Winterberg. Der Besucherrückgang macht Kinos Sorgen. Auch in Winterberg. Filmstudios wie Disney machen dem Kino in der Corona-Krise aber jetzt mehr Probleme.

Dass die Zeiten nicht rosig sind, diese Feststellung teilen die Kinos mit vielen anderen Branchen. Erst kürzlich wendeten sich die Vertreter von 68 deutschen Kinobetreibern mit einem offenen Brief an Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Darin die dringende Bitte um weitere finanzielle Unterstützung. Bleibe diese aus, sähen die Unternehmen „ihr Lebenswerk bedroht.“ Betrifft das auch das Kino in Winterberg , das im Juni nach der Corona -Zwangspause wieder öffnete?

Die Unterzeichner des offenen Briefs sehen sich selbst als „der Kino-Mittelstand“; die 68 Firmen hätten zusammen 1300 Leinwände. Der Brief geht also eher von größeren Kinobetreibern aus. „Aber unterschreiben könnte ich den Inhalt auch“, meint Joachim Wahle, der mit seiner Frau Annette das Winterberger Kino besitzt und betreibt.

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Was überraschend sein mag: Es ist nicht die Beschränkung der Besucherzahlen, die den Kinobetreibern am meisten Sorgen macht. Auch Wahles nicht, obwohl sie einen Rückgang von 50 bis 60 Prozent verzeichnen und im Frühling zehn Wochen lang schließen mussten. „Das Hauptproblem derzeit ist, dass es keine neuen Filme gibt“, sagt Wahle. Denn die Filmstudios verschieben ihre neuen Streifen und hoffen auf bessere Zeiten. „Der neue James Bond, Top Gun 2… alles verschoben. Mulan 2 hatte Disney ebenfalls verschoben, jetzt ist er bereits im Streaming verfügbar.“

Nur-im-Kino-Zeit wird kürzer

Konzerne wie Disney hätten bei ihren strategischen Entscheidungen hauptsächlich die USA und Asien, aber selten Europa im Blick. Und vor allem in den USA sind die meisten Kinos aufgrund der weiterhin steigenden Corona-Infektionszahlen noch komplett geschlossen.

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Der Sender CNBC veröffentlichte Anfang August eine Statistik, nach der 79 Prozent der US-Kinos weiterhin dicht sind. „Wir gehen jetzt schon in kleine Verleihe und einige deutsche Produktionen laufen seit vielen Wochen, weil die großen Studios so gut wie nichts auf dem Markt haben“, sagt Joachim Wahle.

Ein weiteres Problem: Auch das sogenannte Auswertungsfenster schrumpfe und schrumpfe – es bezeichnet die Zeit, in der neue Filme nur im Kino und nicht anderswo gezeigt werden dürfen. Dieses Schrumpfen wird auch in dem offenen Brief bemängelt: Kürzlich wurde bekannt, dass eines der größten Filmstudios, Universal Studios, und der weltgrößte Kinobetreiber AMC ihr internes Auswertungsfenster von 90 auf nur noch 17 Tage reduziert haben.

Da eine AMC-Tochter auch zweitgrößter deutscher Kinobetreiber ist, sehen die Unterzeichner die Gefahr, dass auch in Deutschland die Nur-im-Kino-Zeit von Filmen sehr kurz werden könnte.

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In der Hochzeit der Beschränkungen suchten viele Branchen neue Wege. Familie Wahle organisierte ein Autokino, zusammen mit dem Freizeitpark Fort Fun und einer Firma für Veranstaltungstechnik. „Das lief die ersten drei Wochen auch sehr gut“, sagt Joachim Wahle. „Es war wohl genau das richtige Angebot zur richtigen Zeit.“ Aber die Zeiten änderten sich rasch. In der vierten Woche sei es bedeutend ruhiger geworden und in der fünften „hatte sich das im Grunde erledigt.“ Nach und nach gab es auch wieder andere Freizeitangebote.

Dass das Winterberger Kino durch die derzeitigen Probleme in Existenznot kommen könnte, diese Furcht hat der Besitzer nicht. „Wir sind trotz allem optimistisch. Das Kino mit seinem Gemeinschaftserlebnis hat auch heute noch einen Stellenwert.“

Pläne fürs Foyer

Weil die Wahles ihr Filmtheater allein betreiben und das Gebäude ihnen gehört, bleiben ihnen hohe Kosten für Immobilie und Personal erspart, die andere Betreiber plagen. Sie haben die Soforthilfe des Landes für kleine Unternehmen erhalten und hoffen nun auf eine zweite Unterstützung: Der Bund hat das Förderprogramm „Zukunftsprogramm Kino“ aufgelegt.

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Damit sollen Kinos gefördert werden, die an ihrem Standort eine strukturell oder kulturell wichtige Funktion erfüllen. Sie können bis zu 80 Prozent (statt normalerweise 40 Prozent) Fördermittel erhalten, wenn sie in ihre Zukunft investieren – zum Beispiel in neue Technik. Wahles würden, falls ihr Antrag bewilligt wird, mit dieser Hilfe gern ihr Foyer umbauen. „Wäre jetzt eine gute Zeit dafür.“