Hochsauerlandkreis/Brilon. Der HSK und das Krankenhaus Brilon sind vorbereitet, wenn Menschen mit dem COVID-19-Erreger infiziert werden. Die Wirtschaft spürt Folgen.
Das Lagezentrum des Hochsauerlandkreises, das im Zusammenhang mit dem Coronavirus eingerichtet wurde, hat am Freitag zum zweiten Mal getagt. Das Gesundheitsamt des Hochsauerlandkreises, der HSK-Rettungsdienst und die Pressestelle tauschen sich jetzt täglich über die aktuelle Lage in Sachen.
Wichtigste Nachricht: Stand Freitagabend wurde im Hochsauerland keine Erkrankung mit dem Coronavirus gemeldet und auch kein Verdachtsfall. Sollte es einen Erkrankten im Kreisgebiet geben, würde der Krisenstab im Zentrum für Feuerschutz und Rettungswesen (ZFR) in Meschede-Enste einberufen. Von dort aus wird dann im Zusammenwirken mit verschiedenen Landesbehörden entschieden, ob beispielsweise Schulen und Kindergärten geschlossen werden oder ob Veranstaltungen stattfinden können.
Gesundheitsamt: Verunsicherung spürbar
Beim Gesundheitsamt gehen derzeit täglich viele Anrufe ein. „Es ist deutlich, dass die Bürger verunsichert sind“, sagt Reuther. Es werde beispielsweise gefragt, ob man zu einem 100. Geburtstag gehen solle, wenn dort 100 Gäste vor Ort sind. „Das Gesundheitsamt kann da keine Empfehlung geben. Das liegt in der Eigenverantwortung eines jeden Einzelnen“, sagt Reuther.
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Eine Ansteckungsgefahr bestehe wie bei jeder Influenza. Werde nach einer solchen Veranstaltung bei einer Person eine Infektion mit dem Coronavirus festgestellt, würde allen Kontaktpersonen dringend empfohlen eine 14-tägige häusliche Quarantäne aufzunehmen, um die Erkrankung einzudämmen.
Folgen für die Wirtschaft
Das Coronavirus beeinflusst auch die Wirtschaft im Hochsauerlandkreis und im Kreis Soest. Nach einer Blitzumfrage der IHK Arnsberg unter 750 Unternehmen meldet fast jeder dritte Betrieb unmittelbare Auswirkungen des Virus. Zulieferengpässe, Absatzschwierigkeiten, Ausbleiben von Gästen oder Messeabsagen – die Effekte des aus China stammenden Coronavirus sind vielfältig. Gemein ist ihnen, dass sie die Geschäftsprozesse schon jetzt empfindlich stören. Längst betrifft es auch Unternehmen, die nicht international agieren, so die Kammer. Handel, Dienstleister, Industrie – keine Branche bleibe unberührt. Aktuell zeige sich insbesondere die Reisebranche sehr betroffen.
Wo die Folgen nicht direkt spürbar seien, gebe es zumindest viel Verunsicherung. „Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter unserer Unternehmen sind in großer Sorge über die weiteren Entwicklungen“, sagt IHK-Präsident Andreas Rother. Ein kleines Bauteil, das aus China oder einer anderen belasteten Region nicht mehr oder nicht termingerecht angeliefert werde, könne zu immensen Behinderungen in der industriellen Fertigung führen. Aber auch die Einzelhändler könne es treffen, wenn die Lieferung von Verkaufswaren wie Kleidung oder Elektronikartikeln ausbleibe. 103 Unternehmen, das sind 15 Prozent der Befragten, befürchten zudem Ausfälle in eigenen ausländischen Produktionsstätten. Aus Brilon unterhält unter anderem die Firma Hoppecke ein Werk in Wuhan.
Viele erwarten, dass sich die Krankenstände erhöhen und dass weitreichende Quarantäneverordnungen die Arbeitsbedingungen erschweren werden.
Gute Hygiene ist der beste Schutz
Nicht nur in vielen Apotheken sind keine Atemmasken mehr zu bekommen, auch im Briloner Obi sind sie ausverkauft. Für Dr. Marc Garbrecht, Facharzt für Innere Medizin und Chefarzt am Maria Hilf-Krankenhaus, ist das „völlig sinnbefreit“ - zumindest wenn man glaube, dass sich durch das Tragen einer Atemmaske eine Ansteckung mit dem Corona-Virus vermeiden lasse. Denn das Virus kann auch über die Augen übertragen werden - per Tröpfchen-Infektion beim Anhusten ebenso wie durch Schmier-Infektion durch die eigenen Hände. Deshalb sei eine „vernünftige Hygiene“ wesentlich wirksamer.
Zur Krankheit selbst sagt der Mediziner: „Die saisonale Grippe ist wesentlich gefährlicher.“ 2017/18 hatte es allein in Deutschland rund 25.000 Todesfälle gegeben. Wesentlich aggressiver als das neue Virus seien die ebenfalls auf Corona-Stämmen basierenden SARS und MERS, die 2002 bzw. 2012 für zahlreiche Erkrankungen und Todesfälle sorgten.
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Allerdings seien diese Viren nicht so leicht übertragbar wie das Corona-Virus.
Infektionsketten unterbrechen
Aktuell werde im Maria Hilf ein Patient auf Influenza untersucht. Nach einem England-Aufenthalt stellten sich bei ihm die Symptome ein. Ihn auf COVID-19 zu untersuchen, hält Dr. Garbrecht für nicht erforderlich, schließlich habe es bisher in England keine Corona-Bestätigung gegeben: „Wir können nicht jeden, der mit Husten oder Fieber zu uns kommt, auf COVID-19 untersuchen. Das können die Labore gar nicht schaffen.“
Wichtig sei, bei bestätigten Fällen die Infektionsketten zu unterbrechen. Denn vor allem ältere oder durch Vorerkrankungen immungeschwächte Menschen seien, so Dr. Garbrecht, bei einer Infektion „einer höheren Gefährdung ausgesetzt“. Die in Norditalien praktizierte Abschottung ganzer Städte sei deshalb sinnvoll wie die Schließung von Schulen oder Kindergärten und die häusliche Isolierung.
Auf Pandemie vorbereitet
Das Krankenhaus sei ebenso wie der Hochsauerlandkreis auf eine etwaige Corona-Pandemie vorbereitet. Es gibt eine tägliche Lagebesprechung. Das Briloner Krankenhaus ist eines von kreisweit zwei, die eine spezielle Isolierstation mit 14 Betten vorhalten. Entsprechend umfangreich ist das Maria Hilf mit allem medizinischen Schutz- und Behandlungsmaterial ausgestattet. Gerüchten, dass im Briloner Krankenhaus Desinfektionsmittel knapp würden, widersprach der Mediziner.