Altkreis. 384 Menschen sind im Altkreis Brilon ehrenamtlich politisch tätig. Ihre Aufwandsentschädigung reicht von 20,30 Euro bis zum Facharbeiterlohn.

Hallenberg kommt mit 20 aus, in Brilon sind es 146 und in den sechs Kommunen des Altkreises Brilon insgesamt 384: So viele Frauen und Männer engagieren sich ehrenamtlich als Ratsmitglieder oder sachkundige Bürger in der kommunalen Politik. Ehrenamtlich zwar, aber nicht umsonst. Sie alle haben laut Gemeindeordnung NRW einen „Anspruch auf angemessene Aufwandsentschädigung“. Da kommen im Altkreis Brilon Beträge von 20,30 Euro im Monat bis in den tariflichen Facharbeiterlohn zusammen. Um es vorwegzunehmen: Es bleibt längst nicht alles in den Taschen der Volksvertreter.

Rudolf Przygoda ist einer von den 182 Ratsmitgliedern. Und das schon seit 1984. Da zog er, 32 Jahre jung und durch Willy Brandt in den frühen 70er Jahren politisch sozialisiert, für die SPD in den Rat der Stadt Olsberg ein. Am 13. September stellt er sich, dann zum achten Mal, erneut zur Wahl. Dreimal kandidierte er für das Bürgermeisteramt. as beließen die Olsberger allerdings, ebenso wie die Mehrheit im Rat, in Händen der CDU. Seit 1986 steht Rudolf Przygoda an der Spitze der SPD-Fraktion. Mit der Dauerrolle als Opposition hat er sich arrangiert. Was für ihn wichtig ist: „Das Team“, sagt er und meint damit den ganzen Rat, „ist ok. Alle sind an der Sache orientiert.“ Das sei, wie er ohne ins Detail zu gehen oder Namen zu nennen mit Blick in die kommunale Nachbarschaft und vom Mitwirken aus überörtlichen Gremien kennt, „schon ein Unterschied“ zu anderen Räten.

Beleidungen ja, aber keine Angst um das persönliche Wohlergehen

Die Zeit, die er in die politische Arbeit steckt, kann er nicht beziffert. „Zwei Stunden täglich“, sagt er, gehen im Schnitt aber sicherlich drauf, wenn man Sitzungen, Einladungen, öffentliche Termine und die häusliche Vorbereitung der politischen Arbeit berücksichtige. Jetzt, als Pensionär, lasse sich das einfacher regeln. Da kann sich dann auch ein kurzer Einkaufsgang in die Stadt mal über zwei Stunden ausdehnen, weil ihm Bürger bei der Begegnung ganz spontan vortragen möchten, was sie in der Stadt bewegt. Das muss man mögen. Und gegebenenfalls auch ertragen. Persönliche Beleidigungen, sagt der Sozialdemokrat, kommen vor, Angst um sein Wohlergehen habe er bisher jedoch noch nicht gehabt.

Parteien halten die Hand auf

657,40 Euro erhält der Finanzbeamte im Ruhestand dafür im Monat als Aufwandsentschädigung. Die setzt sich in seinem Fall aus der normalen Stadtverordnetenpauschale von 219,19 Euro plus dem Doppelten dieses Betrages als Funktionszulage. Das verbleibt aber nicht in seiner Tasche. 30 Prozent davon erwartet die SPD laut Bundesbeschluss davon als Spende für die Parteikasse, wobei: „Zwingen kann man dazu niemanden.“ Wenn man die Entschädigung im Verhältnis zum Aufwand setze, meint Rudolf Przygoda, „dann sollte man es lieber lassen“.

Im Rat und Kreis tätig

Bei Eberhard Fisch kumulieren sich die Aufwandsentschädigungen auf 2240,75 Euro im Monat plus Sitzungsgelder. Der Richter gehört zu den exponierten politischen Funktionsträgern im Hochsauerlandkreis. Er ist Vorsitzender der CDU-Fraktion im Rat seine Heimatstadt Brilon und zugleich stellvertretender Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion. Da Brilon die monatliche Aufwandsentschädigung nicht als reine Pauschale, sondern als Sockelbetrag plus Sitzungsgeld gewählt, stehen ihm für seine Ratstätigkeit neben dem Sockel von 197,70 Euro der dreifache Satz des alternativ üblichen Pauschalbetrags von 300,10 Euro zu. Hinzu kommt die Aufwandsentschädigung für den Kreis: zum einen 457,10 Euro, die jedes Kreistagsmitglied erhält, plus davon den anderthalbfachen Funktionsaufschlag als stellvertretender Vorsitzender der Fraktion.

Terminkalender

Ein Blick in den Terminkalender von Eberhard Fisch für die erste Märzhälfte. Dabei handelt es sich nur um die . Die mit der Wahl oder dem wiedergewählt werden verbundenen gesellschaftlichen Verpflichtungen wie Vereinsversammlungen oder Veranstaltungen kommen hinzu.

2. März: HSK-Ausschuss für Wirtschaft, Struktur und Tourismus, 16 Uhr; nicht teilgenommen, weil parallel HSK-Fraktionsvorstandssitzung;
3. März:
Ratsfraktion, 18 Uhr;
4. März:
Bau- und Planungsausschuss (17.30 Uhr bis 21 Uhr);
5. März: Haupt- und Finanzausschuss, 17.30 Uhr;
9. März: Kreistagsfraktion,17 Uhr
11. März:
Ratsfraktion, 18 Uhr;
12. März:
Rat Brilon, 17.30 Uhr;
13. März:
Kreistag, 15 Uhr;
16. März: CDU-Kreisvorstand

Wie bei der SPD, hält auch bei der CDU die Partei die Hand auf. Ein Zwölftel seiner Einnahme aus der Ratsarbeit vereinnahmt die HSK-Union, aus seiner Tätigkeit im Kreistag muss er sogar zwei Monatsbeträge abführen. Zudem bekommt die Stadt-Union aus jedem der beiden Mandate 20 Euro im Monat.

Marsberg droht die Herabstufung

Und auch der Fiskus bedient sich am ehrenamtlichen Engagement. 200 Euro im Monat sind steuerfrei, der Rest muss gemäß Ratsherrenerlass als Einnahme aus „sonstiger selbstständiger Arbeit“ zum individuell geltenden Satz versteuert werden.

Und von dem, was übrig bleibt, geht so mancher Euro für kleine Spenden im Ort und auch so manche Runde drauf - schließlich will man ja (wieder-)gewählt werden… Rund 200 Termine kämen wohl im Jahr zusammen, schätzt Fisch. Warum tut er sich das an? „Nirgends kann man besser mitgestalten als im Rat“, sagt der 48-Jährige. Da sei er durch seinen Großvater mitgeprägt worden. Das war Theo Rickert, der letzte Amtsbürgermeister des 1975 in der Stadt Brilon aufgegangenen Amtes Thülen. Jetzt - die Wahl im Herbst vor Augen - habe er seinerseits die Aufgabe, Menschen für die Mitarbeit im Rat zu gewinnen. Bis auf den Wahlbezirk Hoppecke hat die Briloner CDU alles hintereinander.

In Marsberg gibt es für die Stadtvertreter dann vielleicht eine im Portemonnaie spürbare Veränderung. Die Stadt ist bisher in der Größenklasse ab 20.001 Einwohner gelistet. Tatsächlich verfehlt sie diese Marke zurzeit aber um wenige Dutzend. Damit würde auch der neue hauptamtliche Bürgermeister nicht mehr nach B4, sondern „nur noch“ nach B3 entlohnt.

Pauschalen, Sitzungsgelder und Erstattungen auf Antrag

Grundlage für die Aufwandsentschädigung von Kommunalpolitikern sind die Gemeindeordnung NRW (§ 45 und § 46) und die Entschädigungsverordnung.

Die Gemeindeordnung definiert, wem wofür eine Aufwandsentschädigung zusteht, die Entschädigungsverordnung regelt die Beträge.

Dabei lässt sie den Räten und Kreistagen Gestaltungsspielraum für die konkret in der kommunalen Hauptsatzung festzulegende Art und Weise der Entschädigung.

Rats- und Kreistagsmitglieder können Aufwandsentschädigung entweder als Pauschale oder als Pauschale plus Sitzungsgeld erhalten.

Beispiel 1: Bei Ratsmitgliedern in Städten bis 20.000 Einwohner beträgt die reine Pauschale 219,10 Euro im Monat, bei der Alternative wären es 117,90 Euro plus 20,30 Euro für jede Sitzung.

Beispiel 2: In Kommunen von 20.001 bis 50.000 Einwohnern liegt die reine Pauschale bei 300,10 Euro und die gesplittete Aufwandsentschädigung bei 197,90 Euro plus 20,30 Euro Sitzungsgeld.

Funktionsträgern steht ein Aufschlag zu. Dessen Bemessungsgrundlage ist der Betrag, der in der jeweiligen Kommune anzusetzen ist, wenn nur eine Pauschale gezahlt wird, in dem Beispiel einer Kommune bis 20.000 Einwohner also 219,10 Euro im Monat.

Der erste stellvertretende Bürgermeister erhält zusätzlich zu seiner Aufwandsentschädigung als Ratsmitglied den dreifachen Satz dieser Pauschale, in kleinen Kommunen also 657,30 Euro extra, in Brilon und Marsberg 900,30 Euro. Die weiteren Stellvertreter bekommen das Anderthalbfache.

Eine zusätzliche Aufwandsentschädigung steht auch den Fraktionsvorsitzenden zu. Bei Fraktionen ab neun Mitgliedern ist das wie beim ersten Bürgermeister--Stellvertreter der dreifache Satz, bei kleineren Fraktionen ist es der zweifache; die Stellvertreter erhalten das Anderthalbfache. In Hallenberg hat die 15-köpfige CDU-Fraktion auf einen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden verzichtet.

Zudem stellt die Entschädigungsverordnung es den Kommunen frei, auch Ausschuss-Vorsitzenden einen Aufschlag in Höhe des einfachen Pauschalsatzes zu gewähren. Davon macht im Altkreis Brilon allerdings nur Olsberg Gebrauch.

Sachkundigen Bürgern, sie werden von den Fraktionen nominiert, steht in Kommunen bis 20.000 Einwohnern ein Sitzungsgeld von 20,30 Euro zu, in der nächsthöheren Kategorie sind as 26.20 Euro; ihnen gleichgestellt sind sachkundige Einwohner, die kraft Amtes - als Vertreter der Kirche oder der Schulen - in Fachausschüssen mitwirken.

Die Entschädigungsverordnung regelt auch die „Bezahlung“ der Ortsvorsteher. Auch hier gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder eine einheitliche Pauschale von 195,30 Euro für alle oder aber eine Staffelung nach Größe des Ortes von 119,10 Euro (bis 500 Einwohner) über 134,50 Euro (bis 1000), 152,40 Euro (bis 1500) und weitere Staffelungen bis 195,30 Euro für Orte über 3000 Einwohner.

Die Regelegungen im Kreistag gelten analog zum Rat - allerdings mit höheren Beträgen. Im HSK gibt es eine Basispauschale von 457,10 Euro und für besondere Funktionen ein Mehrfaches davon. Möglich ist die Erstattung von Verdienstausfall, was z.B. in Hallenberg seit 1994 nicht mehr vorgekommen ist; Kinderbetreuungskosten können ebenso geltend gemacht werden wie Fahrtkosten.

Übrigens: Wenn ein Fraktionsvorsitzender oder dessen Stellvertreter gleichzeitig stv. Bürgermeister sein sollte, steht ihm nur aus einer dieser Tätigkeiten die erhöhte Aufwandsentschädigung zu. Das ist zum Beispiel in Medebach der Fall, wo Michael Papenheim gleichzeitig Fraktionsvorsitzender der Bürgergemeinschaft und 2 stv. Bürgermeister ist.; gleiches gilt für Kreistag.

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Weitere Aufwandsentschädigungen erhalten Kommunalpolitiker für die Mitarbeit in manchen Gremien, wie etwa dem Verwaltungsrat der Sparkasse Hochsauerland, die ein Sitzungsgeld von 300 Euro plus 25,56 Euro Spesen erhalten.