Hochsauerlandkreis. Viele Schützenfeste im Sauerland sind wegen Corona abgesagt. Ob welche stattfinden? Unklar. Es steht viel auf dem Spiel. Die Sorgen sind groß.

Noch gute sechs Wochen, dann würde eigentlich im Altkreis Brilon die Schützenfestsaison beginnen. Und auch, wenn bissige Internet-Kommentatoren jetzt schon wieder tief Luft holen, um der Welt mitzuteilen, für wie überflüssig sie solche Veranstaltungen nicht nur in Zeiten von Corona halten – es geht dabei nicht nur um das sicherlich beliebteste Fest für die meisten Menschen im Sauerland sondern auch um knallharte wirtschaftliche Probleme, die vielen Vereinen derzeit drohen.

Laut Plan wird die Schützenfestsaison 2020 durch den Schützenball der Johannes-Schützen aus Berge am 16. Mai eröffnet, in der Woche darauf würden die Schützenfeste in Hildfeld und Küstelberg folgen. Die Hildfelder haben ihr Hochfest bereits abgesagt, während die Schützen in Berge und in Küstelberg nach Ostern eine Entscheidung treffen wollen. Auch die Schützenbruderschaft Medelon hofft, dass sich bis zu ihrem Termin am Pfingstfest Ende Mai die Corona-Wogen wieder geglättet haben.

Wenig Zuversicht in Hallenberg

Doch wirklich zuversichtlich sind der erste Vorsitzende und Hauptmann Helmut Niggemann und sein Vorstandsteam nicht und haben deshalb vorsichtshalber mit ihrem Festwirt Dirk Valentin aus Bestwig sowie der Festmusik aus Hallenberg einen Alternativ-Termin am vierten Augustwochenende abgeklopft. Kassierer Gerhard Schäfer rechnet vor, dass die Schützenbruderschaft im Jahr rund 18.000 Euro an Fixkosten für ihre Halle incl. Versicherungen aufbringen muss.

Diese könnten normalerweise durch Einkünfte aus dem Schützenfest, Ferienlagern und privaten Feiern gedeckt werden, die aber jetzt aktuell alle wegbrechen. Besonders betroffen sind von den Versammlungsverboten die Festwirte. „Wir waren schon überbucht und mussten dann im März innerhalb von drei Tagen von 120 auf null Prozent herunterfahren“, sagt Dirk Valentin, der neben Getränken auch noch Veranstaltungstechnik und Catering anbietet sowie die „Linie 73“ in Bigge betreibt. Im Sommer beschäftigt er neben drei festen Vollzeitangestellten auf seinen 20 Schützenfesten teilweise 40 bis 50 Saisonkräfte.

Kosten laufen weiter bei den Vereinen

Bei ihm herrsche derzeit kompletter Stillstand, während viele Kosten aber weiterliefen. Die Stadtkapelle Hallenberg hat als Festmusik mit Berge und Medelon gleich zwei Termine im Mai, die derzeit wackeln – im Gegensatz zu den weiter laufenden Ausgaben unter anderem für ihr vereinseigenes Musikhaus oder die Ausbildung des Nachwuchses. Was wäre ein Schützenfest neben der gut funktionierenden Theke und der Musik ohne die prachtvollen Kleider der Königin und der Hofstaatdamen?

Viele Schützenvereine stehen in diesem Jahr vor einer ungewissen Zeit. Einige Schützenfeste sind bereits abgesagt worden.
Viele Schützenvereine stehen in diesem Jahr vor einer ungewissen Zeit. Einige Schützenfeste sind bereits abgesagt worden. © Unbekannt | Rita Maurer

Silvia Lefarth führt seit 2011 ihr Geschäft „Festmoden Lefarth“ in Medelon und hat erst im vergangenen Jahr ihre Ladenfläche verdoppelt. Die ersten Kleider in diesem Jahr sind bereits verkauft, doch jetzt ist ihr Laden geschlossen, wo eigentlich das Geschäft erst richtig anlaufen wäre und neben den Schützenfesten auch Abschlussbälle und Kommunionfeiern sowie große Messen angestanden hätten.

Vermietungen fehlen

Der Düdinghauser Bürgerschützenverein ist durch seinen Festtermin Mitte Juli momentan noch etwas entspannter. Kopfzerbrechen bereiten dem Vorstand um Hauptmann Stefan Schlüter aber jetzt schon die ausfallenden Vermietungen. Wie bei den Medelonern kann der Schaden hier schnell fünfstellige Höhen erreichen - und dabei wurde im vergangenen Jubiläumsjahr erst die neue Pönstube mit großem Arbeits- und auch finanziellem Aufwand an die Schützenhalle angebaut. Rein rechtlich sind die Feste durch langfristige Verträge zwischen allen Parteien geregelt.

Doch gegenseitige Regress-Ansprüche durch die Absagen sind im Moment bei den meisten kein Problem. Alle Beteiligten versuchen, miteinander zu reden und Lösungen zu finden. Und hoffen spätestens auf eine unbeschwerte gemeinsame Schützenfestsaison 2021.

Großprojekt Dachsanierung in Hesborn

Die Hesborner Hubertus-Schützen planen eine umfangreiche Dachsanierung an ihrer Schützenhalle im Rahmen von rd. 150.000 Euro. Schon seit vielen Jahren ist das Dach undicht, wurde immer wieder in Eigenleistung geflickt.

Nach größeren Investitionen in die Küche, Toilettenräume und die Vogelstange ist die Komplettsanierung des Dachs jetzt nicht mehr aufzuschieben, wie Hauptmann Markus Fogel sagt. Seit 2019 wird dafür gesammelt und gespart, die Mitgliedsbeiträge erhöht, 2022 sollte der Bau losgehen.

Einnahmen von 250.000 Euro fehlen

In diesem Jahr werden nun voraussichtlich Einnahmen aus dem Schützenfest, Hallenvermietungen und der Rückvergütung der Brauerei von rund 250.00 Euro wegfallen. Eine gerade laufende Crowdfunding-Aktion bei der Volksbank Bigge-Lenne wurde aus diesem Grund verlängert.

Markus Fogel weist darauf hin, dass das Geld, das die Schützenvereine einnehmen, nicht in die Taschen gesteckt, sondern in den meisten Fällen direkt wieder investiert werde, größtenteils für Baumaßnahmen durch ortsansässige Firmen. Außerdem würden damit soziale Aktionen im eigenen Dorf unterstützt: „In 2020 wird dieses Geld im Wirtschaftskreislauf wohl fehlen, denn vom Bauchgefühl her gehe ich davon aus, dass die Schützenfestsaison flach fällt.

Aber darin liegt auch eine Chance – vielleicht weiß man im nächsten Jahr solche Begegnungen wieder ganz anders zu schätzen und geht viel bewusster auf ein Schützenfest. Fast alle Schützenvereine haben schon ganz andere Zeiten überstanden. Hauptsache, es kommen alle gesund aus der Corona-Zeit wieder heraus.“

Crowdfunding-Aktion: https://voba-bigge-lenne.viele-schaffen-mehr.de/dachsanierung-schuetzenhalle?tblink=legitimation/status