Olsberg. „Auf ein Wort“ heißt unsere montägliche Rubrik. Dechant Richard Steilmann aus Olsberg erklärt heute, warum er den Herbst so liebt.
Kahl geschoren sind die Felder bei uns im Sauerland. Aus den Gärten grüßen die letzten Blumen. Der Herbst legt sein Herbstkleid an. Rot leuchten der Wein an der Hauswand und die Äpfel in Nachbars Garten. Wieder ist ein Sommer vorbei. Dieses Jahr steht ganz im Zeichen von Corona.
„Schön ist der Herbst!“
Warum Dieser Virus bestimmt zurzeit unsere Tagesabläufe. Nichts mehr ist selbstverständlich. Die Zahlen steigen wieder an und viele haben Angst, dass sie sich infizieren. Auch wenn uns Corona weiterhin auf Trab hält, liebe ich den Herbst. Schon als Kind habe ich den Herbst gemocht. Das bunte Laub, das im Gegenlicht für ein paar Tage noch gelb und rot aufstrahlt. Wieder ein Sommer unwiederbringlich abgeerntet und vorbei. Die Kastanien, die feucht glänzend unter den Bäumen liegen.
Nicht nur ein Zeichen für Vergänglichkeit
Die Nebelfetzen, in denen die Sonnenstrahlen auf- und abtanzen. Die Silberfäden, die in der Luft hängen. Der Tau liegt glitzernd im Gras und die Netze der Spinnen wandeln sich in filigrane Kunstwerke. Gelegentlich duftet auch noch ein Kartoffelfeuer von weit her. Über die Wiesen schweben die Drachen. Und mit kindlichem Vergnügen schlurfe ich dann gerne durch das hohe, gefallene Laub. Ich bleibe dabei: Schön ist der Herbst.
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Ich weiß, nicht alle finden ihn schön. Viele spüren im Herbst die Vergänglichkeit überdeutlich und können die Einsamkeit kaum ertragen. Man wird sich wohl oder übel damit abfinden müssen, dass alles verwelkt und verweht. Leidvolle Situationen wie Krankheit, Unglücke, besonders auch das Erleben von Tod in seinen Facetten machen uns deutlich, wie vergänglich das Leben ist.
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Kein Anlass zur Schwermut
Da passiert es dann schnell: Schwermut macht sich breit, Verhärtung der Seele, die auch am Körper wahrzunehmen ist. Nur Glaube, Hoffnung und Liebe werden nicht vergehen, sagt die Bibel. Wenn alles vergeht, der Glaube wird bleiben. Er ist das Gefäß für die Ewigkeit. Wenn alles verwelkt, die Hoffnung bleibt. Sie greift über den Tag hinaus. Wenn alles vermodert, die Liebe bleibt.
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Sie bewahrt alles zärtlich auf, was geschieht. Sie wird den Herbst überdauern, die Zeit der fallenden Blätter und der bedrohlichen Stürme. Der Herbst bringt zwar den Abschied vom Sommer, aber zugleich eröffnet er neue Chancen. Denn der Herbst ist die Zeit der stilleren Tage. Da wird es Zeit, Türen nach innen zu öffnen. Es wird Zeit, den Sommer nachklingen zu lassen. Es wird Zeit, loszulassen und Konflikte zu lösen.
Baustellen des Lebens
Wo ich bereit bin, an den Baustellen meines Lebens zu arbeiten, kann sich auch wieder etwas Neues in meinem Leben ereignen: Da ist ein älterer Mann, der durch eine Krankheit wieder neu entdeckt, was für ihn wichtig im Leben ist. Ein Anderer hat nach verlorener Arbeit neue Talente in sich entdeckt und sie zur Entfaltung gebracht- nicht nur zur eigenen Freude. Der Herbst ist die Zeit sich zu entspannen und sich zu pflegen an Leib und Seele. Zeit, Wärme zu suchen und Freundschaften aufleben zu lassen. Zeit der Reife, Zeit der Ernte. Auch ganz persönlich. Ganz für sich selbst.