Winterberg/Medebach/Hallenberg/Brilon. Soziale und Schuldnerberatung bekommen mehr Anfragen. Corona bringt neue Klientengruppen und Probleme.
Manchmal braucht es in schwierigen Lebenssituationen etwas Hilfe, um die Lage zu meistern. Und auch, wenn die Kontaktaufnahme zu Hilfsangeboten in Zeiten von Corona nicht ganz so einfach ist wie normalerweise, sollen Ratsuchende nicht alleingelassen werden.
Zwar mussten sowohl der Caritasverband Brilon als auch der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF), Ortsverein Brilon, ihre offenen Sprechstunden einstellen. Auch Hausbesuche sind derzeit nicht möglich. Aber telefonisch oder per E-Mail können weiterhin Termine für persönliche Beratungen vereinbart werden.
Der Caritasverband macht mit seiner Allgemeinen Sozialen Beratung ein bewusst niedrigschwelliges Angebot. „Jeder kann sich bei uns melden; ich sehe meine Arbeit auch als eine Art Lotsenfunktion“, sagt Maria-Theresia Kupitz. Denn je nach Problemlage vermittelt sie Ratsuchende auch an weitere Angebote der Caritas oder anderer Organisationen. Das können z.B. Suchtberatung, sozialpädagogische Familienhilfe oder Beratung für Migranten und Flüchtlinge sein. Der SkF hingegen ist im Altkreis für die Schuldner- und Insolvenzberatung zuständig und kümmert sich auch um Themen wie Betreuung, Vormund- und Pflegschaften.
Corona ist nur ein Teil des Problems
Mit welchen Problemen kommen Menschen in die Beratung und hat die Corona-Pandemie daran etwas verändert? Bei der Schuldnerberatung sieht es nicht danach aus. „Menschen, die wegen coronabedingter Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit unsere Beratung in Anspruch nehmen möchten, machen einen kleineren Teil aus“, sagt Sozialarbeiterin Anna Tuss vom SfK.
Auch interessant
Häufiger seien Gründe wie Trennung und Scheidung, geringes Einkommen; Erkrankungen, die zum Verlust des Arbeitsplatzes führen oder mehrere solcher Faktoren auf einmal. Im Ganzen sei seit vergangenem Sommer die Zahl der Anfragen gestiegen, auch aus dem Raum Winterberg/Medebach. Tuss geht davon aus, dass die Zahl der Anfragen mittelfristig gleich bleibt.
Ähnlich verhält es sich bei der Caritas. „Im ersten Lockdown ging die Zahl der Hilfesuchenden etwas zurück“, sagt Maria-Theresia Kupitz. „Aber seit Anfang 2021 hat sich die Nachfrage erhöht. Wir bekommen inzwischen viele Anfragen auch wegen psychischer Probleme. Es sind vor allem Alleinstehende und Arbeitslose, bei denen der Wegfall von Kontakten manchmal in eine Spirale der Isolation führt. Das betrifft vor allem Menschen in jungen und mittleren Jahren.“
Neue Themen und Klienten
Auch eine neue Klientel sei hinzugekommen, die sie früher in der Beratung eher selten gesehen habe: „Kleine Selbstständige sind ins Abseits gerückt, das betrifft vor allem Frauen in der Dienstleistungsbranche und mit Kindern.“ Einzelne Fälle habe es schon gegeben, in denen diese Frauen Leistungen nach SGB II (also Hartz IV) hätten beantragen müssen. „Selbstständige erwerben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I und staatliche Corona-Hilfen sind für den Erhalt des Betriebs bestimmt, nicht für den Lebensunterhalt“, erklärt Kupitz. Das könne dazu führen, dass Menschen ohne finanzielle Mittel dastünden.
Auch interessant
Zugenommen habe seit Beginn der Pandemie aber auch die Zahl derer, die sich zum Thema Scheidung und Trennung informieren möchten. „Das hat auffällig zugenommen“, sagt Elisabeth Schilling.
Wann ist der richtige Zeitpunkt, Hilfe zu suchen? „Wenn die Ausgaben nicht mehr durch die Einnahmen gedeckt sind,“ meint Schuldnerberaterin Anna Tuss. Lieber nicht warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist. Das sehen auch Schilling und Kupitz so – zumal ihre Allgemeine Soziale Beratung weiter gefasst ist und auch als Lotse zu anderen Angeboten fungiert. „Hilfe zu suchen empfehlen wir spätestens, wenn Mahnungen kommen, man resigniert oder Briefe lieber zur Seite legt als öffnet. Noch besser wäre es, sich schon zu melden, bevor es soweit kommt.“ Sich scheuen müsse niemand. „Wir unterliegen der Schweigepflicht.“