Brilon. Martina Müller betreibt ein Braut- und Abendmoden-Geschäft in Brilon. In ihrer Branche funktioniert Click & Collect nicht. Das wird zum Problem:

„Wir gucken von Lockdown zu Lockdown“, sagt Martina Müller. Schon wieder wurde er verlängert. Diesmal bis zum 7. März. Nochmals drei Wochen ohne Umsatz. Es sei denn die Sieben-Tage-Inzidenz sinkt rasch. Der Corona-Gipfel hat sich darauf verständigt, dass erst unter Inzidenzwert 35 die Bundesländer weitergehende Lockerungen des „Lockdowns“ für Einzelhandel und Museen beschließen können. Derzeit liegt er noch rund doppelt so hoch im HSK. Martina Müller, die ein Braut- und Abendmoden-Geschäft in Brilon betreibt, versucht dennoch, optimistisch zu sein. Dennoch ist sie der Ansicht, dass ihr Geschäft problemlos öffnen könnte, denn ihre Branche bietet vieles, aber keine Menschenmassen im Laden.

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Im November 2029 Geschäft vergrößert

400 Quadratmeter Verkaufsfläche stehen Müller zur Verfügung. Erst im November 2019 hatte sich das Geschäft vergrößert, aber fünf Monate später kam der erste Lockdown. Seitdem sind die Räumlichkeiten geschlossen und der Umsatz ging auf Null. Keine Schützenfeste im Hochsauerlandkreis, die Müllers Dienste benötigten, Hochzeiten fanden ohne ihre Waren statt. Wenn ihr Geschäft auch in diesem Jahr keine Kleider an die Frau bringt, wird es schwierig. Die Überbrückungshilfen decken nicht einmal die Fixkosten. Eine Perspektive wäre für die 53-Jährige wünschenswert in einer Zeit in der für sie der Lebensunterhalt nicht gesichert ist, Reserven verbraucht werden und die Altersvorsorge gefährdet ist.

Martina Müller in ihrem Geschäft in Brilon.
Martina Müller in ihrem Geschäft in Brilon. © WP | Privat

„Wir könnten problemlos öffnen. Es gibt nur die Braut und eine Beraterin. Was wollen wir mehr? Es ist immer eine eins zu eins Beratung, die vorher telefonisch terminlich vereinbart wird“, sagt Müller, „Die Braut wird in die Abteilung geführt und probiert selbstständig die Kleider an. Wir können Abstand halten, Maske tragen und mit Einweghandschuhen den Rückenbereich des Kleides schließen. Alles lässt sich im Anschluss desinfizieren.“ Eine völlig andere Situation als in anderen Bekleidungsgeschäften also, wo viele Leute die Waren nacheinander in der Hand halten.

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Traumkleid in 24 Stunden

Innerhalb von einer Stunde könnte sie ihr Geschäft öffnen. Wer für morgen noch ein Kleid braucht, würde fündig werden, verspricht sie. Eine Schneiderin würde die nötigen Änderungen zur Not auch noch in der Nacht vornehmen, damit das Traumkleid auf jeden Fall perfekt sitzt.

Aber das ist nicht erlaubt. Während andere Einzelhändler versuchen sich mit Click & Collect, sprich im Internet Ware kaufen und vor Ort abholen, funktioniert in dieser Sparte nicht. Die Kleider kosten zwischen 900 und 2400 Euro. Müller merkt an, dass die Kaution gigantisch sein müsste, damit sie mehrere Kleider zur Anprobe abgeben könnte. Sie hat Sorge, dass die Kleidungsstücke für Privatparties zweckentfremdet und dabei beschädigt werden. Oder sich die Kundinnen dann das Kleid einfach über das Internet besorgen. Problematisch beim Bestellen im Internet ist für die Verkäuferin, die seit 2017 ihr Geschäft in Brilon betreibt, dass die Beratung fehlt und das Erlebnis. „Wir haben ein geschultes Auge und sehen, wo noch nachgebessert werden muss. Kundinnen wollen ein Prinzessinnenkleid, aber entscheiden sich dann für ein völlig anderes Kleid. Die Beratung ist einfach wichtig, um allen Vorstellungen der Braut gerecht werden zu können.“

Positiv auf die Zukunft gestimmt

Dass ihre Branche zugrunde geht, glaubt sie nicht. Die Hochzeiten im Vergangenen Jahr zeigen ihr, dass auch in der Pandemie das Ja-Wort eine wichtige Rolle spielt. Für manche sogar gerade wegen der Krise, wie Müller anmerkt. Termine für Anproben gehen auch weiterhin bei ihr ein, die wegen des immer länger andauernden Lockdowns verschoben werden müssen.

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Für März hat sie vorsorglich noch keine angenommen, im April sieht es in ihrem Kalender schon anders aus. Die Hochsaison ist von Oktober bis April, Kleidung für das kommende Jahr wird von Januar bis Mai gekauft. Eine schwierige Situation. Für dieses Jahr hat sie keine neuen Kleider gekauft. Rund 1700 Stück hat sie noch im Geschäft hängen. Weiteres ungenutztes Kapital kann sie nicht gebrauchen. „Aber deswegen fürchte ich nicht um die Branche“, sagt Müller, „Geheiratet wird immer und die Bräute möchten kommen. Ich will die Situation nicht schwarz reden, aber die Erde brennt dennoch.“

In der Krise erlebt sie aber auch etwas positives: den Zusammenhalt unter den Brautmodegeschäften. In einer WhatsApp-Gruppe mit 68 Mitgliedern herrscht reger Austausch. Dort geben sich die Inhaber kämpferisch mit dem Motto: Wir geben nicht auf und freuen uns alle wiederzusehen. Egal wie lange es dauert. Angst, dass sich Kundinnen eventuell in anderen Bundesländern ihre Hochzeitsmode besorgen, weil in NRW die Lockerungen später kommen, hat sie nicht. „Ich freue mich über jeden, der wieder öffnen darf.“