Brilon. Ist die Stadt Brilon wortbrüchig? Ein fast 20 Jahre alter Grundstückstausch sorgt für Ärger. Es geht um zwei Bauplätze auf der grünen Wiese.
Am Kalvarienberg bleibt alles so wie es ist. Bis auf weiteres wird es dort weder eine neue Straße noch eine neue Häuserzeile geben. Grund: Die Stadt beißt bei Anliegern, deren Grundstücke für die Erschließung benötigt werden, auf Granit. CDU-Stadträtin hat dafür Verständnis: „So doof ist doch keiner.“
Bei zwei Gegenstimmen der Briloner Bürgerliste (BBL) hat der Rat jetzt beschlossen, die Aufstellung eines Bebauungsplanes „ruhend zu stellen und die weitere Entwicklung abzuwarten“. Unterhalb des Waldes wollte die Stadt einen Baustreifen ausweisen. Insgesamt elf Bauplätze wären dort möglich gewesen, zwei bis drei weitere hätten linksseitig der neuen, von der Ackerstraße ausgehenden Erschließungsstraße entstehen können. Und genau an der scheiterte das Vorhaben.
Verwaltung kommt „keinen Millimeter weiter“
Die Erschließung des Baugebietes - insgesamt rund zwei Hektar - soll laut Planung über einen derzeit dort vorhandenen Wirtschaftsweg führen. Um den entsprechend auszubauen und die neue Straße vernünftig an die Ackerstraße anzubinden, wären Eingriffe in die Nachbargrundstücke nötig gewesen. Doch deren Eigentümer wollten - so Stadtplanungsamtsleiter Gernot Oswald im Bauausschuss - „nicht einen Quadratmeter abgeben“, die Stadt komme dort „keinen Millimeter weiter“.
SPD: Einzelne verhindern hier etwas
Bei den politischen Vertreten fanden die Anlieger sogar Verständnis: Warum sollten sie denn? Schließlich würde ihnen nicht nur der Blick ins Grüne verbaut, sie würden zudem an einer weiteren Grundstücksseite Verkehr und bekommen und müssten sogar auch noch Erschließungsbeiträge und erhöhte Grundbesitzabgaben zahlen. Karin Bange (CDU): „Von uns würde das doch auch keiner machen.“ Das sah Hubertus Weber (SPD) etwas anders: „Einzelne Personen verhindern hier was. Das ist schade.“
Die Verwaltung hatte angesichts der festgefahrenen Fronten über einen Anwalt „anderweitige Zugriffsmöglichkeiten“ - dazu gehören Umlegung und Enteignung - prüfen lassen. Die, so die Verwaltung, seien in diesem Fall allerdings „städtebaulich nicht zu begründen“ und hätten deshalb „wenig Aussicht auf Erfolg“.
Deshalb hatte die Stadt sogar vorgeschlagen, das eingeleitete Verfahren komplett aufzuheben. Das wäre auch im Sinne der Briloner Bürgerliste (BBL) gewesen.
Zum einen, so BBL-Stadträtin Christiane Kretzschmar, würde das Baugebiet derart nah an das Wäldchen auf dem Kalvarienberg heranrücken, dass dessen Wert als zentrales Naherholungsgebiet verloren ginge. Und Reinhard Loos sagte, dass die Stadt rund 700.000 Euro Erschließungskosten ausgeben müsste, nur „um einigen wichtigen Personen entgegen zu kommen“.
Eigentümer gingen auf Wünsche der Stadt ein
Der Anlass für die Aufstellung eines Bebauungsplanes liegt lange zurück. Als die Stadt im Bereich des Burhagener Weges Bauplätze auswies, brachten die Eigentümer von rund 7200 qm Bauerwartungsland ihre Flächen in die Umlegung ein und erhielten dafür vier Bauplätze.
Bauleitplanung schon 2013 angestoßen
2013 stellten die Eigentümer der beiden umstrittenen Tauschgrundstücke den Antrag auf Erschließung.
Zu Beginn des Verfahrens, im Jahr 2017, hatten die Stadtwerke den von den Anliegern zu tragenden umlagefähigen Erschließungsaufwand auf insgesamt 322.200 Euro kalkuliert; dabei nicht berücksichtigt waren die von den künftigen Bauherren individuell zu tragenden Kosten für Ver- und Entsorgung.
Einer der beiden Bauplätze befindet sich ganz am südlichen Ende des geplanten Baugebietes und wird auch durch den bestehenden Bebauungsplan Nr. 65 abgedeckt.
Dort wären vier Bauplätze möglich; aber auch dort stößt die Stadt mit der Erschließung bei den Anliegern auf Granit.
Weil es dort dann Bauherren gab, die explizit zwei dieser Grundstücke selbst nutzen wollten, die Eigentümer ihre Flächen damals als Wertanlage sahen, gingen sie auf den Vorschlag der damaligen Verwaltung ein, diese beiden Plätze gegen städtische Flächen am Kalvarienberg zu tauschen mit der Zusage, dass dort später Bauland ausgewiesen werde. Was Reinhold Huxoll heute sehr verwunderte: „Ich weiß nicht, was unsere Altvorderen dabei geritten hat.“ Man könne das Bebauungsplanverfahren „liegen lassen, aber schöner wäre es, das zu beheben.“
Nicht umsetzbarer Planung belastet Flächenkontingent
Das unterstützte die BBL nicht nur aus fundamentalistischen, sondern ganz pragmatischen Gründen: Denn auf die Frage von Christiane Kretzschmar, ob der nicht umsetzbare Bebauungsplan „zu Lasten anderer Baumöglichkeiten in der Stadt“ gehe, antwortete Gernot Oswald: „Die Ausweisung belastet unser Kontingent im Flächennutzungsplan.“
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