Hochsauerlandkreis. Auch im Altkreis Brilon hat der neue Bußgeldkatalog „Opfer“ gefunden. Der Hochsauerlandkreis stellt sich auf die Rückgabe von Führerscheinen ein.

Viele Autofahrer auch im Hochsauerlandkreis werden am Freitag aufgeatmet haben: Im Ende April verschärften und sehr umstrittenen Bußgeldkatalog sind bekanntlich Formfehler entdeckt worden.

Mehrere Bundesländer haben die neuen Regelungen daher außer Kraft gesetzt, das Vorgehen der Länder ist jedoch nicht bundesweit einheitlich.

In Nordrhein-Westfalen sollen neue und laufende Bußgeldverfahren wieder nach den alten Regelungen geahndet werden. Zum Umgang mit bereits rechtskräftig gewordenen Bescheiden will sich das Bundesverkehrsministerium noch äußern, weil die Straßenverkehrsordnung Sache des Bundes und nicht der Länder ist.

14 Tage Zeit für Einspruch

Der Hochsauerlandkreis bereitet sich deshalb vorsorglich darauf vor, die seit dem Inkrafttreten des neuen Bußgeldkataloges am 28. April eingezogenen Führerscheine schnellstmöglich zurückzugeben, teilte Pressesprecher Martin Reuther auf Anfrage der WP mit: „Der Kreis geht davon aus, dass die auf der Grundlage des novellierten Bußgeldkatalogs verfügten Führerscheinentziehungen keinen Bestand haben werden. Ob die seit dem 28. April eingezogenen Führerscheine zurückgegeben werden können, hängt von der endgültigen Entscheidung des Bundes ab, den derzeitigen Bußgeldkatalog wieder außer Kraft zu setzen.“

Im Nachbarkreis Fälle etwa verdreifacht

Der Kreis Olpe hatte bereits am Freitag nach Bekanntwerden des Formfehlers angekündigt, noch am gleichen Tag 17 Führerscheine zurückgeben zu wollen.

Seit der Einführung des neuen Bußgeldkataloges seien im Mai und im Juni 270 Fahrverbote verhängt worden, also 135 pro Monat; zuvor waren es im Schnitt 40 bis 50.

In Köln war die Zahl der Fahrverbote in vier Wochen von 94 auf über 1000 Fälle gestiegen.

Diese Entscheidung werde voraussichtlich heute vom Bund getroffen. Aktuelle Zahlen, wie viele Führerscheine kreisweit seit Ende April im Vergleich zum Vorjahr abgegeben werden mussten, hat der Kreis noch nicht vorliegen.

Verkehrsrechtsexperte und ADAC-Anwalt Oliver Brock aus Brilon rät allen Betroffenen dennoch: „Erheben Sie gegen einen noch nicht rechtskräftigen Bußgeldbescheid innerhalb von 14 Tagen schriftlich oder per Fax mit Sendebericht Einspruch, um im Zweifelsfall keine Fristen zu versäumen.“

Wer schon bezahlt hat, besitzt schlechte Karten

Ein Einspruch per Telefon oder eMail reiche nicht aus. Es gebe aktuell noch keine bundeseinheitliche Regelung, man solle sich lieber nicht darauf verlassen, dass die Verfahren automatisch geändert würden, das könnten Behörden und Gerichte schon personell gar nicht leisten. Wer seinen Bußgeldbescheid dagegen schon bezahlt habe, habe deutlich schlechtere Karten, könne aber unter bestimmten Voraussetzungen einen sogenannten Wiedereinsetzungs-Antrag stellen. In den vergangenen Wochen hat Oliver Brock einen deutlichen Anstieg von Rechtsberatungen bei Bußgeldverfahren festgestellt.

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Zu früh freuen sollten sich Temposünder jedoch nicht: Die Vergehen werden nach der alten und damit vor dem 28. April gültigen Straßenverkehrsordnung geahndet.