Marsberg/Arnsberg. In Marsberg wird eine Frau mit beiden Händen am Hals gewürgt, dass sie nicht atmen kann. Gefährliche Körperverletzung oder versuchter Totschlag?

Der jetzt vor dem Landgericht Arnsberg laufende Prozess wegen versuchten Totschlags ist bereits vor einem Jahr verhandelt worden. Angeklagt ist eine 29 Jahre alte Frau, die in der LWL-Klinik in Marsberg eine Mitpatientin gewürgt hatte. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Oliver Brock aus Brilon, hatte gegen das Urteil Revision eingelegt, weil er in der Tat keinen versuchten Totschlag, sondern „nur“ eine gefährliche Körperverletzung sah und weil er die Strafhöhe als nicht angemessen empfand.

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Der Staatsanwalt hatte damals drei Jahre und sechs Monate, der Verteidiger ein Jahr Freiheitsstrafe beantragt. Das Urteil dann, in dem von versuchtem Totschlag bei verminderter Schuldfähigkeit ausgegangen worden war, lautete auf zwei Jahre ohne Bewährung. Der Bundesgerichtshof bestätigte die Revision des Anwaltes Oliver Brock und hatte das Verfahren an das Landgericht zur erneuten Verhandlung zurück verwiesen.

Mit Handfesseln in den Gerichtssaal

Bei der Angeklagten handelt es sich um eine schmächtige Frau, die seit vielen Jahren in der geschlossenen psychiatrischen Krankenanstalt in Marsberg untergebracht ist. Sie leidet an einer schweren seelischen Erkrankung. Die Frau, die dem Gericht in Handfesseln vorgeführt wurde und der man ihre schwere Krankheit ansieht, soll eine Mitpatientin Mitte August 2019 mit beiden Händen am Hals dermaßen gewürgt haben, dass sie nicht mehr in der Lage war zu atmen und Würgemale davongetragen hatte.

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Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass die 29-Jährige beabsichtigt hatte, die Patientin zu töten. Sie habe laut gerufen: „Ich bringe sie um!“

Aggressive Ausbrüche

Die Angeklagte erschien mit einem Begleiter als Betreuer, verhielt sich zunächst ruhig, war in sich zusammengefallen und zitterte auffällig stark. Man sah ihr die Aggressivität, zu der sie fähig ist, nicht an. Später, im Verlauf der langen Verhandlung, wurde sie laut, verschob mehrfach unter großem Getöse ihren Tisch und wollte den Gerichtssaal verlassen. „Ich will nicht mehr nach Eickelborn, ich will in den Knast“, rief sie mehrfach.

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Vor und während ihrer angeklagten Tat hatte sie indessen verlangt, von Marsberg nach Eickelborn verlegt zu werden. Dieses Verlangen, so vermutet man, war Anlass für ihre Tatausführung. Sie wollte Aufmerksamkeit erregen und glaubte, dadurch ihren Willen durchsetzen zu können.

12 Zeugen sollen bei Aufklärung helfen

Bei der Anhörung von insgesamt 12 Zeugen sollte die Frage geklärt werden, ob die Angeklagte in Tötungsabsicht gehandelt hatte. Selbst die zahlreichen Zeugen, Mitpatienten und Pflegepersonal konnten keine eindeutige Antwort geben. Sie berichteten, dass sie mehrfach von der Angeklagten, die sich auch selber Verletzungen beigebracht habe, ohne jeglichen Grund angegriffen worden seien. So soll es auch bei dem Übergriff auf das Opfer gewesen sein. Ohne Ankündigung sei sie aufgesprungen und habe das Opfer angegangen. Pflegekräfte hatten den Angriff bemerkt und die Hände vom Hals der Patientin gelöst.

Gutachter kommen zu Wort

Ob die Angeklagte tatsächlich in Tötungsabsicht gehandelt hatte, konnte bislang nicht eindeutig beantwortet werden. Es bleiben auf jeden Fall Zweifel. Am nächsten Verhandlungstag wird ein Sachverständiger, ein Arzt für Psychiatrie, sein Gutachten über die Schuldfähigkeit der Angeklagten abgeben. Dann dürfte auch das Urteil gesprochen werden.