Winterberg. „Bitte einsteigen“ Willkommen im Bürgerbus Winterberg-Höhendörfer. Seit drei Jahren gibt es den Service von Bürgern für Bürger. Die WP fährt mit.

Eine ältere Frau wuchtet ihre Einkaufstaschen in den Bus. „Guten Morgen! Wie geht´s denn Ihrem Enkel?“ Die Bürgerbusfahrer und viele ihrer regelmäßigen Passagiere sind in den gut drei Jahren, in denen es diesen Service jetzt gibt, zu einer eingeschworenen Gemeinschaft geworden. Jede Woche nimmt man gegenseitig für ein paar Minuten am Leben des anderen teil.

Über das Gesicht der Frau zieht sich ein warmes Lächeln. Sie erzählt bereitwillig von ihrem Enkel und legt nach jeder Fahrt ein Bonbon auf das Zähltischchen beim Fahrer. Thomas Gersch hält vor einem Haus. Kleiner Extra-Service: Hier wohnt sie. Es liegt auf dem Weg, also warum erst bei der nächsten Haltestelle stoppen.

Keine Konkurrenz zu den öffentlichen Busse

Der Bürgerbus ist eine kleine Welt für sich. Die unterschiedlichsten Menschen fahren hier mit - Einheimische, Touristen, Wanderer, Skifahrer, ältere und junge, Leute. Wenige wollen schweigen, viele sich unterhalten, Neuigkeiten austauschen, ein paar Tipps für ihren Urlaub bekommen, manchmal auch ihr Herz ausschütten.

Zwei Stunden unterwegs im Bürgerbus Winterberg.
Zwei Stunden unterwegs im Bürgerbus Winterberg. © Rita Maurer | Rita Maurer

Thomas Gersch war früher Lehrer am Gymnasium in Winterberg und fährt nun seit gut zwei Jahren im Wechsel mit 18 weiteren Ehrenamtlern den Bürgerbus mit seinen acht Plätzen.

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Dieser Service ist bewusst keine Konkurrenz zu den öffentlichen Bussen, sondern fährt an allen Werktagen vormittags (dienstags und donnerstags auch nachmittags) auf Strecken zwischen Winterberg und den Höhendörfern, die für die konventionellen Buslinien nicht rentabel sind. Kunden mit Bankkarte der Sparkasse Hochsauerland oder der Volksbank Bigge-Lenne fahren umsonst, ebenso Sauerland-Card-Inhaber. Alle anderen können zu moderaten Preisen mitfahren.

Wer im Bus ins Schwärmen gerät

Nach der ersten Runde durch die Innenstadt vorbei am Krankenhaus, dem Ursulinenheim und dem Dumel geht es über den Kahlen Asten weiter Richtung Neuastenberg.

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Wer weiß, wie das Tal in der Kurve heißt, bevor es nach Lenneplätze geht? Klar: Rauchloch! Es macht seinem Namen mit dicken Nebelschwaden alle Ehre. Es gab mal eine Sprungschanze, außerdem ging hier im legendären Schnee-Winter 1969/70 tatsächlich die wohl erste und einzige Lawine im Sauerland ab. Geschichtsunterricht inklusive im Bürgerbus!

„Seit mein Mann Rentner ist, ist er ständig mit dem Auto weg. Deshalb lege ich mir meine Wege passend zum Bürgerbus“, erzählt eine Mitfahrerin. Und: „Heute ist Fleischwurst-Tag bei der Metzgerei Leber in Neuastenberg!“ Die gestandenen Hausfrauen im Bus kommen sofort ins Schwärmen: Lebers Schinken ist ein Traum, auch die anderen Produkte. Früher wurde dort selbst geschlachtet. Woher kommen die Fleischwaren heute? Hm, keiner weiß es. Aber weil der Bürgerbus ja für seine Bürger da ist und gut in der Zeit liegt, gibt es einen spontanen Zwischenstopp an der Metzgerei. Die Einkaufstaschen werden gefüllt, die offene Frage direkt an der Ladentheke geklärt: Lebers beziehen ihre Waren von Sauerland-Fleisch in Hallenberg und der Fleischerei Scharfenbaum in Madfeld, also alles regional.

Beim Thema regionale Produkte kommt die Sprache auf die neuen Milchautomaten von Schreibers Hof in Medebach. Klasse Sache, die unterstützt werden muss da ist sich die Busgemeinschaft einig.

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Durch die verregneten Dörfer fahren

An der Haltestelle beim Dorint-Hotel in Neuastenberg steigen Tonie und Peter ein. Die beiden stammen aus Holland, wie unschwer heraus zu hören ist. „Aus dem Nordbrabant!“ Die beiden machen Urlaub und kennen die Gegend schon seit Jahrzehnten, die Eltern haben früher im Winterberger Parkhotel gearbeitet. Deshalb wissen sie, dass es bessere Wetterphasen gibt, und lassen sich ein bisschen vom Bürgerbus durch die verregneten Dörfer fahren.

Peter und Tonie aus Nordbrabant machen  eine Stadtrundfahrt.
Peter und Tonie aus Nordbrabant machen eine Stadtrundfahrt. © Rita Maurer | Rita Maurer

In Mollseifen leuchtet schon von weitem ein leuchtend blauer Regenschirm im ansonsten trüben Nieselregen-Grau an der Haltestelle. Der Besitzer winkt. Er will nicht einsteigen, sondern sich nur kurz unterhalten: „So ein Mistwetter. Gut, dass der Snowboard-Weltcup abgesagt worden ist. Hoffentlich kommt er nochmal nach Winterberg.“ Ein junges Mädchen fährt mit zu ihrem Ausbildungsbetrieb in Langewiese. Thomas Gersch bestellt Grüße an ihren Freund. Die Unterhaltung im Bus kommt vom Hölzken aufs Stöcksken, viel zu schnell sind die zwei Stunden Fahrt um.

Auch Tonie und Peter steigen an der Endstation aus: „Totziens (tschüß) Bürgerbus. Tolle Sache!“