Marsberg. Es war ein kurzer Moment der Unachtsamkeit am Diemelseee im Sommer 2019 – mit schlimmen Folgen für ein Ehepaar. Vor Gericht wird es emotional.
Einmal kurz nicht aufgepasst und nichts ist mehr so, wie es einmal war. Die Folgen werden noch lange nachhallen. Bei dem jungen Unfallverursacher. Aber erst recht bei den Unfallopfern. Der 20-jährige Autofahrer entschuldigt sich unter Tränen bei dem Ehepaar vor dem Amtsgericht Marsberg, dass er ihnen die Vorfahrt genommen hat.
Die Eheleute leiden noch heute deutlich unter den Folgen des Unfalls vom 1. Juli. Auch bei der Frau flossen Tränen nach der Urteilsverkündung.
Fahrlässige Körperverletzung
Wegen fahrlässiger Körperverletzung musste sich am Dienstag ein 20-Jährige Auszubildende aus Marsberg vor dem Amtsgericht Marsberg verantworten. Er war an jenem 1. Juli abends um 18.30 Uhr mit dem Audi seines Vaters auf der Briloner Straße aus Messinghausen Richtung Helminghausen unterwegs. Das Ehepaar aus Paderborn machte mit seinem Krad nach Feierabend eine Spritztour. „Wir wollten zum Diemelsee“, sagt das Unfallopfer aus. Er tritt mit seiner Frau als Nebenkläger auf. „Wir kamen aus Richtung Padberg und fuhren durch Helminghausen“, da sei an der T-Kurve von rechts kommend der Angeklagte zügig herangefahren.
„Er bremst ab, so dass er ein gutes Stück auf meiner Fahrbahn zum Stehen kam. Ich dachte, der hält an und bin dann einen Schlenker gefahren.“ Der Angeklagte fuhr aber weiter und erwischte das Krad voll am hinteren Drittel. Nachdem es passierte, habe noch gehört, so der Geschädigte im Zeugenstand, wie der Angeklagte gerufen habe: „Ich habe ihn nicht gesehen. Ich habe ihn nicht gesehen.“
Geldstrafe von 750 Euro
Amtsrichter Fisch verurteilte den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 15 Euro.
Zu Gute hielt er ihm, dass er sich vollumfänglich geständig zeigte.
Außerdem hat er die Kosten des Verfahrens und alle Auslagen, sowie die der Nebenklage zu tragen.
Der Angeklagte verzichtet auf Rechtsmittel. Das Urteil ist somit rechtskräftig.
Der junge Autofahrer verfolgte die Verhandlung wie versteinert. „Die Sonne schien mir ins Gesicht, etwa zwei Sekunden lang. Ich habe gar nichts gesehen“, sagte er zum Unfallhergang aus. Er habe nach dem Unfall psychologische Hilfe in Anspruch nehmen müssen und leide unter Alpträumen, so sein Verteidiger Norbert Knepper aus Brilon.
Auch interessant
Anwalt der Nebenklage kritisiert späte Entschuldigung
Er hätte sich zumindest schon sehr viel früher bei dem Ehepaar entschuldigen müssen, kritisierte Oliver Brock, Anwalt der Nebenkläger. „Die Folgen für die Eheleute sind dramatisch. Sie wurden komplett aus dem Leben gerissen.“ Dass der Vater sich für ihn entschuldigte, sei nicht genug. „Ich konnte mich einfach nicht vorher entschuldigen“, räumte der junge Mann mit tränenerstickter Stimme zum Schluss der Verhandlung ein.
Nicht absehbare Verletzungsfolgen für die Geschädigten
Von schweren Verletzungen und nicht absehbaren Folgen, sprach auch Amtsrichter Fisch bei der Urteilsverkündung. Das Unfallopfer hatte das rechte Unterschenkel und das Sprunggelenk gebrochen. Zweimal musste er operiert werden. Eine dritte OP steht noch an. Schmerzfrei kann er höchstens 500 Meter gehen. Heute fängt er mit einer Wiedereingliederung wieder an zu arbeiten.
Auch interessant
Seine Frau hatte sich am rechten Bein mehrere schwere Brüche zugezogen sowie einen offenen Trümmerbruch. Sie kann nur an Krücken laufen. Heute steht die fünfte Operation an. Mindestens drei werden noch folgen. Der Ehemann: „Ob es jemals wieder richtig wird, weiß man nicht.“ Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft räumte ein, dass für den Verursacher die Folgen auch spürbar seien, aber gravierender seien sie für die Zeugen. „Das war ein typischer Fehler eines Fahranfängers“, so Verteidiger Knepper. Das würde ihm heute nicht mehr passieren.
Körperlich hatte der Angeklagte keine Schäden durch den Unfall davongetragen. Von Anfang an zeigte er sich geständig.