Es sind zwei Angebote, die die Mobilität fördern und den öffentlichen Nahverkehr in Brilon schmackhaft machen sollen. So geht es ihnen.

Brilon. Ist doch komfortabel: Am Itzelstein rein in Huberta II, bis zum Amt Thülen oder dem Volksbank-Center chauffieren lassen, in der Fußgängerzone oder den Arkaden anderthalb Stunden oder länger Einkäufe oder sonst etwas erledigen, dann am Kaufpark oder dem Voba-Center zurück in den Bus und in elf, zwölf Minuten wieder zu Hause oben am Itzelstein sein. „Unsere Stammgäste haben den Fahrplan richtig gut drauf,“ sagt Günter Wiese anerkennend. Er muss es wissen. Schließlich ist er nicht nur Vorsitzender des Bürgerbusvereins Brilon, sondern er sitzt auch regelmäßig am Steuer des Sprinters. Deswegen kennt er viele von denen, die in dem Bus Platz nehmen.

27.000 Kilometer abgespult

Rund 9000 Fahrgästen hatten im Jahr 2019 den Bürgerbus in Anspruch genommen. Im vergangenen Jahr waren es gerade einmal 6000. Geschuldet, natürlich, der Corona-Krise. Von Mitte März bis Anfang August ruhte der Betrieb. Statt der durchschnittlich rund 38.000 Fahrtkilometer fielen nur etwa 27.000 an. 2,10 Euro kostet eine Stadtfahrt für Erwachsene. Das entspricht dem normalen Westfalenbus-Tarif.

Zwei Schleifen in der Stadt

Im Sommer 2008 ging der Bürgerbus in Brilon on tour. Der Fahrplan besteht aus zwei Schleifen. Eine führt durch das nördliche Stadtgebiet durch den Müggenborn bis zum Ratmerstein und einer durch das südliche Richtung Krankenhaus und hoch auf den Itzelstein. Da beide auf dem Marktplatz beginnen und unmittelbar ineinander übergehen, ist ein Umsteigen nicht nötig. Vier Touren finden im Stundentakt vormittags von Montag bis Samstag statt, nachmittags ist de Bürgerbus nur dienstags und donnerstags unterwegs, wobei die Südschleife (B1) vier- und die Nordschleife (B2) nur dreimal absolviert wird. Besser laufen könnte die Nordschleife. Gerade von und zur Peripherie, etwa dem Ratmerstein.

Als nächstes ein Elektro-Bus?

Seit 2016 ist Huberta II im Einsatz. Nach sieben Jahren oder 300.000 absolvierten Kilometern ist der Austausch der Fahrzeuge vorgesehen. Das aktuelle hat rund 120.000 auf dem Tacho. Das nächste soll ein Elektro-Version sein, wünscht sich Günter Wiese - „Falls bis dahin ein zuverlässiges Modell zur Verfügung steht“. Der Standort jedenfalls ist schon jetzt optimal. Hubertas „Stall“ befindet sich seit einem Jahr am Maria Hilf-Krankenhaus, unmittelbar neben der dortigen E-Ladestation. Knapp 90 Kilometer legt der Bus maximal pro Tag auf seinen Runden zurück – eine für die effiziente Nutzung von E-Mobilität ideale Strecke, findet Günter Wiese.

Strenge Hygiene-Auflagen

Beim Corona-Betrieb richtet sich der Bürgerbusverein nach den Hygiene-Vorgaben für den öffentlichen Personenverkehr. Eine Plexiglasscheibe schottet den Fahrer von den Fahrgästen ab, es gibt regelmäßige Desinfektionen. Was Günter Wiese aufgefallen ist: „Die Fahrgäste sprechen kaum noch miteinander.“ Und sie achten auf Abstand, soweit das in dem Achtsitzer möglich ist. Was leider auch zu den Corona-Auflagen gehört: Die Fahrer dürfen Menschen mit Behinderung, etwa wenn sie einen Rollator dabei haben, nicht mehr beim Einsteigen helfen.

20 Ehrenamtliche am Steuer

Insgesamt 20 Fahrerinnen und Fahrer steuern den Bürgerbus, unter ihnen auch Bürgermeister Dr. Christof Bartsch und MdB Dirk Wiese. Zwei bis drei Einsätze jeweils halbtägige Einsätze fallen im Schnitt für jeden pro Monat an. Wer auch Interesse an diesem Ehrenamt hat, kann über die Homepage www.buergerbus-brilon.de mit dem Verein Kontakt aufnehmen.

Zu den meistfrequentierten Strecken gehört ein Abschnitt auf der Südschleife. Seitdem das Haus am Kurpark nicht mehr Erholungsheim des Reichsbundes ist, sondern es zieht mit seinen 110 Zimmern als klassisches Tagungs- und Urlaubsresort die Gäste an – und die wollen auch gerne in die Briloner Innenstadt. Wiese: „Da war der Bus oft proppenvoll.“

Auch bei Brilon Ticket wegen Corona Einbußen

Neben dem Bürgerbus hält die Stadt mit dem Brilon Ticket ein weiteres Angebot vor, auch ohne Auto mobil zu bleiben. Die Einwohner sollen, so Bürgermeister Dr. Christof Bartsch bei der Vorstellung des Angebots, „über den Preis, nicht über die Taktung dafür sensibilisiert werden, anstelle des Autos den öffentlichen Nahverkehr zu nehmen“. Das Brilon Ticket kostet 30 Euro im Monat und deckt sämtlich Fahrten mit Bus und Bahn innerhalb des Stadtgebietes inklusive der Dörfer ab. Für weitere Fahrten muss dann nur noch die Differenz entrichtet werden.


245 Einwohner habe sich das Anfang 2019 eingeführte Ticket bisher besorgt: Nach 108 im ersten Jahr, waren es in 2020 bereits 146. „Leider hat die Corona-Pandemie auch hier die Entwicklung gebremst“, teilt die Stadt auf eine Anfrage der WP mit. Die Verwaltung bleibe jedoch zuversichtlich und erwartet eine Steigerung von durchschnittlich 15 Prozent – wobei das letztlich auch von der weiteren Entwicklung der Corona-Krise abhänge. 29.000 Euro hat sich die Stadt dieses Angebot im vergangenen Jahr kosten lassen. Damit gleicht sie die Differenz der Brilon Tickets zum regulären Fahrpreis der Verkehrsbetriebe aus.

Sponsoren-Werbung

Auch für den Betrieb des Bürgerbusses steuert die Stadt Bares bei, und zwar 5000 Euro zu den Betriebskosten. Außerdem verpflichtete sie sich, für Verluste bis zu 5000 Euro gerade zu stehen. Co-Finanziers des Bürgerbusses ist auch die heimische Wirtschaft. Die Sponsoren können im Gegenzug auf dem Sprinter Werbung treiben.

Bei manchen, sagt der Vorsitzende des Bürgerbusvereins, hat der Bürgerbus offenbar ein völlig falsches Image. Günter Wiese. „Viele halten ihn für einen Behindertenbus. Aber das sind wir ja gar nicht.“

Info: Fahrpreise

Die Fahrpreise entsprechen dem Westfalenbus-Tarif

Einfache Fahrt: Erwachsene 2,10 Euro, Kinder von 6 bis 14 Jahren 1,20 Euro

4er Karte: Erwachsene 7,40 Euro, Kinder von 6- 14 Jahren 4,80 Euro

Tagesticket: 5,40 Euro

Schwerbehinderte (Ausweis, Beiblatt und Wertmarke): kostenlos

Der Bürgerbusverein Brilon ist dem Bürgerbusverbund Sauerland-Hellweg eG angeschlossen, dem insgesamt zehn Bürgerbusvereine angehören, darunter aus dem Altkreis Brilon noch Marsberg und Höhendörfer Winterberg

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