Winterberg/Hallenberg/Medebach. Annette Bruderek aus Medebach hat eine Ausbildung zur Kräuterpädagogin absolviert. Sie verrät, warum sie die Welt jetzt mit anderen Augen sieht.
Es blüht, grünt und duftet intensiv nach Sommer im Hallenberger Kräuter-Kümpchen. Annette Bruderek zeigt auf eine Pflanze, die in den Startlöchern steht und noch keine Farbe zeigt: Die „Gemeine Wegwarte“ oder „Blaue Blume“, die Heilpflanze des Jahres 2020. Die mag die Medebacherin besonders gern. Annette Bruderek hat gerade erfolgreich die Kräuterpädagogische Schulung der VHS-HSK absolviert und ist jetzt zertifizierte Kräuterpädagogin .
Einjähriger Lehrgang
Insgesamt 14 Teilnehmer/innen haben die einjährige Schulung als Wildkräuter- und Heilpflanzenpädagogen absolviert. Dabei wurde ihnen botanisches und volksheilkundliches Grundwissen vermittelt. Doch nicht nur Theorie, sondern viele praktische Schulungselemente haben die Ausbildung abgerundet: Auf dem Programm standen Exkursionen, Waldspiele, ein Wollfärbe-Projekt, die Zubereitung kulinarischer Kräutergerichte und die Erstellung eines eigenen Herbariums. Wegen der Corona-Krise musste zum Ende des Lehrgangs etwas improvisiert werden, um die noch fehlenden Unterrichtseinheiten durchzuführen. Deshalb kamen auch digitale Hilfsmittel zum Einsatz.
Der Blick auf die Natur verändert sich
Am Ende stellten die Teilnehmer bei einer Abschlussprüfung ihr Wissen unter Beweis. Eine gemeinsame Abschlussfeier mit Übergabe der Zertifikate war diesmal coronabedingt allerdings nicht möglich. „Die Teilnehmer kommen aus dem ganzen HSK, aber auch aus NRW und sogar darüber hinaus“, freut sich Inga Bramane, zuständig für die VHS-Geschäftsstelle Winterberg, Hallenberg, Medebach. Es war der siebte Kurs, der in Verbindung mit den Kräuterpädagogen in Westfalen angeboten wurde.
„Durch meine Arbeit als PTA kenne ich viele Pflanzen getrocknet, aber jetzt wollte ich sie auch mal lebendig kennen lernen“, erzählt Annette Bruderek. Durch die Beschäftigung mit der Kräuterpädagogik hat sich ihr Blick auf die Natur komplett verändert: „Bei mir haben jetzt ganz andere Pflanzen eine Chance. Bevor etwas raus gerupft wird, gucke ich erstmal genau hin. Und dann sehe ich zum Beispiel: Das ist kein Unkraut. Das ist der Giersch. Der wird jetzt gegessen“, lacht die Medebacherin. Ihr ist es wichtig, zu wissen, was um sie herum wächst und wie die Pflanzen heißen.
Im Frühjahr 2021 soll ein neuer Lehrgang starten
Die VHS plant, auch ab März 2021 wieder einen Lehrgang „Wildkräuter- und Heilpflanzenpädagogik“ anzubieten. Der Lehrgang vermittelt praxisnah botanische, volksheilkundliche und vegetationskundliche Grundkenntnisse. Kenntnisse zum behutsamen Sammeln von Wild- und Heilpflanzen sowie deren Verarbeitung und Aufbewahrung werden geübt. Planung, Organisation und Durchführung von Kräuterführungen und Workshops runden den Lehrgang ab.
Der Lehrgang dauert etwa ein Jahr und besteht aus 20 Terminen, die an zehn Wochenenden stattfinden und kann mit einer freiwilligen Prüfung abgeschlossen werde. Nach erfolgreich bestandener Prüfung erhält man ein Zertifikat, sonst bekommt man eine Bescheinigung.
Weitere Informationen gibt es bei der VHS Geschäftsstelle, Bahnhofstraße 12, in Winterberg, : 0291 94 5130. Die Anmeldung kann auch schon jetzt erfolgen.
Die Kosten für den Lehrgang liegen bei 1.350 Euro. Bildungs-Checks sowie Bildungsprämien können ebenfalls eingelöst werden.
Kräuter und Pflanzen vor der Haustür
Essbares findet man übrigens jede Menge direkt im Garten vor der eigenen Haustür: Brennnesseln, Löwenzahn, Gänseblümenchen und Giersch sind nur einige der Pflanzen, die sich schmackhaft und gesund zubereiten lassen. Annette Bruderek freut sich, dass alle Kursteilnehmer/innen mit so viel Begeisterung bei der Sache waren: „Wir waren eine richtig tolle Truppe und unsere Dozentin hat die Lehrinhalte sehr spannend und anschaulich rüber gebracht.“
Geleitet wurde der Kurs von Dr. Renate Lehminger-Mertens. Sie ist Diplombiologin und Biologielehrerin mit Schwerpunkt Botanik. Sie hat diese Aufgabe von Dr. Sigrun Machemer-Röhnisch übernommen, die den Anstoß für die Kräuterpädaogik in Hallenberg gegeben hat. Sie sagt: „Es war von Anfang an unser Ziel, etwas mehr Grundwissen in die Bevölkerung zu tragen.“ Das gelingt offenbar sehr erfolgreich: Seit dem ersten Kräuterpädagogen-Kurs 2007 wurden rund 120 Teilnehmer/innen ausgebildet.
Bildungsangebote in der Region an
Dr. Sigrun Machemer-Röhnisch: „Das öffentliche Interesse für die Natur und auch für natürliche Ernährung hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen.“ Sie erinnert sich noch gut an eine ehemalige Teilnehmerin, die gesagt hatte: „Jetzt sehe ich endlich nicht mehr nur Grün.“ Viele zertifizierte Wildkräuter- und Heilpflanzenpädagogen bieten in unserer Region Bildungsangebote für alle Altersgruppen, für Familien, Vereine, Kindergärten und Schulen an. Ein Ziel ist es, einen naturfreundlichen Tourismus zu fördern und einen Beiterag zum Umwelt- und Naturschutz zu leisten.
Kräuter-Kümpchen Hallenberg
Annette Bruderek weiß noch nicht genau, wie sie das neu erworbene Wissen künftig anwenden möchte. Sie überlegt, zunächst erstmal im Freundeskreis kleine Exkursionen mit kulinarischer Küche anzubieten und zu gucken, wo der Weg hingehen könnte. Auf jeden Fall ist es ihr wichtig, das Wissen präsent zu halten. Auch deshalb ist sie in den Verein Kräuterpädagogik in Westfalen eingetreten, der regelmäßige Fortbildungen, Vorträge und Exkursionen anbietet. Stellvertretende Vereinsvorsitzende ist Jutta Berkenkopf.
Sie engagiert sich gemeinsam mit anderen Naturliebhabern auch im Hallenberger „Kräuter-Kümpchen“. Es liegt hinter dem Info-Zentrum Kump. Dort, wo früher die „Miste“ des 250 Jahre alten Sauerländer Fachwerkhauses war, wird heute der wunderschön angelegte Schaugarten mit 80 vorwiegend heimischen Wildkräutern von Gartenfreunden und Kräuterpädagogen betreut. Das Kräuterkümpchen ist seit 2011 Mitglied der Garten-Route Eder-Lahn-Diemel .
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Weitere Infos: www.wildkräuterpädagogik.de oder telefonisch: 02984 1642 (Jutta Berkenkopf)