Winterberg. Nico von Kölln ist Kellner. Er erklärt, warum er trotz Kurzarbeitergeld Probleme bekommt und ob er Verständnis für die Einschränkungen hat.
Am Mittwoch (2.12.) wurde es ernst: Auf der Konferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten der Bundesländer wurde der Corona-Teil-Lockdown bis 10. Januar verlängert. Weitere Verlängerungen und Verschärfungen nicht ausgeschlossen. Die tourismusabhängige heimische Wirtschaft trifft das hart – jedoch nicht nur die Chefs und ihre Unternehmen, sondern auch die Arbeitnehmer.
„Es ist eine bedrückte, angespannte Stimmung, die auf die Psyche schlägt“, sagt Nico von Kölln. Wie knapp 3000 andere Menschen im Hochsauerlandkreis arbeitet er in der Gastronomie, ist Kellner im Nudelhaus in Winterberg. Am 1. November war sein vorerst letzter Arbeitstag. Tags drauf wurde noch geputzt, dann konnte er zwei Wochen ausstehenden Urlaub nehmen – seitdem ist er auf Kurzarbeitergeld angewiesen.
Bisher konnten er und seine Familie sich über Wasser halten: Das Kurzarbeitergeld wird vom Chef aufgestockt. Trotzdem habe er enorme Einbußen. „Es fehlen die Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge. Und es fehlt das Trinkgeld.“ Trotz aufgestockten Kurzarbeitergelds habe er deshalb erheblich weniger Einkommen als gewöhnlich, „aber 100 Prozent der normalen Kosten“.
Reserve ist im Januar weg
Durch den guten Sommer habe er sich ein kleines Polster aufbauen können, und wie für alle Bürger fielen auch für ihn derzeit Gelegenheiten zum Geldausgeben weg. So sei der November in gewöhnlichen Jahren der Reisemonat der Familie.
Doch alles in allem: „Spätestens mit der jetzt beschlossenen Lockdown-Verlängerung bis 10. Januar sind die Reserven aufgebraucht. Danach müsste ich Schulden machen, um die laufenden Ausgaben zu decken.“ Sein neuer Vermieter sei schon auf ihn zugekommen und habe freundlich nach der Lage gefragt. „Der hätte wohl Verständnis und würde uns nicht vor die Tür setzen. Aber erlassen kann er uns die Miete auch nicht.“
Zweifel an Maßnahmen
Der 30-Jährige ist Vater einer kleinen Tochter. Durch das Wegbrechen der umsatzstärksten Zeit macht er sich zum ersten Mal ernsthaft Sorgen um seinen Arbeitsplatz. Nie im Leben, sagt er, hätte er damit gerechnet, als gelernte Kraft in der Gastronomie in Winterberg jemals arbeitslos werden zu können. Sollte es so weit kommen, müsste er nach eigenen Worten über einen Umzug in eine andere Stadt nachdenken. Aber wohin?
Verständnis für die Beschränkungen hat von Kölln inzwischen nicht mehr. Seiner Ansicht nach werde die Gastronomie zum Buhmann gemacht und leide unter einer Strategie, die sich bereits als wirkungslos erwiesen habe. Wenn Lockdown, „dann ganz oder gar nicht“, meint er – schiebt aber gleich hinterher, dass er keiner Branche die Schließung wünsche. Dass allerdings zum Beispiel überfüllte Schulbusse fahren, während seine Branche trotz hoher Investitionen in Plexiglas, Hygienekonzepte und Desinfektionsmittel dichtmachen muss, versteht er nicht. Seiner Ansicht nach sollte es keinen Lockdown geben, für niemanden. „Wir sind alle mündige Bürger, die selbst entscheiden sollten, ob sie zum Beispiel das Risiko eines Restaurantbesuchs eingehen wollen oder nicht.“
Protest zu äußern, findet er schwierig: „Man kann nicht auf Demos gehen, sonst wird man direkt mit den Querdenker-Idioten in eine Ecke gestellt. Von denen möchte ich mich ganz klar distanzieren: Ich zweifle weder an der Krankheit noch an der Pandemie, nur an der Wirksamkeit der Maßnahmen.“