Brilon. Fidan Karakoc bietet in ihrem Schönheitssalon Microblading an – und musste anfangs gegen Misstrauen ankämpfen. Doch nicht jeder wird behandelt.
Wenn Fidan Karakoc in ihrem neuen Studio die Treppe herunterkommt und einladend die Kunden am Eingang anlächelt, wirkt sie selbstbewusst und stark. Vielleicht, weil sie mit ihrem Schönheitssalon hier in Brilon gegen Misstrauen ankämpfen musste und sich trotzdem getraut hat, eine Marktlücke in Brilon zu füllen: sie bietet Microblading an, den neuesten Augenbrauentrend der dank der Social Media Plattform Instagram gerade die Welt erobert.
Viele türkische Frauen fahren von Brilon nach Dortmund - für Make-up
„Make-up und Haare und alles, was mit dem Thema Beauty zu tun hat, waren schon immer meine Leidenschaft“, sagt die 33-jährige Türkin. Trotzdem entschied sie sich nach der Schule erst einmal für eine Ausbildung als Arzthelferin in der Gynäkologie.
Wimpernverlängerung und -lifting
Fidan Karakoc bietet neben dem Microblading auch Wimpernverlängerung, -lifting oder Make-up und Styling an. Auch Bräute werden in ihrem Salon gestylt.
Für Menschen, die Hauterkrankungen, Diabetes oder Blutgerinnselstörungen haben, kommt Microblading nicht infrage. Allerdings bietet Fidan Karakoc nach ausführlicher Beratung auch Alternativen an - wie Henna.
Auf Instagram ist sie unter dem Nutzernamen microblading__beauty zu finden.
Nebenbei entdeckte sie allerdings schon ihren ersten Geschäftszweig. „Viele türkische Frauen fahren extra von Brilon nach Dortmund oder Bochum, um sich ihre Haare und ihr Make-up für die Hochzeit machen zu lassen. So bin ich darauf gekommen, das hier anzubieten.“
2016 wird ihr Vater schwer krank – während sie mit ihrer dritten Tochter schwanger ist
Bis 2016 arbeitet sie als Arzthelferin und frisiert nebenbei Bräute – bis ihr Vater schwer krank wird. „Ich war damals schwanger als die Ärzte bei meinem Vater Bauchspeicheldrüsenkrebs mit Metastasen feststellten. Ich arbeite in der Gesundheitsbranche und mir war sofort klar, was das bedeutet.“ Während sie 2016 ihre dritte Tochter bekommt, liegt ihr Vater nur wenige Etagen über ihr im Krankenhaus. Eine schwere Zeit für Fidan Karakoc. „Ich habe mich viel mit seiner Krankheit beschäftigt, wollte ihm aber nie die Hoffnung nehmen.“
Als ihre Tochter acht Monate alt ist, verliert ihr Vater den Kampf gegen den Krebs. Fidan Karakoc wirkt gefasst, wenn sie von ihm erzählt. „Mein Vater war für einen kurdischen Mann sehr modern. Er hat mich immer ermutigt etwas aus mir zu machen. Ich bin mit 19 Jahren Mama geworden und er hat mich trotzdem immer bestärkt, arbeiten zu gehen. Ich bin glücklich, dass er gesehen hat, dass ich das geschafft habe.“ Sein Verlust habe ihr vor Augen geführt, wie kurz das Leben sei. Also beschließt sie, noch während ihrer Elternzeit das zu tun, was sie liebt: in die Beautybranche einsteigen.
Noch während der Elternzeit beginnt sie, Kurse zu belegen
Sie besucht einen Make-up- und Haarstyling-Kurs in Düsseldorf, wo sie sehr schnell auf das Thema Wimpernverlängerung, -lifting und Microblading aufmerksam wird. „Natürlich hatte ich Angst, mich selbstständig zu machen. Doch irgendwann habe ich gedacht: Trau dich!“ Ihr Mann richtet ihr als Geburtstagsüberraschung 2017 ein kleines Studio ein. „Das hat mich geheilt – ich hatte etwas zu tun.“
Doch schnell merkt Fidan Karakoc, dass Microblading oder Lashlifting in Brilon aus Misstrauen stoßen. Ihre Strategie: Transparenz. Sie beginnt, ihre Arbeit zu fotografieren und über die sozialen Medien Facebook und Instagram zu teilen. Dazu erklärt sie in langen Texten, wie die Behandlung an den Augenbrauen funktioniert. Immer mehr Kunden finden den Weg über Social Media zu ihr. Irgendwann sprechen sie sogar große Firmen aus London und Köln an und fragen sie, ob sie Schulungen geben könnte.
Als Arzthelferin hatte sie Angst vor Microblading
„Ich habe rund ein Jahr zu dem Thema recherchiert. Schließlich öffnet man die Haut der Kunden. Als Arzthelferin hatte ich etwas Angst davor, ob das schaden kann.“ Micro-Blading ist ähnlich wie Permanent Make-up. Mit dem Blade, der aussieht wie ein Pinsel aber anstatt Borsten kleine stumpfe Nadeln eingearbeitet hat, wird die Tinte unter die oberste Hautschicht transportiert. Dazu wird vorab ganz individuell mithilfe des Goldenen Schnitts am Kunden gemessen, wie die perfekte Brauenform aussieht.
„Die Härchen werden dann natürlich nachgezogen. Das erfordert viel Erfahrung und Übung – ich trainiere selbst noch einmal pro Woche mit Kunsthaut, um mich zu verbessern“, erklärt Fidan Karakoc. Die Schmerzen während der circa dreistündigen Behandlungen würden sich in Grenzen halten – „ungefähr das fünffache vom Augenbrauenzupfen“, sagt Fidan Karakoc.
Schönheitsideale bei Instagram sieht sie nicht immer positiv
Trotz ihrer Instagram-Karriere sieht sie die Schönheitsideale, die dort schon an junge Mädchen weitergegeben werden, nicht immer positiv. „Ich habe schon Anfragen von 14-jährigen Mädchen die mir sagen, dass sie morgens eine Stunde vor dem Spiegel stehen, um ihre Brauen nachzumalen. Da verweigere ich eine Behandlung.“ Ihre Tochter ist selbst in dem Alter.
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Fidan Karakoc ist es wichtig, sie genau über Make-up aufzuklären. „Mädchen in dem Alter müssen sich nicht schminken – das ist eine Qual so lange vor dem Spiegel zu stehen und so früh anzufangen ist unnötig. Die Haut sieht doch bei jungen Mädchen noch toll aus.“ Ausnahmen macht sie nur bei Mädchen, die durch Erkrankungen oder eine Chemotherapie ihre Haare verlieren. „Dann können sich die Mädchen wieder ein wenig schöner fühlen.“