Brilon. Auf die leichte Schulter nahm ein 19-Jähriger mit Migrationshintergrund bisher das Rechtssystem. Jetzt stand er in Brilon erneut vor Gericht.

Vor den drei Wochen Dauerarrest, zu denen er am Amtsgericht Medebach im April vergangenen Jahres verdonnert worden war, hatte sich der 19-Jährige bisher gedrückt. Vor dem jüngst im Juni angesetzten Termin vor dem Jugendschöffengericht in Brilon auch. Das nützte ihm aber nichts. Im Gegenteil. Seit gut drei Wochen schmorte der junge Mann hinter Gittern.

Denn um nicht noch einmal auf ihn warten zu müssen, hatte Vorsitzender Richter Härtel einen sogenannten Sicherungshaftbefehl verhängt und den jungen Mann einbuchten lassen. Deshalb musste der Angeklagte die Verhandlung auch in Fußfesseln ertragen. Die nahmen ihm die Justizwachtmeister ab, nachdem ihm Richter Härtel eindringlich klar gemacht hatte, dass er „den Schuss vor den Bug“ jetzt doch wohl verstanden haben müsse.

Auch in Medebach schon vor Gericht

Schon das Amtsgericht Medebach hatte dem jungen Mann mit Migrationshintergrund eine „schädliche Neigung“ bescheinigt und ihn wegen Nötigung, Bedrohung und Körperverletzung zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Die hatte das Gericht auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt, ihm allerdings als spürbare Folge seines Fehlverhaltens den Dauerarrest aufgebrummt.

Kleines Rechtslexikon

§ 16 Jugendgerichtsgesetz

(1) Der Jugendarrest ist Freizeitarrest, Kurzarrest oder Dauerarrest.

(2) Der Freizeitarrest wird für die wöchentliche Freizeit des Jugendlichen verhängt und auf eine oder zwei Freizeiten bemessen.

(3) Der Kurzarrest wird statt des Freizeitarrestes verhängt, wenn der zusammenhängende Vollzug aus Gründen der Erziehung zweckmäßig erscheint und weder die Ausbildung noch die Arbeit des Jugendlichen beeinträchtigt werden. Dabei stehen zwei Tage Kurzarrest einer Freizeit gleich.

(4) Der Dauerarrest beträgt mindestens eine Woche und höchstens vier Wochen. Er wird nach vollen Tagen oder Wochen bemessen.

In Brilon ging es wieder um einen Nötigungsvorfall, um Schwarzfahren und um Fundunterschlagung. Zweimal war der 19-Jährige auf Kurzstrecken, zum Beispiel von Brilon nach Olsberg, erwischt worden, einmal allerdings auch auf der Fahrt von Kassel nach Frankfurt. Ticketpreis: 89,90 Euro. Er habe, so beteuerte er, gedacht, dass sein NRW-Ticket auch auf dieser Strecke gelte. Dagegen, so Richter Härtel, spreche doch schon der Name.

Ausweise von Portemonnaie verschluckt?

Eine seltsame Ausrede hatte der Angeklagte auch dafür, dass er monatelang zwei gefundene Personalausweise in seinem Portemonnaie mit sich herumtrug und angeblich nur keine Zeit gefunden habe, die Dokumente bei der Polizei abzugeben. Dabei, so Härtel, hätte er sie nur in einen Briefkasten einwerfen brauchen. Die Einlassung, dass die Ausweise in den Tiefen seiner Geldbörse aus dem Sinn geraten seien, ließ der Richter nicht gelten. Wahrscheinlich habe er die Ausweise für „nicht näher konkretisierte“ Zwecke missbrauchen wollen in der Hoffnung, dass „jemand nicht genau drauf schaut“.

100 Stunden Arbeit im Tierheim

Wegen der Schwarzfahrten und der Fundunterschlagung verurteilte ihn das Gericht unter Einbeziehung des noch aus Medebach offenen halben Jahres zu einer neunmonatigen Jugendstrafe zur Bewährung. Drei Jahre darf sich der Angeklagte nichts zu Schulden kommen lassen.

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Zudem muss er den bisher umgangenen Dauerarrest nachholen und zudem 100 Stunden gemeinnützige Arbeit im Briloner Tierheim leisten. Damit, so Richter Härtel, habe das Gericht ihm noch einmal „die Chance gegeben, unseren Rechtsstaat zu akzeptieren“