Brilon. Viele Motorradfahrer werden stigmatisiert. Das finden Veronika Neumann und Ralf Busch aus Brilon. Wieso sie die Motorradraser aber auch nerven.
Veronika Neumann ist eine Spätberufene, wie sie selbst sagt. „Ich hab mit 46 Jahren meinen Motorradführerschein gemacht.“ Eine Leidenschaft, die erst mit den Jahren verkümmert ist – bis vor fünf Jahren. Jetzt fährt die 51-jährige rund 12.000 Kilometer pro Jahr mit ihrer Suzuki 1250FA. 1250 Kubik, 98 PS. Meistens durchs Sauerland, weil sie dort lebt – in Brilon. Sie fährt immer so, dass die Polizei sie nicht anhalten würde. Ein Fahrverbot, wie es derzeit diskutiert wird, kann sie nicht verstehen.
„Die haben butterweiche Herzchen“
Veronika Neumann holt ein wenig aus, wenn sie über das Verbot von Motorrädern während Sonn-und Feiertagen auf den Straßen redet. Dann spricht sie von ihren Mädels auf den Bikes, mit denen sie sich regelmäßig trifft. Mädels zwischen 30 und 70 Jahren. Die „kurzen Mädels“, alle klein und trotzdem Bikerinnen. Sie selbst ist 1,62 Meter groß.
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„Ich denke, viele Menschen sehen Motorradfahrer als böse, tätowierte Kerle mit Kutten. Aber dazu gehören auch Frauen, Mütter, Omas. Letztendlich sind die Motorradfahrer unter sich eine große Familie und die Jungs mit Bärten und Kutten tofte Kumpels, die einem ihr letztes Hemd geben würden. Die scheinen unnahbar und wie harte Kerle, aber haben butterweiche Herzchen.“ Veronika Neumann glaubt, dass viele Menschen das verkennen. „Motorradfahrer treten laut und in Rudeln auf und ein Großteil der Bevölkerung denkt dabei an die Hells Angels. Oder die Bandidos.“ Sie lacht. „Da herrschen noch einige Berührungsängste.“ Dabei ist der Zusammenhalt in der Szene groß. Wenn Veronika Neumann an der Straße steht, halten die Biker direkt, um zu helfen. Große Familie eben.
Gesetzgebung muss straffer werden
„Es ist Schade“, sagt sie. Schade, dass manche durch laute Motorräder auffallen müssen. Durch zu schnelles Fahren. Durch gefährliches Fahren. „Das ist Blödsinn, völlig armselig. Ich sage immer, wer nichts anderes kann, der ist laut.“ Für sie muss es nicht schöner, besser oder lauter sein. Sie sagt aber auch, dass die Fahrerinnen und Fahrer, die „getunte Tüten“ an den Bikes haben, keine schlechten Menschen sind. „Wenn die Gesetzgebung nicht sagt, dass dieses Zubehör serienmäßig nicht mehr zugelassen wird, dann bleibt es auch weiterhin legal zu kaufen.“ Die Gesetzgebung sei gefragt, hier stärker durchzugreifen.
Nicht alle Motorradfahrer in Sippenhaft nehmen
„Es wäre schön, wenn nicht alle Motorradfahrer in Sittenhaft genommen würden. Die Allgemeinheit soll nicht unter wenigen leiden. Wenn die Fahrverbote an Sonn- und Feiertagen kommen, ist das, als würde man Fahrradfahrern das Fahrradfahren verbieten.
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Oder Wanderern das Wandern.“ Das Problem: Selbst Motorradfahrer leiden unter denjenigen, die sich nicht an die Regeln halten. Wenn die Motorradfahrer die Straßen entlangrasen, dann kann auch Veronika Neumann ihre Touren nicht genießen. „Am liebsten fahre ich den Albrechtsplatz mit den Kurven. Ich fahre ordentlich und gefährde keinen.“ Viele würden allerdings durch die Kurven heizen.
Vorurteile aus dem Weg räumen sei wichtig
Wenn man sie fragt, was sie den Menschen gerne sagen würde, um Vorurteile aus dem Weg zu räumen, antwortet sie sofort: „Unter jedem Helm steckt ein Bruder, ein Vater oder eine Oma oder ein Opa. Nicht nur Krawallbrüder.“ Sie findet es nicht fair, dass viele Motorradfahrer pauschal verurteilt würden. Sie versteht auch die Anwohner, die im Sauerland an den beliebten Bike-Straßen leben und unter dem Lärm leiden. „Aber im Sauerland muss ich damit rechnen, dass neben meinem Haus eine Kuh auf der Wiese steht und ich muss damit rechnen, dass Biker die Straßen entlang fahren.“ Das gehöre zur Region dazu. „Und die lebt ja auch von den Motorradfahrern. Tankstellen, Restaurants, Cafés und Hotels überleben von den Bikern. Da hängen Existenzen und Arbeitsplätze dran.“
Mehr Aufklärung wünschen sich die Biker
Ralf Busch ist auch Motorradfahrer. Er lebt in Brilon, fährt mit seinem Kumpel gerne am Wochenende los. Macht lange Touren durch die Region. Zu den Stauseen. „Eine wunderschöne Gegend, am besten mit dem Motorrad zu erkunden“, sagt er.
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Er sagt aber auch: „Gegen diese Raser mit Ihren teilweise nicht eingetragenen Sportauspuffanlagen müsste etwas unternommen und die Strafen viel höher angesetzt werden.“ Es gibt für ihn nicht nur schwarz und weiß. Er fühlt sich als Motorradfahrer falsch verstanden, wenn die Raser durch die Orte lärmen, während sich viele der Motorradfahrer an Geschwindigkeitsbegrenzungen halten und ihre Bikes nicht noch illegal tunen.
Er würde gerne für mehr Aufklärung sorgen. „Das ist ja ganz ähnlich wie auch bei den Autofahrern, auch da gibt es schwarze Schafe mit getunten und ebenfalls lauten Fahrzeugen. Die Polizei sollte an den stark frequentierten Ausflugszielen mehr präsent sein und eben dort diese schwarzen Schafe aus dem Verkehr ziehen.“
So wie Veronika Neumann und Ralf Busch sehen es viele Menschen aus Brilon, aus der Umgebung. Sie haben sich bei einer Facebookumfrage der WESTFALENPOST geäußert. Viele können beide Seiten verstehen – ein Überblick.
Selbst ich als Motorradfahrer finde die Dinger zu laut. Ich selbst versuche, möglichst leise und gelassen zu fahren um keinen zu stören oder in Bedrängnis zu bringen. Mark FO
Wir wohnen an einer der beliebtesten Strecken zwischen Möhne- und Diemelsee, an Wochenenden haben wir ca. 700 Durchfahrten und etliche, die bei uns am Haus zu einer Tankstelle abbiegen. Im Garten sitzen können wir nicht. In der Woche lärmen Trecker, Lkw und sonstige und am Wochenende besuchen die Biker gerne unser idyllisches Dorf. Und jeder denkt (wenn überhaupt), ich bin ja ruckzuck hier durch, das stört ja nicht. Doch! Wir haben auch nicht verstanden, dass diese Touren erlaubt waren, als jegliche Fahrten zu touristischen Zwecken in NRW verboten waren. Was ist das denn sonst? Reines Privatvergnügen. Diejenigen, die so zur Arbeit fahren, ausgenommen. Katja Nehring
Nun ich wüsste gerne, ob sich einer von euch das Hobby am Wochenende verbieten lassen würde? Der meiste Lärm geht auf das Konto von (Entschuldigung) Idioten die sich untereinander profilieren müssen und extra aufdrehen! Nicht, dass ich Euch nicht verstehen kann, aber irgendwann ist auch mal gut mit der Bevormundung. Michaela Linnemann
Frag mal die Gastronomen. Die werden nicht begeistert sein, wenn von den Bikern keiner kommt. Dieden Joe
Viele Motorradfahrer haben nur das Wochenende und Feiertagen, um zu fahren. Ich würde es sehr traurig für jeden einzelnen Motorradfahrer finden. Es bedeutet sicherlich für viele, rauskommen, Freiheit genießen und einfach Spaß zu haben. Anja Katharina Baum
Ich bin leidenschaftlicher Motorradfahrer! Ein Fahrverbot am Wochenende wäre ein NoGo! Sicher kann man die Anwohner verstehen, die sich gestört fühlen. Was allen fehlt, ist ein gesundes Miteinander und Rücksichtnahme! Michael Gawliczek
Ich selber fahre kein Motorrad, aber ich finde es nicht schön, wenn den Fahrern ihr Hobby weggenommen werden soll. Manche können nun mal nur an solchen Tagen fahren, da sie sonst berufstätig sind und keine Zeit haben und denen soll das dann genommen werden?! Das finde ich nicht gut. Den Krachmachern kann man einen Riegel vorschieben und verwarnen, aber nicht auf die Allgemeinheit abwälzen. Jessika Hei