Arnsberg/Hoppecke. Bis zu seinem Ausraster in der Fa. Hoppecke im November war der 28-Jährige ein unbeschriebenes Blatt. In Arnsberg stand er jetzt vor Gericht.

Der 28-Jährige, der in der Nacht zum 1. November in der Fa. Hoppecke mit einer Eisenstange auf zwei Arbeitskollegen losgegangen und sie schwer verletzt hatte, ist schuldunfähig. Er leidet an einer akuten polymorphen psychiatrischen Störung mit Symptomen einer Schizophrenie.

Das Landgericht Arnsberg hat ihn in einem kurzfristig terminierten sogenannten Sicherungsverfahren auf unbestimmte Zeit in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Der Aufenthalt dort könne, so Landgerichts-Sprecherin Leonie Maas gegenüber der WP, durchaus über die bei einer gefährlichen Körperverletzung fällige Haftstrafe hinaus gehen. Der Mann werde jährlich daraufhin begutachtet, ob er noch eine Gefahr für die Allgemeinheit sei.

Vorher ein absolut unbeschriebenes Blatt

Bis zu jener Nacht war der 28-Jährige strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten, und auch die „imperativen Stimmen“ in seinem Kopf, die ihm die Tat befahlen, hatte er vorher offenbar noch nicht vernommen. Nach verschiedenen Tätigkeiten, unter anderem als Hausmeister in einem großen Hotel in Willingen, hatte er bei der Akku in Hoppecke angefangen.

§ 63 Strafgesetzbuch

§ 63 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, dass von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist.

Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Dort, so kam es in der Verhandlung zur Sprache, hätten sich bei ihm durch Schichtarbeit und Schlafmangel im Lauf der Zeit Belastungsstress und Spannungen aufgebaut. Gegen Mitternacht habe ihm eine Stimme gesagt, die Bleiplatten, die er aufbereitete, zu vernichten, da sie mit seiner Seele verbunden seien. Der 28-Jährige folgte dem Befehl und schmiss Platten und Unterlagen in einen Schmelzofen.

Als der Schichtleiter und ein Arbeitskollege, 64 Jahre alt und aus Marsberg der eine, 41 Jahre alt und aus Bestwig der andere, einschritten, um ihn davon abzuhalten, schlug er unvermittelt mit eine Eisenstange und dann mit einem Schraubenschlüssel auf sie ein. Der eine erlitt dabei mehrere Schädelbrüche, ein offenes Schädel-Hirn-Trauma und Blutungen unter der Hirnhaut, der andere einen Schädelbasisbruch. Beide lagen lange im Krankenhaus und leiden unter den Folgen.

Mutiges Einschreiten verhinderte Schlimmeres

Ein dritter Mitarbeiter konnte den 28-Jährigen stoppen. Beherzt griff er ein, die Schläge mit dem Schraubenschlüssel wehrte er mit den Unterarmen ab.

§ 20 Strafgesetzbuch

Schuldunfähigkeit: Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung, Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Am Anfang ihrer Ermittlungen war die Staatsanwaltschaft von versuchtem Mord ausgegangen. Kurz nach der Tat war der 28-Jährige aus der U-Haft in die psychiatrische Klinik Eickelborn verlegt und dort begutachtet worden.

Aufgrund seiner Psychose kam es letztlich nicht zu einer klassischen Anklage, sondern zu dem Sicherungsverfahren. Darin, so die Gerichtssprecherin, werde geprüft, ob die Voraussetzungen zu einer Unterbringung erfüllt sind.

Anwalt: „Mein Mandant war rundum beliebt.“

In der Verhandlung, so Leonie Maas, habe sich der Angeklagte „glaubhaft reuig“ gezeigt und sich für sein Handeln entschuldigt. Selbst die beiden so schwer verletzten Kollegen konnten sich die Tat nicht erklären, so Verteidiger Josef Mühlenbein (Brilon): „Mein Mandant war rundum beliebt.

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Alle haben nur Gutes über ihn erzählt.“ Besonders herausstellen möchte der Anwalt „Mut und Zivilcourage“ des dritten Kollegen, der sich dem 28-Jährigen entgegenstellte und ihn entwaffnete. Mühlenbein: „Das war eine bemerkenswerte Leistung. Es hätte Tote geben können.“

Die Entscheidung ist rechtskräftig