Winterberg. Das Krankenhaus Winterberg nimmt Covid-Patienten aus anderen Städten auf. Sorgen macht aber auch eine ganz andere Patientengruppe.
Deutschlandweit warnen Intensivmediziner in diesen Tagen vor einer Überlastung der Intensivstationen und mahnen einen härteren Lockdown an. „Den Warnungen schließe ich mich an“, sagt Ursula Dohle. Sie ist Leitende Oberärztin der Inneren Medizin und hygienebeauftragte Ärztin im St.-Franziskus-Krankenhaus in Winterberg. Die Intensivstation sei durch das normale Tagesgeschäft ohnehin immer recht gut belegt – auch ohne eine zusätzliche Welle an Covid-Patienten.
Im St. Franziskus waren am Montag sechs Patienten mit einer nachgewiesenen Corona-Infektion stationär in Behandlung. Auf der Intensivstation lag von diesen sechs aber niemand. „In den vergangenen Monaten hatten wir in der Spitze auch schon zehn bis elf Covid-Patienten gleichzeitig“, sagt Dohle. „Damit waren wir personell am Maximum unserer Kapazität.“
Die meisten Covid-Patienten in Winterberg kommen von außerhalb
Dass Covid-Erkrankte, die in Winterberg behandelt werden, auch aus dem Südkreis stammen, sei eher die Ausnahme. Die meisten kämen aus anderen Gebieten des HSK. Viele würden aus dem Raum Arnsberg nach Winterberg verlegt, um die dortigen Krankenhäuser zu entlasten. Denn viele der Krankenhäuser in der Region haben in der Pandemie Vereinbarungen getroffen, um die Kapazitäten bestmöglich zu nutzen.
Dazu gehöre, dass Winterberg Patienten mit weniger kritischen Verläufen aus anderen Häusern übernehme. Umgekehrt werden Patienten mit sehr schweren Verläufen nach Möglichkeit ins Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft oder nach Arnsberg verlegt – vorausgesetzt, dort gibt es noch ausreichende Kapazitäten. Grundsätzlich möglich sei eine Versorgung von maximal drei intensivpflichtigen Covid-Patienten aber auch in Winterberg.
Viele Entwicklungen, die bundes- oder weltweit im Verlauf der Pandemie zu beobachten waren und sind, haben sich auch in Winterberg niedergeschlagen. Obwohl es sich beim Großteil der Patienten weiterhin um ältere Menschen handle, gebe es mittlerweile auch vermehrt schwere Verläufe bei jüngeren Menschen – vor allem, seitdem sich die sogenannte britische Virusvariante verbreitet. „Wir können uns nicht entspannen. Die Krankheit verändert sich.“
Die Oberärztin sagt aber auch: „Mit guten Testverfahren und Hygienemaßnahmen kann man eine Menge verhindern.“ Das sei eine ihrer wichtigsten Erkenntnisse aus über einem Jahr Pandemie. Die Erfahrung mit dem Virus wachse und die auch die medizinische Behandlung werde stets den neuen Erkenntnissen angepasst.
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Die Vorsichtsmaßnahmen im Krankenhaus – zum Beispiel das ständige Arbeiten mit FFP2-Maske und das Testen aller Patienten bei der Aufnahme – hätten sich bewährt. Zudem seien inzwischen die meisten Mitarbeiter mit Patientenkontakt zumindest einmal geimpft.
Patienten warten aus Angst vor Corona oft zu lange mit dem Arztbesuch
Die Versorgung der Patienten und deren Organisation war aber nicht die einzige große Herausforderung des vergangenen Jahres. „Es war ungeheuer aufwendig, sich immer wieder in neue Bestimmungen und Verordnungen einzulesen.“ Die Umsetzung habe im Krankenhaus zwar stets gut geklappt. Aber wenn Dohle die Wahl hätte, würde sie sich „etwas weniger Bürokratie“ wünschen. Als Kritik sei das aber nicht gemeint. Denn es sei nun einmal selbstverständlich, dass in einer solchen Lage Regelungen getroffen und auch angepasst werden müssten.
Und überhaupt: Es gebe auch besorgniserregende Entwicklungen, die nur indirekt mit dem Virus zu tun haben. So habe sich eine Befürchtung bestätigt, die bereits zu Beginn der Pandemie vielfach geäußert wurde: Viele kranke Menschen meiden offenbar Arztbesuch und Krankenhaus aus Furcht vor einer Corona-Infektion. „Es ist auffällig, dass wir jetzt öfter schwer kranke Patienten in Zuständen bekommen, die eindeutig zeigen, dass zu lange gewartet wurde.“ Das betreffe zum Beispiel Menschen mit Tumorerkrankungen oder Infektionen. Manchmal sei diesen Patienten dann nicht mehr zu helfen.