Olsberg/Christchurch. Pia Wirth aus Bigge und Julia Loobes aus Olsberg sitzen in der Corona-Krise nach Wochen in Neuseeland fest. Warum die Rückkehr bislang scheitert.

Sie möchten nach Hause. Diesen Wunsch teilen die beiden jungen Frauen aus dem Sauerland mit 12.000 anderen Touristen, die dort auf einen Rückflug warten.

In Neuseeland sitzen wegen der Corona-Krise so viele Deutsche fest, wie nirgendwo sonst. Auch Pia Wirth (19) aus Bigge und Julia Loobes (20) aus Olsberg im Hochsauerlandkreis warten auf die erlösende Mail oder den Anruf des Auswärtigen Amtes.

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Eine erste Rückholaktion der Bundesregierung war gescheitert, ein neuer Anlauf ist in Auckland gestartet, die beiden Freundinnen hoffen nun, dass auch bald der erste Flug in Christchurch aufgerufen wird.

Abi bei den Benediktinern in Meschede

Dabei hatte alles so gut angefangen: Nach dem Abi bei den Benediktinern in Meschede waren die beiden im November nach Neuseeland aufgebrochen. Die Landschaft, die Drehorte der „Herr-der-Ringe“-Trilogie, die Vielfalt – all das hatte sie fasziniert. Bis Mai/Juni wollten sie bleiben und dann noch vier Wochen Australien dranhängen. Aber daraus wird nichts. „Wir waren tatsächlich in Hobbingen und an vielen anderen Spots, wo die Filme gedreht wurden. Es ist wunderschön hier“, sind sich Julia und Pia einig.

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Als „Worker and Traveller“ – also als „Arbeiter und Reisende“ - haben sich die beiden ihren Lebensunterhalt verdient. Ob Erdbeer-, Chilli- oder Kiwi-Farm, die Sauerländerinnen haben mitunter hart gearbeitet und nebenbei noch Geld zur Seite legen können.

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„Wir hatten vor, anfangs vieles gemeinsam zu machen und uns dann für eine Zeit zu trennen. Nun sind wir doch zusammengeblieben“, erzählt Julia. Von dem durch Arbeit verdienten Geld kaufen sich die beiden für rund 4000 Dollar einen Self-Contained-Van. Das sind umgebaute Autos, die zum Beispiel Chemie-Toilette und Abwassertank haben und mit denen man auf vielen Campingplätzen des Landes kostenlos stehen darf.

 Traumhafte Landschaften in Neuseeland.
 Traumhafte Landschaften in Neuseeland. © Privat

„Damit sind wir von Auckland auf die Süd-Insel gefahren und viel in Nationalparks unterwegs gewesen“, berichtet Pia Wirth.

Von Corona in Neuseeland Anfang März gehört

Aktive Vulkane, malerische Küsten, üppige Wälder, zerklüftete Berge – das Land hat einfach alles. Von Corona in Neuseeland haben sie erst Anfang März mitbekommen. „Es gab überall die Hinweise, sich die Hände zu waschen und besonders auf Hygiene zu achten.

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Aber dass dort plötzlich das Desinfektionsmittel knapp geworden oder ein Run auf Toilettenpapier ausgebrochen wäre, haben wir bis heute nicht erlebt. Dafür sind die Neuseeländer auch viel zu entspannt und zu rücksichtsvoll. Selbst auf der noch so kleinsten Toilette auf Campingplätzen war alles verfügbar“, betonen die beiden.

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In den Nachrichten habe man anfangs von acht infizierten Fällen gehört; dann sei die Zahl gestiegen. Im Vergleich zu anderen Ländern immer noch moderat hat Neuseeland (Stand Freitag) rund 850 bestätigte Infektionsfälle. Aber die Regierung dort greift auch hart durch.„Julia wollte für uns in einem der Nationalparks eine Kajak-Tour buchen. Wir hatten dort kein W-Lan und daher die neuesten Nachrichten nicht verfolgt. Plötzlich sagte man uns, dass es binnen 48 Stunden einen Lock-Down geben und jegliches Reisen verboten würde“, erinnert sich Pia. Wer sich in dieser Zeit nicht in einem Ort mit einem Flughafen aufhalte, dürfe dann auch nicht mehr dorthin reisen.

Runterfahren des öffentlichen Lebens und ein allgemeines Reiseverbot

„Wir haben dann zugesehen, dass wir möglichst schnell ins fünf Autostunden entfernte Christchurch kommen. Hier sind wir nun in einem kleine Motel, das wir nur verlassen dürfen, um einzukaufen“, sagt Julia.

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In kürzester Zeit habe die Regierung von Level 2 auf Level 4 umgeschaltet, was Ausgangssperren, das Runterfahren des öffentlichen Lebens und ein allgemeines Reiseverbot bedeutet – auch für Flüge und Fähren. Eine einzige Fluggesellschaft sei vor wenigen Tagen von Auckland aus noch nach Deutschland gestartet. Pia: „Ich glaube, dass die Tickets 15.000 Dollar kosten sollten“. Die beiden hoffen nun auf Plätze in einer der Maschinen der Bundesregierung und haben gehört, dass die Kosten dafür bei rund 1300 Euro liegen sollen.„Wir haben uns auf der Seite des Auswärtigen Amtes registriert.

„Mittlerweile haben wir uns mit der Situation arrangiert“

Die wollen dann auch genau wissen, wo man ist, woher man kommt“, so die Sauerländerinnen. Schwierig könnte es nach wie vor für die Menschen werden, die nicht in unmittelbarer Nähe eines Airports wohnen. Denn auch für das Inland-Reisen gibt es strenge Regeln.

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„Zwischendurch hatten wir mal eine Phase, in der wir gefrustet und deprimiert waren. Reicht unser Geld, wie lange müssen wir noch warten – das hat uns schon beschäftigt. Mittlerweile haben wir uns mit der Situation arrangiert. Wir freuen uns aufs Wäschewaschen und Putzen, spielen Schach und schlafen viel“, berichten die beiden, die in Bigge als Messdienerinnen aktiv waren.

Als Reisender wird man mittlerweile schief angeschaut

In Facebook-Gruppen verfolgen sie die Stimmungslage im Land.

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„Manche meinen, dass die Backpacker und andere Touristen das Virus eingeschleppt hätten. Andere halten das für Quatsch. Wir hatten nicht das Gefühl, dass man uns als Reisende schief anguckt“, so die beiden. Jeden Tag kann sie kommen, die Nachricht, dass es nach Hause geht. „Es ist nicht so, dass wir Angst hätten, hier einer besonderen gesundheitlichen Gefahr ausgesetzt zu sein“, sagt Pia. Wenn einmal alles wieder vorbei ist, würde ich dem Land auch nochmal eine zweite Chance geben, ganz ohne Corona. Aber jetzt mit den Reisebeschränkungen macht all das keinen Sinn. Da ist man froh, wieder zu Hause zu sein, meint Julia. Hoffentlich bald und viele Grüße aus der Heimat.