ab.
Der Zopf ist ab. © Kerstin Neumann-Schnurbus

Mit ihrem flotten neuen Haarschnitt und dem prächtigen Zopf eilt sie nach dem Friseurbesuch heim und packt direkt das Päckchen für die Perücken-Manufaktur. Paulas Perücke besteht am Ende übrigens aus ungefähr fünf Zöpfen. Dass es Zöpfe sind, die eingeschickt werden, ist sehr wichtig für den Herstellungsprozess. „Deswegen hat Olli auch die Haare zuerst zu einem Zopf gebunden und dann abgeschnitten“, weiß Paula, die sich darüber freuen würde, wenn ihre Idee noch Nachahmer findet. Diesen Zeitungsartikel will sie auf jeden Fall mit in die Schule nehmen. So erklärt es sich leichter, warum sie sich von ihren langen Haaren getrennt hat.