Winterberg. Zwei Gutachten belegen die Unverzichtbarkeit des Hospitals. Es gibt einen möglichen Investor – ob er einsteigt, soll bis Mitte Februar klar sein.
Im St.-Franziskus-Hospital Winterberg werden die Lichter nicht ausgehen. Es sei nicht alles gut, doch verbreiteten Insolvenzverwalter Dr. Christoph Niering, Geschäftsführerin Agnes Hartmann und der neue ärztliche Direktor Dr. Amiraya Amiri am Mittwoch (22.1.) Optimismus.
„Es geht in die richtige Richtung, denn es geht weiter. Zudem haben wir in kurzer Zeit schon viel erreicht“, bilanzierte der Insolvenzverwalter. Etliche Sitzungen standen am Mittwoch auf seiner Agenda, unter anderem mit den Gläubigern und der Mitarbeitervertretung, auch eine Mitarbeiterversammlung war für den Abend anberaumt.
6278 Menschen im Raum Winterberg hätten zu weite Wege ins Krankenhaus
Was, neben anderen Neuigkeiten, dort vorgestellt werden sollte: Es liegt ein Feststellungsbescheid der Bezirksregierung Arnsberg vor, der dem St. Franziskus für 2020 einen Sicherstellungszuschlag zuspricht, um die chirurgische und internistische Grundversorgung zu sichern.
Über die Höhe dieses Zuschlags, den die Krankenkassen zahlen müssen, sagt der Bescheid nichts – und zugesprochen bekommen hatte das Krankenhaus diesen Zuschlag auch schon in früheren Jahren. Wobei es mehrfach Probleme gab, weil die Kassen diesen nicht in voller Höhe zahlen wollten.
Die Bezirksregierung stellt aber auch fest: Das Winterberger Krankenhaus ist unverzichtbar. Dazu zieht es zwei Gutachten heran. Denn eine „Gefährdung der flächendeckenden Versorgung“ liegt laut Gesetz vor, wenn 5000 Menschen in einer Region nicht innerhalb von 30 Autominuten ein Krankenhaus erreichen.
Das Ergebnis der Gutachten: Im Winterberger Raum wären es deutlich mehr Betroffene, nämlich exakt 6.278. Deshalb, so Niering, sei der Bescheid der Bezirksregierung auch eine politische Zusage für zukünftige Investitionen in das Krankenhaus.
Chirurgische und internistische Grundversorgung
Im Laufe der Debatten um die Zukunft des Hauses habe es Stimmen gegeben, die Alternativen wie eine rein ambulante Notfallstation ins Spiel gebracht hätten. „Das würde Menschenleben gefährden“, betonte Dr. Amiri.
Akut vital bedrohte Patienten, zum Beispiel Sportverletzte mit inneren Blutungen, hätten dann kaum eine Überlebenschance, wenn nachts oder bei schlechtem Wetter kein Hubschrauber fliege. Erleichterung deshalb, dass eine solche Alternative politisch vom Tisch zu sein scheint.
Doch wie geht es stattdessen weiter? Potenzielle Investoren für das Haus stünden nicht Schlange, so der Insolvenzverwalter. Einen aber habe man gefunden, mit dem man intensive Gespräche führe – und bei dem sich bis Mitte Februar herausstellen werde, ob er einsteigt.
Gespräche mit potenziellem Investor
Dieser Investor habe das nötige Know how, die finanziellen Mittel und eine „andere“ Geschäftsidee, die aber nachweislich andernorts schon funktioniert habe, so Niering.
Nähere Angaben zur Identität des möglichen neuen Trägers machte er nicht; es handele sich aber nicht um einen der großen Krankenhauskonzerne. Für solche sei das St. Franziskus aufgrund seiner Größe nicht interessant.
Doch wie ginge es mit dem Haus konkret weiter, sollte dieser Interessent tatsächlich einsteigen? Welcher Schwerpunkt würde gesetzt, müssten Abteilungen schließen, behielten alle Mitarbeiter ihre Stellen? Über die Details diskutiere man gerade intensiv, berichtete Niering.
Grundversorgung stärker gewichten
Fest stehe, dass das St. Franziskus vor allem ein Krankenhaus der internistischen und chirurgischen Grund- und Regelversorgung bleiben solle. Dieses Standbein sei in der Vergangenheit vernachlässigt worden. Auch eine Schließung der spezialisierten Bereiche wie Geriatrie, Palliativmedizin oder Endoprothetik stehe nicht zur Debatte, diese sollten erhalten und gestärkt werden.
Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Februar
Am 1. Februar wird voraussichtlich das im November beantragte Insolvenzverfahren eröffnet, dann befände sich das St. Franziskus offiziell in der Insolvenz in Eigenverantwortung.
Sollte der potenzielle Investor abspringen und sich kein anderer finden, fiele die Trägerschaft des Krankenhauses an den Hochsauerlandkreis, da die Stadt Winterberg nicht die Mittel hat, das St. Franziskus zu erhalten.
Die Bezirksregierung beruft sich in der Begründung ihres Bescheids auch auf drei Gutachten über die Gründe für die finanziellen Schwierigkeiten des Krankenhauses. „Aufgrund des geringen Versorgungsbedarfs ergeben sich geringe Fallzahlen, Kostenunterdeckungen beruhen nicht auf vermeidbaren Unwirtschaftlichkeiten.“ Auch wenn zwei dieser Gutachten von 2017 stammten, seien Argumentation und Berechnungen „plausibel“.
„Wir haben in der Endoprothetik die Patientenzahlen gehalten, auch nach dem Weggang des ehemaligen Chefarztes Dr. Konermann“, stellte dessen Nachfolger Amiri fest. Die Wartelisten seien nach wie vor für Monate voll.
Um Geld zu sparen und Einnahmen zu erhöhen, müsse an Stellschrauben gedreht werden. Rund 30 Maßnahmen wie optimierte Personal- und OP-Planung und günstigere Lieferverträge lägen auf dem Tisch. Viele kleine positive Effekte sollen zusammen Einsparungen und höhere Einnahmen erreichen. „Wir müssen dem Investor, den Krankenkassen und dem Kreis zeigen, dass wir unsere Hausaufgaben machen.“
Keine Einsparung beim Personal
Vom Sparen ausgeschlossen sein soll das Personal. Man werde ohne Personalabbau auskommen; es werde reichen, einige frei werdende Stellen nicht neu zu besetzen. Seit dem Insolvenzantrag Anfang November habe eine Handvoll Mitarbeiter gekündigt; drei seien vonseiten des Krankenhauses freigestellt worden.
„Grundsätzlich bedauern wir es, wenn sich einzelne Mitarbeiter beruflich neu orientieren. Bei einigen wenigen war eine schnelle Trennung aber notwendig, da ihre Loyalität zum Krankenhaus in Frage stand“, stellte Niering fest – die Causa Konermann wurde in diesem Zusammenhang nicht erwähnt, die Richtung der Bemerkung dürfte aber klar sein.
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Abgesehen von den wenigen Weggängen arbeiteten alle Beschäftigten sehr engagiert daran, das Krankenhaus zu halten, versicherte Dr. Amiri. „Die Patienten- und OP-Zahlen sind wie im vergangenen Jahr und alle Stationen sind geöffnet.“