Brilon. Lieferdienste, Kurzarbeitergeld und Senkung der Mehrwertsteuer – hilft das durch die Krise? Briloner Gastronom über seine Meinung.

Sie gehört zu einer der ersten Branchen, die wegen der Corona-Krise Einschränkungen einstecken musste. Und hat noch keine bestätigten Aussichten auf Lockerungen – die Gastronomie. Besonders kleine Restaurants, Bars und Bistros haben mit der Schließung zu kämpfen, da komplette Einnahmen wegfallen.

Die am frühen Donnerstagmorgen von der Koalition beschlossenen Maßnahmen zur Aufstockung des Kurzarbeitergelds und Reduzierung der Mehrwertsteuer sind erste Besserungen, doch reicht das? Viele halten sich mit Liefer- und Abholdiensten über Wasser, doch auch das ist keine langfristige Lösung. So empfindet zumindest Andreas Piorek, Inhaber des Restaurants „Der Jägerhofs“ in Brilon.

Lieferservice über Ostern

„Wir waren überrascht von der kompletten Schließung. Erst durften wir ja noch bis nachmittags öffnen, doch schon da hatten wir weniger Umsatz, fast nur 20 Prozent“, erinnert sich der Gastronom. Seitdem hin seinem Restaurant gähnende Leere. Über Ostern bot er einen Lieferservice an, der sehr gut ankam. „Da ging es weniger um Profit. Wir wollten unseren Stammgästen eine Freude machen und zeigen: wir denken an euch“, sagt Piorek. Für das erste Maiwochenende plant er so etwas noch einmal. Dann mit einem speziellen Grillpaket für alle, die anstatt der Bollerwagen-Tour frische Steaks, neue Saucen und etwas „Jägerhof“ für zu Hause genießen wollen. Viele seiner Kollegen aus der Gastronomie bieten einen Lieferdienst durchgehend an, doch er sieht ein Problem: „Je mehr so etwas in Programm nehmen, desto weniger lohnt es sich.“ Das Angebot wäre dann einfach zu hoch und auf jedes Restaurant würden weniger Gäste und damit weniger Einnahmen kommen.

Gastro-Demo „Leere Stühle“

Um auf die prekäre Situation der Gastronomie aufmerksam zu machen, planen Gastronomen heute deutschlandweit eine Protest-Aktion, bei der leere Stühle und Tische auf die Straßen gestellt werden.

Auch in Winterberg findet eine „Leere-Stühle-Demo“, initiiert von verschiedenen Gastronomen, statt (Seite 6).

In Brilon ist keine Aktion geplant, sagt Andreas Piorek.

Zwar gibt es die Soforthilfe, die der Jägerhof-Inhaber beantragte und direkt bekam, doch auch die ist nur etwas für den Moment. „Das funktionierte gut und schnell. Doch auf lange Sicht ist das nichts“, sagt Piorek. Glücklicherweise fand er einen Kompromiss mit seinem Pächter und muss nicht die komplette Pacht zahlen. Laufende Kosten, Versicherungen oder Reparaturen, weil Geräte länger nicht benutzt werden, stehen trotzdem an.

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Seine sieben Mitarbeiter erhalten Kurzarbeitergeld. Dass das erhöht wird, findet er gut, allerdings mit einem Haken: Es greift erst ab den vierten Monat und nicht in der aktuellen Notlage. Auch die Minderung der Mehrwertsteuer sieht er kritisch: „Das ist ganz schön, aber im Moment, wenn kein Umsatz gemacht wird, bringt es wenig. Es hilft erst etwas, wenn der Betrieb wieder losgeht.“ Die beschlossenen Verbesserungen und Abhilfen durch Lieferdienste sind demnach nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, keine direkte Lösung des Problems.

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Ungewissheit bleibt

Was bleibt ist die Ungewissheit. Nicht genau zu wissen, wann und wie es weiter geht, wie lange es keine Einnahmen gibt und welche Perspektive die Gastronomie hat. „Man hat nichts, worauf man hinarbeiten oder sich einstellen kann“, sagt Andreas Piorek. Er wünscht sich mehr Informationen, Klarheit und eine Perspektive. Eine Öffnung am 4. Mai, wie sie zur Diskussion steht, würde ihm diese Gewissheit geben, die ihm und vielen anderen Gastronomen fehlt.

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Vorbereitungen für Wiederöffnung

Wie die Sicherheitsabstände in seinem Restaurant eingehalten werden können, hat er bereits überlegt. Auch Renovierungen, wie das Streichen der Küche, Ausräumen der Regale, hat der Gastronom schon alles vorgenommen. „Ich hab viel Zeit, aber man gewöhnt sich auch schnell daran und wird faul. Trotz bitterem Beigeschmack kann der Trott auch ganz schön sein.“

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Um seinen Gästen bei der Wiedereröffnung, was bieten zu können, arbeitet er und sein Team aktuell an einer neuen Wein- und Speisekarte. Außerdem hofft er, dass es für die Außengastronomie schnellere Chancen für Lockerungen gibt. Denn selbst mit Einschränkungen wäre der Umsatz maximal nur die Hälfte vom Sonstigen – draußen sei es zudem einfacher die Hygienemaßnahmen umzusetzen, einfach weil dort mehr Platz ist. Mit Einbußen muss ein Gastronom in diesem Jahr rechnen, schwer bzw. unmöglich wäre es mit zu hohen Schulden wieder anzufangen, sagt der Jägerhof-Betreiber. Davon sei er jedoch derzeit noch nicht betroffen.