Neuastenberg/Brilon. Jugendherbergen sind gemeinnützig und damit von Corona-Hilfen ausgeschlossen. In den Häusern in Neuastenberg und Brilon sind die Sorgen groß.

Hotels und Gastronomiebetriebe dürfen vorerst nicht wieder öffnen. Das sorgt für Unruhe unter den Betreibern, die um ihre wirtschaftliche Zukunft fürchten.

Zumindest aber können gewinnorientierte Unternehmen Hilfen beantragen: Seien es die nach Betrugsfällen ausgesetzten, inzwischen wieder anlaufenden Soforthilfen des Landes für kleine Firmen oder den Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundes.

Es gibt aber auch Unternehmen, die bisher von Hilfen ausgeschlossen sind. Dazu gehört der gemeinnützige Sektor, zu dem auch die Jugendherbergen zählen.

Sanierung des Sportlerheims in Neuastenberg abgebrochen

Noch Anfang März hatte der Landesverband Westfalen-Lippe des Deutschen Jugendherbergswerks (DJH) gute Zahlen für seine Häuser im Altkreis Brilon verkündet. Über 40.000 Übernachtungen hatte die Jugendherberge in Neuastenberg 2019 gezählt und damit Platz drei in Westfalen-Lippe nur hauchzart verfehlt.

Die Briloner Jugendherberge hingegen wurde seit 2018 für fast zwei Millionen Euro umgebaut – am kommenden Freitag sollte hier die Wiedereröffnung des „neuen Top-Standorts“ stattfinden.

Umbau in Brilon fast fertig

Diese Pläne sind vorerst Makulatur, denn seit 17. März sind durch Erlass des NRW-Gesundheitsministeriums alle Jugendherbergen dicht. Schon in der Woche zuvor habe der Landesverband Sparmaßnahmen ergriffen: Das Marketing wurde komplett eingestellt und alle Investitionen in Baumaßnahmen gestoppt – allerdings nicht in Brilon.

„Dort standen die Arbeiten kurz vor dem Ende, die Aufträge waren vergeben“, erklärt Maike Braun, Pressereferentin des Landesverbandes. Außerdem solle Brilon nach der Krise als runderneuertes Haus zur Verfügung stehen. In Neuastenberg sei jedoch die kurz zuvor begonnene Sanierung des Sportlerheims abgebrochen worden und ruhe.

Kein Finanzpolster für gemeinnützige Vereine

Als gemeinnützig anerkannte Vereine und Unternehmen profitieren von Steuervorteilen. Sie dürfen aber nur unter besonderen Voraussetzungen finanzielle Rücklagen aufbauen – zum Beispiel für geplante Investitionen.

Abgesehen von solchen Ausnahmen müssen sie Einnahmen zeitnah für den gemeinnützigen Zweck verwenden, der in ihrer Satzung angeben ist. Im Falle der Jugendherbergen ist das „die Förderung der Jugendhilfe, der Völkerverständigung sowie des Umwelt- und Landschaftsschutzes“.

Alle Anstrengungen konzentrierten sich darauf, die Liquidität des Landesverbands – eines gemeinnützigen Vereins – zu sichern. Alle 600 Mitarbeiter seien in Kurzarbeit. „Das ist eine Erleichterung“, räumt Braun ein.

Bisher seien lediglich Neueinstellungen auf Eis gelegt, Kündigungen sollten vermieden werden. „Ob das aber gelingt, hängt von vielen Faktoren ab.“ Wohl hauptsächlich davon, ob Hilfen gewährt werden und die Häuser wieder öffnen dürfen. „Wir können nur wenige Monate durchhalten“, befürchtet Braun. Einer ist seit der Schließung bereits vergangen.

Zuständigkeit beim Land NRW unklar

Als gar nicht so leicht zu beantworten erweist sich die Frage, welche staatliche Stelle überhaupt für die Jugendherbergen in dieser Situation zuständig sein könnte. In Baden-Württemberg zum Beispiel hat das Kultusministerium unter anderem eine Landesbürgschaft in Aussicht gestellt, in Thüringen haben Arbeits-, Bildungs- und Kulturministerium am Mittwoch (15.4.) ein Soforthilfeprogramm für den gemeinnützigen Sektor auf den Weg gebracht.

In NRW hingegen winkt das Bildungsministerium auf Anfrage ab: In Entscheidungen in diesem Sektor sei man nicht eingebunden. „Versuchen Sie es beim Heimatministerium.“ Doch auch dort heißt es, damit habe man nichts zu tun. „Versuchen Sie es beim Wirtschaftsministerium.“ Beim Wirtschaftsministerium jedoch scheiterte am Freitag (17.4.) ein Kontaktversuch.

„Auch wir haben keine Neuigkeiten in Sachen Rettungsschirm“, teilte Maike Braun mit. Sowohl an den Bund als auch an die Länder hatte der Jugendherbergsverband Anfang April dringende Appelle gerichtet. „Wer da reagieren wird, wissen wir nicht.“ Man wünscht sich Zuschüsse, da Bürgschaften zur Absicherung von Krediten nur kurzfristig helfen und das Problem in die Zukunft verlagern würden.

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Welche Summe dem DJH vorschwebt, ist bisher nicht beziffert. Es wäre unseriös, derzeit eine Zahl zu nennen, meint Braun. Schließlich wisse man überhaupt nicht, wie es weitergehe. Man gehe aber davon aus, dass sich die Probleme bis ins nächste Jahr ziehen und ausgefallene Klassenfahrten – eine der Haupteinnahmequellen – nicht nachgeholt würden. „Die Schulen werden erstmal andere Sorgen haben.“