Winterberg. Kaum machbarer Organisationsaufwand, zu wenig Impfstoff: Dr. Martin Nieswand aus Winterberg spricht Klartext zum Impfstart in den Hausarzt-Praxen
Das Impfen in den Hausarztpraxen läuft an – später als zuerst geplant und mit nur geringen Dosen von Impfstoffen. Dr. Martin Nieswand, der sowohl im Drive-Inn beim Testen hilft aber auch im Impfzentrum in Olsberg eingesetzt ist, hat die Osterfeiertage durchgearbeitet, um den Impfstart in seiner Praxis in Winterberg zu organisieren. Er appelliert trotzdem mit dringlicher Kritik an die Politik: „Gebt uns mehr Impfstoff!“
Die Osterfeiertage durchgearbeitet
Dr. Martin Nieswand antwortet auf die Fragen nach dem Impfstart: „Was meinen Sie, wie ich Ostern verbracht habe? Abstriche und lange Patientenlisten durcharbeiten für die ab heute in meiner Praxis hoffentlich beginnenden Impfungen.“ 24 Patienten kann der Facharzt für Allgemeinmedizin mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer impfen. „Aber der Zeitaufwand für die Priorisierung war über Ostern erst mal gleich, egal ob für 24 oder 2400 Patienten.“ Die Bürokratie und Organisation ist eine enorme Herausforderung. „Der Riesen- Organisationsaufwand mit Priorisierungsliste erstellen, anrufen, überzeugen, aufklären – das wird bislang nirgendwo gesehen. Das läuft alles hinter den Kulissen. Die Impfzentren haben dafür extra Personal, das diese administrativen Aufgaben erledigt.“ Die ersten Telefonate habe er am Ostermontag geführt, da nach dem langen Osterwochenende auch die Routine und der Praxisalltag nicht liegen bleiben dürfe. „Viele Telefonate führen wir umsonst, da wir erfahren, dass bereits viele Patienten der ersten Priorisierungsgruppe der über 80-Jährigen bereits geimpft sind. Diejenigen Patienten, die noch keinen Impftermin haben oder sich mit Telefon oder EDV nicht durchsetzen konnten, freuen sich extrem. Das motiviert einen dann auch weiter zu telefonieren.“
Wie viel Impfstoff noch kommt, weiß er nicht
Das Problem sei allerdings überall dasselbe: „Ich arbeite ja auch als Impfarzt in Olsberg. Das Problem ist überall gleich, sowohl in den Impfzentren als auch auch bei uns in den Hausarztpraxen fehlt einfach der Impfstoff!“ Er schreibt weiter: „Gebt uns mehr Impfstoff und wir werden wie jedes Jahr lautlos beweisen, dass wir effektiv und schnell arbeiten! Außerdem arbeiten wir hier in der Fläche wesentlich kostengünstiger. In den Hausarztpraxen ist das Impfen eine unserer besonderen Kernkompetenzen. Man sieht das jede Saison an der Grippeimpfung. Da läuft das auch geräuschlos, ohne dass die Öffentlichkeit daran großen Anteil nimmt.“
Wieviel Impfstoff er in Zukunft bekommt, weiß er noch nicht. “Die Erfahrung der letzten Wochen und Monate lehrt, dass wohl auch weder Kanzlerin noch Gesundheitsminister mehr wissen.“