Brilon. Viele Teenager sehen selten einen Arzt und bekommen keine Jugenduntersuchungen. Das ist auch in Brilon so. Ein Mediziner erklärt die Wichtigkeit.

Während Kleinkinder verpflichtend zu Vorsorgeuntersuchungen müssen, haben Teenager und Jugendliche zwar Angebote, aber sie sind nicht vorgeschrieben. Das nutzen sie offenbar im Hochsauerlandkreis auch aus. Das geht aus Daten der Krankenkasse AOK vor. Unter den versicherten Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren, nahm im Jahr 2019 nur rund jeder Sechste die Untersuchungen bei einem Hausarzt wahr. Kinder- und Jugendarzt Michael Ecken aus Brilon kennt das Problem und erklärt, wieso die Untersuchungen wichtig sind.

Rückläufige Akzeptanz

„Die Jugenduntersuchungen J1 und J2 werden immer schon eher selten wahrgenommen“, erklärt der Arzt. Bei den Jugenduntersuchungen J1 und J2 handelt es sich um medizinische Checks, die sich an die U-Untersuchungen für Kinder anschließen. „Im Vergleich zu den Früherkennungsuntersuchungen für Kinder werden die Jugenduntersuchungen deutlich weniger genutzt. Dabei sind Gesundheitsangebote im Jugendalter für eine gesunde Entwicklung besonders wichtig und sollten unbedingt wahrgenommen werden“, so AOK-Serviceregionsleiter Dirk Schneider.

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„Aus meiner Sicht sind die Vorsorgeuntersuchungen sehr wichtig, weil hier nochmals eine komplette körperliche Untersuchung inklusive Hör- und Sehtest stattfindet. Hierbei können zudem auch nochmals Veränderungen am Skelettsystem festgestellt werden“, erklärt Michael Ecken die Wichtigkeit für die Untersuchungen. Außerdem merkt der Mediziner an, dass Eltern ihre Kinder in dem Alter nicht mehr häufig unbekleidet sehen und ihnen eine Haltungsstörung beispielsweise nicht mehr so einfach auffallen kann. Aus einer aktuellen Auswertung der AOK geht hervor, dass im vergangenen Jahr nur 17,5 Prozent der dort versicherten Jugendlichen das kostenfreie Angebot wahrnahmen. Im Vorjahr waren es 21,6 Prozent. Die J1 für Jugendliche zwischen 12 und 14 Jahren gehört zum Leistungskatalog aller gesetzlichen Krankenkassen. Die J2 hingegen finanzieren manche Kassen als freiwillige Zusatzleistung.

Haltungsschäden erkennen

Im Rahmen der J1-Untersuchung werden Größe, Gewicht und der Impfstatus sowie Blut und Harn überprüft. Bei der körperlichen Untersuchung klärt der Arzt die pubertären Entwicklungsstadien des Patienten sowie den Zustand der Organe, des Skelettsystems und der Sinnesfunktionen ab. Fehlhaltungen aufgrund von Wachstumsschüben sowie chronische Krankheiten können bei den Jugenduntersuchungen so frühzeitig erkannt und entsprechend behandelt werden. Auch auf eventuelle Hautprobleme und Essstörungen wie Magersucht oder Übergewicht wird in diesem Rahmen eingegangen. Sollte der Bedarf bestehen, kann der Arzt dann individuelle Präventionsmaßnahmen empfehlen.

Die Jugenduntersuchung J2 hingegen zielt zusätzlich unter anderem auf das Erkennen von Pubertäts- und Sexualitätsstörungen, Haltungsstörungen und Diabetes-Risiko ab. „Zu den Terminen sollten die elektronische Gesundheitskarte und der Impfpass mitgebracht werden“, informiert der Experte der Krankenkasse.

Regelmäßige Termine zur Früherkennung

Die erste wichtige Untersuchung zur Früherkennung im Leben eines Kindes ist die U1 direkt nach der Geburt.

Es folgen regelmäßige Check-ups bis zur U9, die im Alter von fünf Jahren ansteht.

Festgehalten werden sie im sogenannten Gelben Heft.

Zwischen 12 und 14 Jahren steht dann die J1 an.

„Beide Untersuchungen bieten neben einem Gesundheits-Check auch immer die Chance, ausführlich mit dem Arzt zu sprechen. Denn in dem Alter ist es wichtig, nicht nur die körperliche Entwicklung zu kontrollieren, sondern auch über die geistigen und sozialen Kompetenzen sowie eine gesundheitsfördernde Lebensführung zu beraten. Das persönliche Gespräch ist selbstverständlich vertraulich.“

Vorsorge wird vergessen

Michael Ecken weiß aber, dass es nur selten zu diesen Gesprächen kommt. Die Gründe dafür sind seiner Einschätzung nach vielfältig. „Die Abstände der Vorsorgeuntersuchungen werden mit zunehmendem Alter größer, so dass die Vorsorgen schneller in Vergessenheit geraten. Zudem sind ältere Kinder seltener krank und frequentieren somit nicht so häufig die Praxis wie das noch in jungen Jahren der Fall ist.“ Somit würde die Chance entfallen, in der Praxis auf die Möglichkeit der J1 und J2 Untersuchungen hinzuweisen. Ecken: „Einige Jugendliche lassen sich in der Pubertät nicht von der Notwendigkeit einer Untersuchung überzeugen, empfinden den zusätzlichen Arztbesuch als lästig.“